Wie lässt sich wirkungsvoll eine vierfache maskuline Midlife-Crisis bekämpfen? Mit einem Angelwochenende, Bier und viel Gesang: Die gefeierte Uraufführung von „Mann über Bord“ im Essener Theater im Rathaus macht’s vor.

Wie dick die Bande einer Männerfreundschaft sein können, zeigt die musikalische Komödie „Mann über Bord“, die am Dienstagabend ihre Uraufführung im Theater im Rathaus feierte. Das Darsteller-Quartett zeigte sich spiel- und singfreudig: Denn umrahmt wird das flotte Stück von neuen Versionen bekannter Hits aus 50 Jahren Musikgeschichte.

Kein schlecht gewählter Zeitrahmen, denn schließlich ist es der 50. Geburtstag von Muttersöhnchen Martin (fast schon knuddelig schüchtern gespielt von René Hofschneider), der ihn mit seinen Kumpels zu einem Angelwochenende zusammenbringt. Nach Feiern ist dem Eigenbrötler allerdings wenig zumute, denn seit Jahren fristet er ein einsames Dasein ohne Frau an seiner Seite. Darüber kann sich Yuppie Boris (herrlich arrogant: Stephan Bürgi) nicht beklagen, denn er ist nicht nur verheiratet, sondern hält sich auch eine junge Geliebte. Diese allerdings will ihren reifen Lover für sich allein. Auch dem gemütlichen Kettenraucher Bert (sympathisch: Simon van Parys) und dem sportlichen Stefan (überschwänglich: Jens Schnarre) macht die Midlife-Crisis zu schaffen. Doch wer jetzt eine psychologisch tiefgründige Studie erwartet, sitzt im falschen Theater, denn die Autoren des Stücks, Robert und Ulrike Brambeer, setzen auf Situationskomik und pointierte Dialoge, die das Darstellergespann unter der Regie von Matthias Freihof gekonnt wie sympathisch herüberbringt.

Der Clou des Abends sind jedoch die Songs, die die Problemchen der vier „Helden“ greifbar machen. Da klagen die Vier zur Melodie von „In The Summertime“ über die Mückenplage und besingen zu den Takten von „Tainted Love“ ihren Hexenschuss. Dass das Gespann nicht mit geschulten Musicalstimmen aufwarten kann, stört dabei nicht – im Gegenteil: Das verleiht ihren Interpretationen einen eigenen, erdigen Charakter. Dazu passen auch die Choreographien von Andrew Hunt: Nicht Perfektion steht da im Mittelpunkt, die Bewegungen haben Witz und Charme und pendeln zwischen Travolta und Tanzbär. Perfekt dagegen gibt sich die vierköpfige Band, die sich übrigens auf witzige Weise in das liebevoll gestaltete Bühnenbild integriert: Unter der Leitung von Dominik Franke stimmt jeder Ton und das Publikum wippt mit. Unweigerlich erinnert diese kurzweilige Mixtur an „Heiße Zeiten –Weiblich, 45plus, na und!?!“, das 2010 ebenfalls seine Uraufführung im Theater im Rathaus feierte: „Mann über Bord“ wirkt wie eine maskuline Variante des erfolgreichen Wechseljahre-Musicals. Mit Ironie und Witz halten beide Stücke der Ü-40-Generation einen Spiegel vor.