Herne/weltweit. Die Herner Metal-Band Rage ist weltweit bekannt. Frontmann Peter „Peavy“ Wagner hat nun seine Biografie geschrieben und tiefe Einblicke gewährt.

60 Jahre Peavy, 40 Jahre Rage, 1 besonderes Buch: Wenige Tage vor seinem 60. Geburtstag und anlässlich des 40-jährigen Bestehens der Herner Metal-Band legt Frontmann Peter „Peavy“ Wagner seine Biografie vor. Sie heißt „Soundchaser. Lebenslänglich Heavy Metal. Mein Leben mit Rage“ und hebt sich ab aus einer Flut von Biografien, die die Welt nicht braucht. Denn: Der Mann hat viel zu erzählen - über familiäre Konflikte, Wacken, Bully Herbig, Japan, Knochen und nicht zuletzt über Herne.

Die Entstehungsgeschichte

Aus „reinem Zufall“ sei die Biografie entstanden, erzählt Peavy Wagner im Gespräch mit der WAZ. Im ersten Corona-Lockdown 2020 habe seine Plattenfirma SPV (Hannover) ihn gebeten, „ein bisschen was von früher“ für Social Media aufzuschreiben. Nach den ersten Beiträgen zeichnete sich ab, dass die Beiträge nicht nur für ein paar schnelle Posts „verballert“ werden sollten. Irgendwann habe dann so viel Material vorgelegen, sagt Wagner, dass SPV vorgeschlagen habe: „Lass uns ein Buch daraus machen!“

Um das Projekt zu professionalisieren („ich habe frei Schnauze geschrieben“), wurde Kontakt zum Autor Timur Menge aufgenommen. Dass dieser bereits einige Musikbücher unter anderem über Adele und Die Toten Hosen geschrieben hat, war nicht die einzige Qualifikation. „Wir kannten ihn gut, weil er für Musikmagazine mehrere Interviews mit uns geführt hat“, sagt Wagner. Für die Arbeit am Buch habe Menge ihn dann häufig in Herne besucht.

Das Cover von Peter Wagners Biografie „Soundchaser“.
Das Cover von Peter Wagners Biografie „Soundchaser“. © WAZ

Das Ergebnis

In 24 Kapiteln und illustriert mit Dutzenden von Band- und Privatfotos erzählt Peavy Wagner die Geschichte seiner bewegten Karriere und lässt dabei auch sehr Persönliches nicht aus. Bereits im Prolog wird deutlich, welchen Bogen diese Biografie schlägt: Über einen Fast-Knast-Aufenthalt nach einem Gig in Buenos Aires aufgrund unbezahlter Hotelrechnungen im Jahr 1996 über den gefeierten Auftritt als Headliner des 30. Wacken Open Air-Festivals 2019 landet Wagner im Herner Winter des Jahres 1979. „Ich stapfe mit meinen grünen Gummistiefeln und meinem olivfarbenen Parka durch den Schnee“, schreibt er. Ziel ist die Bunkerkneipe von Willi Zehrt am Westring, wo Peavy und seine Musik-Buddies nach dem krankheitsbedingten Ausfall einer Band spontan ihren allerersten Auftritt hinlegen.

Es folgt eine wilde Achterbahnfahrt mit Kapiteln zum Beispiel über: den Aufstieg von Rage, Wagners Leidenschaft fürs „Knochenmachen“ (Präparation), Motörhead-Legende Lemmy, den Rage-Beitrag zu Bully Herbigs Kinohit „Der Schuh des Manitu“, Fanhysterie in Japan, Metal-goes-Klassik-Projekte, Stefan Raab und den „Bundesvision Sound Contest“, Tournee-Abenteuer in Russland und und und.

