Mülheim. Die Sopranistin Claudia Duschner hilft als Persönlichkeitstrainerin Menschen dabei, auf den Grundton ihrer Seele zu hören und so mit sich selbst im Einklang zu sein

An der Stimme merkt man, ob es stimmt. Das ist einer der Leitsätze von Claudia Duschner, die als Persönlichkeitstrainerin arbeitet, aber zuvor eine Ausbildung als Sopranistin gemacht hat - mit Studium an der Folkwang-Hochschule und nationalen und internationalen Engagements. Ihre Konzertreisen führten sie durch Europa, aber auch in die philippinische Hauptstadt Manila. Trotzdem steht sie nun nicht mehr auf einer Opern-Bühne, sondern bietet in Heißen ihre Kurse an.

Aber so anders ist das gar nicht. Für Duschner ist klar: Das ganze Leben ist auch eine Bühne. Und wer sich sicher und souverän dort bewegen will, der kann von ihr Tipps bekommen. Bühnenerfahrung hat sie ja.

Aber dazu gehört nicht nur der Applaus. Vor die Da Capo-Rufe haben die Götter die Arbeit gesetzt. Und das bedeutet vor allem auch Arbeit an sich selbst. Zu diesem Zweck ist Duschner als junge Künstlerin nach New York gefahren. Meisterkurs hieß das - und der Meister: Neil Semer. „Das war ein wirklicher Wendepunkt.“, sagt sie im Rückblick. Was war geschehen? „Ich habe gelernt, dass es auf die Gefühle ankommt. Und diese Gefühle muss ich einordnen können.“ Klingt einfach, ist aber schwer. „Ich muss überhaupt erst spüren, dass es meine Gefühle sind. Und nicht irgendeine Rolle, die ich zu spielen gelernt habe.“ Was so eine Rolle sein kann, illustriert eine andere Geschichte: „Ich war mal zu einem Vorsingen eingeladen. Das war eine riesige Chance. Denn da waren alle Intendanten Deutschlands vertreten. Aber ich habe mich nicht getraut - und gedacht: später. Das habe ich meiner damaligen Coachin erzählt. Deren Reaktion: ,Claudia, deine Seele will das doch gar nicht.’“

Das Land der eingefallenen Schultern

Heute lautet einer der Grundsätze von Duschner: „Sei deiner Seele treu.“ Was passiert, wenn man das nicht ist, macht sie vor: Gedrückte Haltung, eingefallene Statur. „Mein Lehrer in New York sagte damals: ,Deutschland ist das Land der eingefallenen Schultern.’“ Zu viele Menschen machen, das, was sie nicht wollen. „Das interessante ist: Die meisten wissen das. Wenn sie zu mir kommen und mit mir reden. Dann heißt es oft: ,Ich habe es geahnt.’ Oder sogar: ,Ich wusste es.’“ Um so mehr stellt sich die Frage: Warum beenden Menschen, die unter seelischem Druck stehen, nicht von alleine diese Anspannung.

Das klingt zwar auf den ersten Blick seltsam. Aber die Leute haben Angst vor dem Ungewohnten. Auch wenn sie leiden, das kennen sie. Sie haben ihre angestammte Rolle. Wenn sie die verlassen, müssen sie damit rechnen, dass andere, die sich auch daran gewöhnt haben, sie mit Liebesentzug strafen.“ Doch die Anstrengung lohnt sich, denn - jetzt streckt Claudia Duschner beide Arme weit in die Höhe : „Das ist eine große Befreiung.“

Neid belastet den, der neidisch ist

Wie wird man frei von schlechten Gefühlen? Dieser Frage stellt sich Claudia Duschner mit ihren Klienten. „Was oft vorkommt, ist Neid. Dann stört, dass der andere etwas erreicht hat, was ich nicht geschafft habe. Wer seiner Seele treu ist, der spürt aber, ob das überhaupt etwas für ihn ist. Der sieht dann seine anderen Talente. Er kann sogar mit seinem Neid umgehen und zu sich sagen: ,Ich bin jetzt neidisch, aber das stelle ich jetzt zur Seite.’ Denn der Neid ist vor allem für den belastend, der neidisch ist. Er spürt die emotionale Unruhe.“

Und damit geht es wieder um die Stimme. „Denn diese Unruhe klingt aus dem Menschen hinaus. Und entsprechend wirkt auch seine Persönlichkeit. ,Person’ leitet sich aus dem Lateinischen ab: ,sonare’ heißt ,klingen’, ,per’ bedeutet ,durch’. Die Persönlichkeit ist also das, was von unserem Wesen nach außen klingt.“

Hohe Zahl an unzufriedenen

Und aus diesem Klang lässt sich etwas heraushören, was mittlerweile in aller Munde ist: Authentizität. Jeder will das sein, aber nur wenige sind es. Die meisten spielen wohl eher das, von dem sie glauben, dass die anderen es bei ihnen für authentisch halten sollten. Doch Duschner kommt solchen Strategien schnell auf die Schliche. Denn ob jemand echt ist oder nicht - das hat eben etwas mit dem Klang zu tun. „Ich habe irgendwann gemerkt, dass ich eine Wahrnehmung dafür habe.“ Sie spüre solche Dissonanzen in der Persönlichkeit anderer Menschen - ganz intuitiv. Ihre Beratung läuft immer in die gleiche Richtung: „Zunächst soll man erkennen, was einem nicht gut tut - dann, was einem gut tut. Und schließlich: Wie kann ich, das, was mir gut tut, genießen, auch wenn andere etwas dagegen haben.“

Am Ende, so ist Duschner überzeugt, steht dahinter eine neue Haltung zum Leben. „Der Druck ist weg und auch die eingefallenen Schultern. Ich habe es mal nachgezählt: Ich bin durch das Forum gegangen und nur zwei Menschen haben wirklich gelächelt.“ Sie ist überzeugt, dass die Zahl der Unzufriedenen ziemlich hoch ist.

Auf die Wut folgt Mut

Aber selbst wenn man weiß, warum man sich nicht gut fühlt, ist es wirklich so einfach, die Konsequenzen zu ziehen?. Zum Beispiel im Beruf, man kann ja nicht von heute auf morgen kündigen. „Es kommt auf das Selbstbewusstsein an. Es ist schon viel, wenn einem erst einmal bewusst geworden ist, was einen stört. Und dann kann man überlegen, wie man es ändern könnte.“ Aber sie betont auch: „An einer Entscheidung kommt man letztlich nicht vorbei. Erst kommt die Wut, dann der Mut“, sagt Duschner. Wenn man sich stark über etwas ärgere, dann wachse auch die Bereitschaft das ändern zu wollen. Sie selbst will ihrer Seele treu bleiben und glaubt dies bisher auch geschafft zu haben.

Die Entscheidung für das, was sie jetzt macht, sei richtig gewesen. „Allerdings: Nur weil ich als Coach arbeite, heißt das nicht, dass ich im Leben schon alles richtig mache.“ Hundertprozentig perfekt sei sie nicht - sei niemand. „Es geht darum, eine Haltung herauszubilden, die für die eigenen Gefühle sensibel macht.“ Wer sich kennt, der kann auch mit sich befreundet sein. Wenn man Claudia Duschner dabei zuhört, wie sie ihr Konzept erläutert, dann klingt das: stimmig.

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