Raadt..
Theodor Wüllenkemper ist ein Luftfahrtpionier mit Leib und Seele. Er probiert viele Dinge am Himmel aus, gründet die passenden Firmen und behält mit ihnen in den meisten Fällen die Lufthoheit. Daher ist es für ihn konsequent, im Juli 1976 die WDL-Luftschiffgesellschaft am Mülheimer Flughafen zu gründen. In jenem Jahr besteht im In- und Ausland eine enorme Nachfrage nach Luftschiffen. Ein besonderer Einsatz in Burkina Faso und Ghana für das Deutsche Entwicklungshilfe-Ministerium bestärkt Wüllenkemper darin, den Luftschiffbau und die Vermarktung von Luftschiffwerbung selbst zu übernehmen. Seit 40 Jahren werben seine Blimps nun am Himmel – nicht nur über dem Ruhrgebiet, sondern fast überall rund um den Globus.
„Zigarren“ sind Hingucker
Die Werbung auf den „Zigarren“, wie Luftschiffe oder Zeppeline auch genannt werden, ist seit Mitte der 1950er ein Hingucker am Himmel. Theodor Wüllenkemper hängt Werbebanner zuerst an Kleinflugzeuge der WDL – die Westdeutsche Luftwerbung hebt ab. „Aber Luftschiffe sind etwas Besonderes, sie fahren ruhig und majestätisch im Glanz der Sonne dahin. Ich habe schon Helium im Blut“, beschreibt er einmal, warum ihn die Blimps nicht losgelassen haben. „Die Werbewirksamkeit eines Luftschiffs in der Öffentlichkeit ist stärker– für unsere Kunden und für die WDL.“ Daher stellt Wüllenkemper bereits am 12. August 1972 sein erstes, in seiner Firma gebautes Luftschiff – den „Fliegenden Musketier“ – der Öffentlichkeit am Flughafen Essen/Mülheim vor.
Zuvor sammeln Wüllenkemper und seine Mannschaft ab 1969 Erfahrungen mit einem von der Deutschen Luftschifffahrtsgesellschaft gecharterten Blimp. Dieser ist noch mit Wasserstoff gefüllt und kehrt erfolgreich von einer großen Frankreich-Tournee auf die Heimatbasis an der Lilienthalstraße zurück. Die folgende internationale Pressekonferenz am 1. August 1969 bindet alle Kräfte. Daran erinnert sich Barbara Majerus, heute Geschäftsführerin der WDL, noch ganz genau. Sie soll an diesem Tag bei Wüllenkemper ihre Lehre beginnen: „Sie haben mich aber erst für den 3. August bestellt, mit der Begründung, sie könnten mich am 1. August hier schlichtweg noch nicht gebrauchen.“
1976 fährt eine Mülheimer Zigarre im Auftrag des Entwicklungshilfe-Ministeriums nach Afrika. Dort soll die Mannschaft unter tropischen Bedingungen herausfinden, ob sich große Luftschiffe eignen, Waren und Lebensmittel aus dem Landesinneren zu den Häfen zu transportieren. Für den Aufbau einer Luftschifftransportlinie fehlt dann die Anschubfinanzierung.
Drei Stürme lassen Fetzen fliegen
Die WDL-Luftschiffe sind nahezu weltweit unterwegs. Zu Japan entwickelt das WDL-Team eine intensive Beziehung. 1972 verkaufen die Mülheimer das erste Luftschiff dorthin, weitere folgen. Das Unternehmen Fuji startet 1980 einen vierwöchigen Werbetestlauf. Daraus erwachsen 25 Jahre partnerschaftliche Geschäftsverbundenheit. In den USA, Frankreich, England, Belgien, Italien, Spanien, Holland oder Dänemark setzt Fuji das Luftschiff ein. Es wirbt am Himmel häufig zu besonderen Anlässen: wie Fußball-Welt- und Europameisterschaften, Gran Prix, Golfturnieren, der „Photokina“ und Sportfesten. Dabei ist die Kabine vollgestopft mit Kameras und Bildübertragungstechnik. Die Reaktionen: Begeisterungsstürme und ein Empfang von vielen Tausend Menschen.
Rückschläge muss die WDL-Mannschaft auch hinnehmen. Stürme zerstören 1972 ein Luftschiff und die Traglufthalle, ein Jahr später zerfetzt ein Orkan die Halle erneut. 2014 schleudert Orkan „Ela“ das Luftschiff um den Haltemast – so dass wieder die Fetzen fliegen.