Herne. Mit dem Netzwerk „In Frauenhand“ sollen Unternehmen, die von Frauen geführt werden, unterstützt werden. Auch zwei Hernerinnen sind Mitglied.

Ein Netzwerk nur für Unternehmen, die von Frauen geführt werden - da mag man sich die Frage stellen, ob das in der heutigen Zeit noch nötig ist? „Ja“, hat sich Catherine Lieberei gesagt und „In Frauenhand“ gegründet. Sie möchte diese Firmen nicht nur sichtbarer machen, sondern auch etwas gegen die Hürden tun, die sich Gründerinnen in den Weg stellen. Zwei Herner Firmen sind inzwischen Mitglied, die Gründerinnen schildern, welche Probleme sie bei der Gründung hatten und was ihnen das Netzwerk bringt.

Es läuft bei Nicola Henseler: Mit ihrem Start-up „Fairnica“, bei dem man Mode mieten kann, hat sie Auszeichnungen abgeräumt und die Bekanntheit ihres Unternehmens Stück für Stück gesteigert. Doch es sei eine große Herausforderung gewesen, Fairnica in Teilzeit neben dem Vollzeitjob und neben der Betreuung der Kinder zu gründen, so Henseler im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion. Sie habe Vollzeit von sechs bis 15 Uhr gearbeitet, habe dann bis 20 Uhr ihre Kinder betreut, und wenn die eingeschlafen seien, habe sie sich um Fairnica gekümmert. Nach drei Jahren habe sie ihren Job gekündigt, um sich voll auf ihr junges Unternehmen zu kümmern.

„Es ist kaum möglich, in Teilzeit zu gründen. Damit werden viele Mütter ausgeschlossen“

Das Problem: Es sei fast ausgeschlossen, eine Förderung zu bekommen, um in Teilzeit zu gründen. „Und damit schließt man viele Mütter aus“, so Henseler. Für Mütter sei es normal, in Teilzeit zu gründen, weil man sonst die Kinderbetreuung nicht sicherstellen kann. Aber eine Gründung werfe nicht sofort Umsatz ab, sodass man zunächst von der Gründung gar nicht leben könne und einen anderen Job nebenbei haben müsse, um die Gründung zu finanzieren. Die Förderprogramme verlangten jedoch, dass man sich mit voller Intensität dem Start-up widmet. „Neben Kindern und Job auch noch zu gründen: Dafür braucht man schon sehr viel Energie. Davon lassen sich viele Frauen abschrecken“, so Henseler zur WAZ.

Das neue Netzwerk könne darauf aufmerksam machen, dass es Bedarf beim Gründen auf einer halben Stelle gibt. Henseler: „Es wird immer beklagt, dass weniger Frauen als Männer gründen, doch es wird wenig dafür getan, dies zu ändern.“ Das neue Netzwerk könne dazu beitragen, dieses Problem ins Bewusstsein zu rücken.

Ansonsten könnten sich die Mitglieder gegenseitig unterstützen - etwas, was Männer schon sehr lange und viel besser als Frauen machen. „In dieser Hinsicht müssen wir als Frauen stärker werden.“ Daneben habe man als Unternehmerin ähnliche Aufgabenstellungen, im Netzwerk können man sich dazu austauschen.

Judith Stemmann hat Hejhoni geründet.
Judith Stemmann hat Hejhoni geründet. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

„Ich ärgere mich, dass ich auf so etwas nicht früher gestoßen bin“

Judith Stemmann hat Hejhoni gegründet. Die ungewöhnliche Idee: Eltern können aus den Wortkreationen ihrer Kinder Poster fertigen lassen. Für sie liege der Mehrwert des Netzwerks in den Veranstaltungen, bei denen man sich vernetzen könne. „Da spielt auch schon das Gefühl von Gemeinschaft eine Rolle, dass man bei Problemen nicht alleine ist. Man muss nicht unbedingt mit ungeheurem neuen Wissen aus den Treffen kommen“, so Stemmann. „Ich ärgere mich ein bisschen, dass ich auf so etwas noch nicht früher gestoßen bin.“ Ganz wichtig für sie: Die meisten Veranstaltungen in der Gründerszene würden in Berlin oder Hamburg stattfinden, deshalb sei das Netzwerk mit Sitz in Essen so attraktiv. Sie sei schon in einem regen Austausch. Das Problem der Gründung in Teilzeit hatte Stemmann nicht: Sie hatte ein Gründerstipendium, das dabei unterstützt, in Vollzeit zu gründen.

Svenja Tietje, bis vor wenigen Wochen Geschäftsführerin des Ruhr-Hubs, kennt die Probleme von Gründerinnen sehr gut.
Svenja Tietje, bis vor wenigen Wochen Geschäftsführerin des Ruhr-Hubs, kennt die Probleme von Gründerinnen sehr gut. © Fabian Strauch / FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

Svenja Tietje, Geschäftsführerin des Ruhr-Hubs, der Starts-ups unterstützt, kennt die Probleme bestens, die Henseler und Stemmann schildern. Es gebe deutlich weniger weibliche Start-ups. Gerade bei Müttern sei eine Gründung in Vollzeit kaum möglich, weil der Fokus eben auf den Kindern liege, so die Hernerin. Sie plädiert dafür, den Förderrahmen anzupassen und Gründungen in Teilzeit zu ermöglichen. So könnte der Förderzeitraum auf zwei Jahre zu gestreckt werden.