Moers. Die Wählergemeinschaft „die Grafschafter“ löst sich auf. Was ihr Fraktionsvorsitzender über die Hintergründe sagt – und was er kritisiert.

Claus Peter Küster wirkt aufgeräumt. Anders als bei ähnlich gravierenden Entscheidungen hadert er auch Tage später nicht mit dem Entschluss. Im Gegenteil. Es war „sein Baby“, sagt er über die Wählergemeinschaft „die Grafschafter“, die 2004 als Freie Bürgergemeinschaft (FBG) in Moers gegründet worden ist. Und doch ist er froh, dass es nun raus ist: Zum Jahresende 2025 ist Schluss mit den Grafschaftern. Kein Antreten bei der Kommunalwahl mehr, keine Fraktionsarbeit, keine kontroversen Diskussionen mehr im Rat. Ende. Zu tief sitzt die Enttäuschung über kommunalpolitische Rahmenbedingungen, die weder er noch seine Grafschafter ändern können.

Dabei hatte er im Frühjahr im Urlaub mit seiner Frau, unmittelbar nach der Europawahl, noch Pläne geschmiedet, sich Gedanken über einen erfolgreichen Kommunalwahlkampf gemacht. Klar, kostet so ein Wahlkampf locker mehr als 8000 Euro, aber das Zugpferd der Grafschafter und sein Team haben ausreichend Themen, mit denen sie punkten wollten. Dann stand im Juni die Sitzung des Ausschusses für Bürgeranträge an. Claus Peter Küster kennt sich mit Bürgeranträgen aus, so hat er damals auch angefangen, bevor er in die Politik gegangen ist.

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Auf der Tagesordnung: der Antrag zur Umbenennung der Albert-Altwicker-Straße. Um es kurz zu machen: Das Anliegen wurde in den Planungsfachausschuss geschoben. Hier gab es ursprünglich noch einen SPD-Antrag zum Thema zu beraten. Der wurde – zurückgezogen; das Thema abgesetzt. „Das hat mich schockiert“, sagt der Fraktionsvorsitzende der Grafschafter, der sich zuletzt darüber beklagt hatte, wie sehr die Verwaltung politische Willensbildung behindert, indem es Kenntnisnahmen statt Beschlussvorlagen gibt. „Wie frech wir da abgewatscht wurden.“

„Ich suche keine Schuldigen, ich suche Lösungen.“

Claus Peter Küster, Fraktionschef bei den Grafschaftern.

Claus Peter Küster hat politische Erfolge erlebt mit der Einführung des Schokotickets und mit der Neuauflage der Baumesse – auch wenn er das Gefühl hat, im letzteren Fall wolle ihn die Stadt als Mitinitiator der Idee lieber verschweigen. Er erinnert aber auch an die Ausstellung für Brauchtum, die er so gerne etabliert hätte. Mit Karneval, Schützenwesen und Bergbau. Er erinnert an die Bemühungen, den mobilen Bürgerservice einzurichten. Vier Jahre habe das gedauert. Mit immer neuen Ausreden, wie er ausführt, dann habe ein Auto gefehlt, eine Garage, Personal; irgendwas sei immer gewesen. Als schönste Zeit benennt der Scherpenberger die Legislatur von 2014 bis 2020, als die Grafschafter mit der SPD und den Grünen als Bündnis regierten. Gleichwertig seien die Grafschafter da behandelt worden, stellt Küster heraus. Auf Augenhöhe. Respekt schwingt in seinen Worten mit.

Die Kooperation, in der später die Linke Liste und die Partei aufgenommen worden waren, zerbrach 2022. Fast zeitgleich sprengten die Grafschafter und die Partei seinerzeit das Mehrheitsbündnis. Schon damals fühlten sich die Grafschafter nicht ernst genommen. Claus Peter Küster nimmt sich nicht zurück. Natürlich übt er Kritik an handelnden Personen. Auch das gehört zum Geschäft.

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Nein, müde ist er nicht. Aber er wirkt desillusioniert. Ein kleiner Teil der Rahmenbedingungen, die er angeprangert hat, wären aus seiner Sicht durchaus zu lösen gewesen. Laut Gemeindeordnung müssen zur Bildung einer Fraktion nun drei Ratsmandate errungen worden sein, das hängt mit der Größe des Stadtparlamentes zusammen. Bei einer Verkleinerung des Rates beispielsweise wären auch zwei-Personen-Fraktionen möglich gewesen. Die großen Parteien in Moers hätten das nicht gewollt, kritisiert Küster. „Wir sehen die repräsentative Demokratie gefährdet“, unterstreicht er mit Nachdruck. Das Stück vom Wahlkuchen, das den kleineren Parteien und Gruppierungen bleibt, wird eben nicht größer. Und am rechten Rand lauert die AfD.

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Claus Peter Küster ist kein Mann leiser Töne. „Wir wären die letzte Rettung“, sagt er über Menschen, die auf kommunaler Ebene weder CDU, noch SPD, noch Grüne, aber dennoch demokratisch wählen möchten. Diese Wahlmöglichkeit gibt es bei der nächsten Kommunalwahl nun nicht mehr. Bis dahin, so kündigt es Küster an, werden sich die Grafschafter weiter mit Leidenschaft für Moers einsetzen. Und danach? Zumindest ein Claus Peter Küster dürfte für Rat und Verwaltung ein Verfechter für Bürgerrechte bleiben. So lange Bürgeranträge möglich sind.