Herne. Vor der Sommerpause hatte Hernes Toprestaurant angekündigt, sich teilweise neu zu erfinden. Was sich in der „Guten Stube“ alles verändert hat.

Bilder in poppigen Farben an den Wänden, kleine Hochglanz-Figuren, wie sie der Künstler Jeff Koons kreiert: Die Gediegenheit, die die „Gute Stube“, Hernes Top-Restaurant, in den vergangenen Jahren verströmt hat - und womöglich dazu geführt hat, dass sich Gäste nur in gedämpfter Lautstärke unterhalten haben -, ist gewichen. Es ist bunt geworden im Gastraum, der nun auch über 20 Plätze mehr verfügt. Die neue Optik signalisiert: Die „Gute Stube“ hat sich verändert.

À la Carte statt Mehrgang-Menü

Doch diese Optik sei eigentlich nur eine flankierende Maßnahme, so Geschäftsführer Jan Hendrik van Dillen im Gespräch mit der Herne WAZ-Redaktion. Der Kern der Neuausrichtung erschließe sich so richtig beim Blick auf die Speisekarte. Dort steht nicht mehr das Menü im Fokus, „wir verändern uns zum à la Carte-Geschäft“, so van Dillen.

Blick in den umgestalteten Gastraum.
Blick in den umgestalteten Gastraum. © Max Maaßen

Sterne-Küche hat seit einiger Zeit einen schweren Stand

Für diese Neuausrichtung gibt es mehrere Gründe. Zwar hätten Stammgäste Chefkoch Thorsten Brodal und seinem Team bescheinigt, dass sie längst auf Sterne-Niveau kochen, allein: Auf diese Auszeichnung hat das Herner Restaurant all die Jahre vergeblich gewartet. Zwar hätten sich die Tester schon 2018 von der Qualität der Gerichte überzeugt, doch danach sei niemand mehr erschienen. Die Gründe? Unbekannt. Doch es stellt sich die Frage, ob und wie stark ein Stern das Geschäft beflügelt hätte. Die Sterne-Gastronomie hat seit einiger Zeit einen schweren Stand, van Dillen weiß von mehreren hochklassigen Restaurants, die vor den Rahmenbedingungen kapituliert hätten.

Die bekommt auch van Dillen zu spüren: in erster Linie Kostensteigerungen für Lebensmittel. Hinzu käme die Konsumzurückhaltung durch die allgemeinen Preissteigerungen und die Verunsicherung durch den Ukraine-Krieg. So würde es immer schwieriger, das Restaurant kostendeckend zu betreiben. „Die Grundauslastung ist sehr schwankend, aber man braucht eine konstante Grundauslastung“, so van Dillen. Daran habe auch die publikumswirksame Teilnahme am TV-Format „Mein Lokal - Dein Lokal“ nichts geändert, weil die Sendung - und die Wiederholung - jeweils zu Lockdownzeiten ausgestrahlt worden sei.

In welche Richtung es gehen könnte, hat er quasi im eigenen Haus gesehen. Denn während in der „Guten Stube“ die Tische teilweise spärlich besetzt gewesen seien, habe es im „Stübchen“ - das Restaurant im Untergeschoss - fast Warteschlangen gegeben.

 Beim sogenannten Pre-Opening am Mittwoch servierte das Küchenteam Kostproben von der neuen Karte.
 Beim sogenannten Pre-Opening am Mittwoch servierte das Küchenteam Kostproben von der neuen Karte. © Max Maaßen

Van Dillen charakterisiert den neuen Ansatz als Wohlfühlküche in lockerer Atmosphäre. Die Gerichte sollen leichter verständlich sein als vielleicht in der Vergangenheit, und die Gäste sollen nicht mehr nur einmal oder zweimal im Jahr kommen, sondern öfter, um dann vielleicht nur ein Hauptgericht zu wählen statt eines mehrgängigen Menüs. Dabei stünden dann auch das Wiener Schnitzel mit Bratkartoffeln, Preiselbeeren und Salatteller auf der Karte - allerdings dürfte das Küchenteam diesen Klassiker so interpretieren, dass es den Ruf untermauert, nach wie vor das beste Restaurant in Herne zu sein. Was sich auch im Preis spiegelt. Das Wiener Schnitzel kostet 34 Euro.

Seitdem van Dillen auf Instagram in den vergangenen Wochen immer wieder kleine Einblicke in den Entwicklungsprozess des neuen Konzepts gegeben hat, sei die Neugierde groß gewesen. „Deshalb bin ich guter Dinge, dass wir nun eine stärkere Resonanz haben werden als früher.“

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