Waaaaackeeen, ich höre nichts: Beim Wacken Open Air sind Peavy Wagner und Co. so etwas wie Stammgäste. Im Bild: der Auftritt im Jahr 2007.
Waaaaackeeen, ich höre nichts: Beim Wacken Open Air sind Peavy Wagner und Co. so etwas wie Stammgäste. Im Bild: der Auftritt im Jahr 2007. © WR | TASSIDIS, Konstantin

Konfliktreiche Kindheit und Jugend

Im Kapitel „Kindheit und Jugend“ gewährt Peavy Wagner tiefe Einblicke in seine alles andere als konfliktfreie Kindheit und Jugend. So berichtet er beispielsweise, dass er für seine Mutter Brigitte - eine Grundschullehrerin - eine Art Trostspender gewesen sei, weil diese vor ihm eine Totgeburt erlitten habe. Oder er schreibt über seinen (inzwischen verstorbenen) Vater Paul Wagner, ein Oberstudienrat für Biologie und Chemie am Otto-Hahn-Gymnasium, der ihn häufig verprügelt habe, „gerne auch vor den Nachbarn“, und ihm dabei einmal sogar fast das Ohr abgerissen habe.

Im Mittelpunkt der Biografie steht allerdings sein Weg zum weltweit gefeierten Profi-Musiker, auf dem der Sänger und Bassist einige Umwege einlegen musste. Kurz zusammengefasst: Peter Wagner besuchte nach der Sodinger Grundschule Auf‘m Kolm das Otto-Hahn-Gymnasium, brach aber vor dem Abitur ab. Er absolvierte eine Gärtnerlehre im Herner Betrieb Schüth und arbeitete anschließend in Bochum als Knochenpräparator, bis er mit Rage in die erste Metal-Liga aufstieg und dann irgendwann von der Musik leben konnte.

Zu-ga-be

Natürlich noch nicht im Buch, aber eingebrannt in Peavys Erinnerung ist die gerade beendete Jubiläums-Welttournee, auf der er mit Rage ab März 2024 Station machte in Ländern wie unter anderem Japan, Griechenland, Kanada, Italien und Österreich. Besonders emotional sei der Auftritt in Herne beim Rock-Spektakulum des einst von ihm mit ins Leben gerufenen Musikertreffs Stennert gewesen. „Die Stimmung war super“, schwärmt er.

Umsonst & draußen & stimmungsvoll: Beim 37. Rock-Spektakulum des Herner Musikertreffs Stennert im September 2024 hatte die Herner Band Rage ein Heimspiel. An diesem Ort hatte vor mehr als 40 Jahren die Musiker-Karriere von Peavy Wagner begonnen.
Umsonst & draußen & stimmungsvoll: Beim 37. Rock-Spektakulum des Herner Musikertreffs Stennert im September 2024 hatte die Herner Band Rage ein Heimspiel. An diesem Ort hatte vor mehr als 40 Jahren die Musiker-Karriere von Peavy Wagner begonnen. © FUNKE Foto Services | Uwe Ernst

Gänsehaut-Erlebnis inklusive. Für dieses Konzert habe er sich in einem Stennert-Raum vorbereitet, in dem er schon in den 80er-Jahren mit dem 2021 verstorbenen Rage-Mitgründer Jochen Schröder geprobt habe, erzählt Wagner. Eine halbe Stunde vor dem Auftritt habe plötzlich die ihm bis dato unbekannte Schwester Schröders ihm Raum gestanden, über die Umstände des Todes ihres Bruders gesprochen und gesagt, dass sie Jochen beim Jubiläums-Konzert ,vertrete‘: „Ich war den Tränen nahe, weil es sich anfühlte, als wenn er wieder unter uns wäre.“

Mit den Konzerten geht es weiter, immer weiter: Ab April stehen weitere Gigs auf dem Programm, das nächste Album wird derzeit aufgenommen und soll im Herbst erscheinen.

Peter „Peavy“ Wagner (mit Timon Menge): „Soundchaser. Lebenslänglich Heavy Metal. Mein Leben mit Rage“, SPV, 400 Seiten; 22,99 Euro.