Mülheim. Die Leser-Tour zur WDL Luftschiffgesellschaft auf den Ruhrhöhen war auch eine Reise in die glorreiche Vergangenheit der Mülheimer Luftfahrt.
Teils kräftiger Regen, schlechte Sicht, leichter Wind. Es ist kein Flugwetter an diesem Nachmittag, als wir im Rahmen unserer Aktion „WAZ öffnet Pforten“ auf den Ruhrhöhen mit rund 20 WAZ-Lesern zur WDL stampfen. Im Mittelpunkt steht das Luftschiff an diesem Tag, der Blimp, der mit Helium prall gefüllte Ballon. Er gehört für viele zu Mülheim wie die Ruhr.
Der Besuch bei der WDL Luftschiffgesellschaft ist denn auch eine Reise in die glorreiche Vergangenheit der Mülheimer Luftfahrt – mit hoffnungsvollen Aussichten. „Heißt es eigentlich fliegen oder fahren“, lautet eine der ersten Fragen an Frank Peylo, Sprecher der WDL und der Unternehmen „Wir sind Flughafen“. Vom Fliegen wird geredet, vom Flugwetter, von Starts und Landungen mit und gegen den Wind.
Peylo erzählt, wie alles anfing, wie Theo Wüllenkemper, Flugpionier und „Vater“ der Werbung in der Luft, 1955 hinter einem kleinen Motorflieger die Werbefahne „Haribo macht Kinder froh“ zog. Zwischen 50 und 60 Flugzeuge mit Werbebanner hatte er einst im Einsatz, bis die Vorschriften nicht mehr 300, sondern 600 Meter als Mindesthöhe vorsahen. Zu hoch, um das Banner noch lesen zu können. 1972 stiegen die Mülheimer Luftschiffe auf; „weltweit waren sie unterwegs“ , betont Peylo. Und viele der Besucher erinnern sich etwa an die Aufschriften von Fujifilm und Wicküler Bier.
Filigrane Maschinen bestaunen
Heute steht nur noch ein Luftschiff zur Verfügung, ein neues, das allerdings stark nachgefragt sei. Ein zweites Luftschiff könnte die WDL recht schnell installieren. Es ist Zukunftsmusik, aber keineswegs ausgeschlossen, wie es heißt. 125 Menschen arbeiten für die WDL in Mülheim und Köln/Bonn, wo man drei kleinere Flugzeuge im Passagierdienst im Einsatz hat.
Es geht in die Flughallen. 60 Maschinen stehen dort. 30 davon gehören den Flugschulen – in Mülheim werden für alle großen Fluggesellschaften Verkehrspiloten ausgebildet – 15 Flugzeuge gehören Firmen, 15 Vereinen. Es gibt Raritäten, die sofort ins Auge fallen: der erste „Mallorca-Bomber“, wie er genannt wird, mit dem Anfang der 1960er Jahre die ersten Urlauber zur spanischen Insel flogen. Noch heute steigt die Maschine auf. Von einem „fliegenden Kulturgut“, spricht Peylo. Filigrane Maschinen sind zu bestaunen oder auch das letzte Banner-Flugzeug. Fotos werden gemacht, Flügel gestreichelt. Der Rote Baron? Er steht draußen, eine Flugärztin aus Duisburg fliegt ihn öfters. Auch er gehört zur Mülheimer Geschichte.
Wie schwer sind die Maschinen, wie weit kommen sie? Wie sind die Piloten ausgebildet? Wer kann überhaupt ein Luftschiff bedienen? Die Besucher hören unter anderem die Geschichte vom Mülheimer Kapitän des Luftschiffes, der einst auch eine Mig flog, einen Düsenjäger mit 2000 Kilometern in der Stunde. 50 macht das Luftschiff, für den Kapitän soll es die schönste Art des Reisens sein.
Fluglärm kommt zur Sprache
In der gigantischen Luftschiffhalle verliert sich die kleine Gruppe, der Blimp steht draußen am Haken. Ein junger Gast steigt ein und bekommt zumindest ein Gefühl fürs Schweben. Bald, so Peylo, werde der beleuchtete Blimp auch in den Abendstunden abheben, Touren zu später Stunde werden ins Angebot kommen. Zeitreisen über das Ruhrgebiet. Das Luftschiff ist beliebt unter den Gästen.
Auch Fluglärm wird an diesem Tag angesprochen: „Wir hatten im vergangenen Jahr 60.000 Flugbewegungen in Mülheim, aber nur vier Beschwerden über Fluglärm“, betont Peylo. Selbst Anwohner versichern: „Fluglärm gibt es in Mülheim kaum.“ Die Hubschrauber nehmen sie aus.
Was wird aus dem Flughafen, der WDL? Die Unternehmen wollen alle weitermachen; die Gespräche mit den Städten und der Politik würden ernsthafter, heißt es. Die Betriebe, versichert Peylo, würden gerne bleiben, investieren, den Flugplatz in wirtschaftlich deutlich bessere Zeiten abheben lassen. Was fehlt, ist die Starterlaubnis.