Mülheim.
Die rote Schwimmnudel unter den Achseln platscht der Junge im Nordbad Richtung Beckenrand. Die Armbewegungen sind richtig, aber hektisch, der Nacken ist verkrampft gestreckt, damit der Kopf bloß über dem Wasser bleibt. Doch der Kleine hält durch, streckt sich, ergreift den Beckenrand und strahlt: geschafft!
Bahn um Bahn machen er und 64 andere Kinder sich auf den Weg zum Schwimmer. Zum zweiten Mal bieten der Mülheimer Sportservice (MSS), die Fachschaft Schwimmen und der Amateur-Sport-Club (ASC) in den Osterferien mit dem „Schwimmcamp“ Intensiv-Kurse für Kinder, die gar nicht oder nur unsicher schwimmen können.
Die Zahl der Nichtschwimmer steigt
Seit Jahren steigt die Zahl der Kinder, die die Grundschule als Nicht-Schwimmer verlassen. Der MSS spricht NRW-weit von rund 40 000 Kurzen, die sich im Wasser nicht sicher fühlen. Auch Mülheim liegt da im Trend: „Früher“, sagt Annette Michels vom MSS, „konnten vielleicht drei, vier Kinder beim Wechsel auf die weiterführende Schule nicht schwimmen. Inzwischen gibt es Klassen, in denen über die Hälfte Nicht-Schwimmer sind.“ Die Lehrer der weiterführenden Schulen könnten das kaum auffangen.
Verschiedene mögliche Gründe dafür zählt Annette Michels auf: So gebe es etwa Familien, die keinen Wert auf Schwimmkurse legen, vielleicht auch die Kosten scheuen. „Es nehmen Kinder am Schwimmcamp teil, die zum ersten Mal in einem Schwimmbad sind.“ Hinzu kommt die geringe Wasserfläche in Mülheim, die sich Schulsport, Vereine und Öffentlichkeit teilen muss. Vereine können die Nachfrage nach Schwimmkursen kaum bedienen. Das zeigte sich auch bei der Anmeldung zum „Schwimmcamp“. Die 65 Plätze waren schnell belegt, und die Warteliste, sagt Annette Michels, war lang: „Wir hätten auch 100 oder 120 Plätze vergeben können.“
37 Mädchen und 28 Jungen in drei Kursen
Erfolge stellen sich beim Camp schnell ein: Bereits in den ersten zwei Tagen machten acht Kinder ihr Seepferdchen. Im vergangenen Jahr konnten 80 % der teilnehmenden Kinder am Ende schwimmen. Laut Annette Michels bringen die konzentrierten Übungsstunden, bei denen die Kinder in jeder Ferienwoche an vier aufeinanderfolgenden Tagen ins Wasser gehen, den Erfolg. Insgesamt verteilen sich diesmal 37 Mädchen und 28 Jungen auf drei Kurse, die intensiv betreut werden: Sechs Übungsleiter des ASC sind mit den Kindern im Wasser.
Finanziell unterstützt wird das Schwimmcamp vom Verein der Freunde und Förderer des Schulsports (VFS), der die Teilnahme jedes Kindes mit 10 € bezuschusst. „Schwimmen“, betont Frank Hötzel für den Förderverein, „ist eine Basis, die jedes Kind braucht.“ So haben die Mülheimer Verantwortlichen auch ein klares Ziel: Jedes Kind soll, wenn es die Grundschule verlässt, sein Seepferdchen haben.
Das „Schwimmcamp“ wird nicht nur in den Osterferien gemeinsam mit dem ASC angeboten, auch in den Herbstferien werden solche Schwimmkurse veranstaltet – dann in Kooperation mit den Wassersportfreunden. Ein entsprechendes Angebot im Sommer hat sich im vergangenen Jahr nicht bewährt.