Mülheim. Rafael Pranschke will Mut machen zum Experimentieren in der Küche. Für sein Kochbuch schaute er in Kühlschränke auch von Promi-Koch Björn Freitag.
Wenn Rafael Pranschke in der Küche ‘jazzt’, sind weder Kontrabass noch Piano im Spiel – der Mülheimer Sternekoch und Kochbuchautor versteht sich vielmehr auf die hohe Kunst der Improvisation aus dem, was jeder so im Kühlschrank hat. Aus Apfel, Möhre und Speck wird etwa eine inspirierte Geschmacksharmonie, die mit etwas Kümmel regelrecht swingt. Mit einem Hauch Zimt steht mit dem Süppchen sogar Weihnachten vor der Tür.
„Clever kombinieren“ hat der Mülheimer Maître sein neustes Stück im Coffeetable-Format genannt. Es ist eine schmackhaft illustrierte Melange geworden aus hilfreichen Zubereitungstipps, Paparazzo-Faktor – dazu später – sowie mundenden wie schnell zu machenden Rezepten für alle, die gerne experimentieren. Oder aus ihrer Planlosigkeit beim Einkauf eine Philosophie gemacht haben. Im Gemüsefach schlummert klassisch eine einsame Gurke zwischen Senf und Mayonnaise? Kein Ding.
Koch-Duell diente als Vorlage für das „Rum-Fort-Kochen“
Das reicht allemal für einen schwedischen Gurkensalat mit etwas Honig und Dill. Wer dazu noch einen grünen Apfel und eine Banane im Obstkorb findet, darf mit etwas Basilikum, Minze und Limette noch ein Eis als Nachgang kredenzen. Clever? Inspiriert zum Buch hat Pranschke ein TV-Klassiker: das Koch-Duell aus den 90er Jahren. Zwei Teams traten damals gegeneinander an, um aus teils absurden Zutaten etwas Leckeres auf den Teller zu bringen.
Clever kombinieren ist quasi ein Loblied geworden auf die so genannte Rum-Fort-Küche. Der Maître de Cuisine erklärt den ‘Fachbegriff’: „Alles, was rumliegt und fort muss. Ich will Mut machen, in der Küche mit unterschiedlichen Geschmacksnoten zu improvisieren, auch wenn man oft wenig Zeit hat“, glaubt der Küchenjazzer, dass es eigentlich die so genannten ‘Licks’ sind – die Standards also –, die Spaß machen, wenn man sie variieren kann – im Jazz wie in der Küche.
Der Apfel wurde für den Sternekoch zur Herausforderung
Wissen ist eben Macht, und „wer weiß, was womit schmeckt, eröffnet für sich einen neuen Kochhorizont“, sagt Pranschke. Entsprechend zugänglich sind die Kapitel strukturiert: Gurke, Kartoffel, Tomate, Ei und anderes. Findet jeder in seiner Küche. Zwischen acht und elf Rezepten pro Zutat stecken in den Kapiteln. Und dazu Tipps für Variationen etwa mit Gewürzen. Sogar für den Apfel, wobei das Obst, das räumt der Chef gerne ein, eine echte Herausforderung war.
Für die Auswahl an Gaumenfreuden, musste der Cheffe erst einmal wissen, was in Kühlschränken gemeinhin herumlungert. Pranschke schaute also in rund 100 deutsche Kühlboliden – nicht ganz ohne den gepflegten Voyeurismus zu bedienen. Für den Kollegen öffnete sogar Promi-Koch Björn Freitag die Tür. Und verriet: „Ich kaufe immer ohne Einkaufszettel ein.“
Das, übrigens, scheint für viele Haushalte zu gelten, die Rafael Pranschke besuchte – egal, ob Profi- oder Hobby-Gourmet. Zwei Fun-Facts fielen besonders auf, erstens: „Haushalte, in denen unterschiedliche Kulturen zusammenleben, haben oft viele frische Lebensmittel zuhause. Und sie kochen auch fast täglich frisch.“ Zweitens, ist eine ‘Zutat’ zu 99 Prozent im Kühlschrank zu finden: „Alkohol“, löst Pranschke das Rätsel.