Mülheim. Corona legt Discos lahm? Dagegen haben drei Mülheimer DJs ein Mittel. 7000 Menschen tanzten am Samstagabend mit – zu Hause per Livestream.
Wer hat noch im Kopf, dass der 90er-Jahre-Tanzflurfüller „Rhythm of the night“ ausgerechnet von „Corona“ stammt? Die Steilvorlage aus der Eurodance-Kommode lässt sich Radiofrontmann Stefan Falkenberg nicht nehmen: Corona wummert am Samstagabend zum Auftakt der ersten Livestream-Party in Franky’s Güterbahnhof – nur eben rein virtuell.
Denn gut 600 Mülheimer haben beim Start in die Samstagnacht zu Hause ihren Teppich aufgerollt, um auf ihren eigenen Dielen zu steppen. Die Mucke geht per Livestream in die Wohnzimmer. Im Franky’s an der Sandstraße, wo normalerweise Tanzwütige dicht gedrängt den Saal füllen, bleibt die Stube hingegen leer. Bis auf die drei Djs: Falkenberg, Dennis Weiler und Sascha Vogt, die ihrem Plattenkeller nach Schätzen der 90er und 2000er durchwühlt haben.
Aufwändige Technik für Party nach Wiener Vorbild „Isolation Nation“
„Feiert exzessiv – aber ladet nicht Hans und Franz ein, bleibt unter euch in eurer Wohngemeinschaft“, macht Eventmanager und Plattenaufleger Weiler deutlich, dass man mit dem experimentellen Format eben keine ausufernden Hauspartys in Gang bringen, sondern nur das verordnete Stubenhocken am Ausgehabend versüßen will. Das Equipment für die Show des Trios ist „fett“: Auf drei großen Screens explodieren virtuelles Konfetti und bunte Grafiken, Laserlicht statt Gäste flutet den Raum vor dem DJ-Pult. Das Spektakel nehmen drei Kameras auf, die Laslo Becker für den Youtubekanal livestreamparty.de ineinander mischt.
Eigentlich war die Party im Güterbahnhof fest geplant. Franky’s-Chef Richard Reichenbach musste die Sause wegen des Coronavirus zunächst leider absagen: „Das tat auf jeden Fall weh, aber dieses Event ist ein vielfacher Ersatz. Es sind Leute aus allen Generationen zugeschaltet.“ Denn Radiofrontmann Falkenberg kam der zündende Gedanke der Livestreamparty nach Wiener Modell – die Isolation Nation Quarantäne-Party. So karrte Eventmanager Weiler das Equipment und Kollegen herbei und startete die – übrigens eintrittsfreie – Sause.
„Wir haben uns kaum getraut um vier Uhr den Stecker zu ziehen“
Das Event hat’s wohl gebraucht: Gut und gerne 7000 Menschen klinkten sich in den Kanal „Livestreamparty“ auf Youtube ein. Manche feierte damit ihren Geburtstag und andere schauten sogar aus Dundalk (Irland) und Dubai rein. „Wir haben uns kaum getraut, um vier Uhr den Stecker zu ziehen“, sagt ein erschöpfter, aber hochzufriedener Dennis Weiler am Sonntagmorgen. In den Spitzen zählte er etwa 1000 Zugänge online, durchschnittlich gut 600 – dahinter aber stecken allerdings meist zwei bis drei Zuschauer.
Das Anfeuern von der Tanzfläche blieb diesmal zwar aus, aber die Online-Community feierte die Discjockeys dann eben per Chat, Emojis, Memes und virtuellen Daumen. „Die Helden des Weekend – vielen lieben Dank an alle, die mitgemacht haben und es auf die Beine gestellt haben“, schreibt Facebook-Nutzer Peter Hartmann, „Ich wäre so gerne bei der ganzen Technik und Wahnsinnsbeleuchtung auf der Tanzfläche gewesen. Tolle Idee, tolle Leute, toll gemacht“, kommentiert Nutzerin Olga Wilmann“ auf Facebook unter „Franky’s 90er & 2000er Stream“.
„Bester DJ, hat uns jemand live geschrieben – das war ein geiler Moment“, meint Weiler. Am Ende machten die Plattenaufleger noch ein kleines Fass auf: Corona natürlich – das Bier. „Schluckimpfung“, kommentiert Weiler.