Herne. 2016 kamen Marah Adra und Rana Alashkar als Flüchtlinge aus Syrien nach Herne. Nun haben sie ihre Erzieherinnen-Ausbildung mit Bestnote beendet.
Zwölf Frauen und Männer haben in der Kindergartengemeinschaft des Evangelischen Kirchenkreises Herne ihre Erzieher-Ausbildung erfolgreich abgeschlossen, zwei von ihnen stechen hervor: Marah Adra und Rana Alashkar. Der Grund: Sie zählen mit der Abschlussnote „sehr gut“ zu den Jahrgangsbesten - obwohl sie erst 2016 als Flüchtlinge aus Syrien nach Deutschland gekommen sind.
In ihrem Heimatland sehen sie keine Perspektive mehr
Marah Adra und Rana Alashkar haben in der syrischen Stadt Hama als Grundschullehrerinnen gearbeitet, bis ihre Ehemänner sie 2016 im Rahmen der Familienzusammenführung nachholten und vor dem Krieg in ihrem Heimatland retteten. „Wenige Tage vor der Abreise ist noch eine Rakete in unser Haus eingeschlagen“, erzählt Adra, deren erstes Kind damals noch kein Jahr alt war. „Wie durch ein Wunder ist uns nichts passiert, aber das Ereignis hat uns gezeigt, dass wir in unserer Heimat keine Perspektive mehr haben.“
In Herne angekommen galt es zunächst, Deutsch zu lernen. Dazu besuchten beide mehrere Kurse in der Volkshochschule, „aber die Alltagssprache kann man nur im Alltag und in Kontakt mit Muttersprachlern lernen“, so Alashkar. Auch aus diesem Grund nutzten beide die Möglichkeit, als Alltagshelferinnen zu arbeiten – Marah Adra zunächst im Offenen Ganztag der Grundschule Pantringshof, dann – nach der Geburt ihres zweiten Kindes – in der Evangelischen Kita an der Diedrichstraße. Rana Alashkar engagierte sich in der Evangelischen Kita an der Turmstraße in Wanne-Eickel.
Die deutsche Sprache bereitete viele Schwierigkeiten
„Der Anfang war sehr schwierig“, sagen die beiden im Rückblick. „Die deutsche Sprache ist schon im Aufbau völlig anders als die arabische. Es fängt schon damit an, dass die Schrift von links nach rechts verläuft.“ Rana Alashkar erzählt, dass sie oft verzweifelt gewesen sei. „Ich dachte, ich schaffe das nie: Wenn ich in der Schule einen Beitrag leisten wollte, hatte sich längst jemand anderes geäußert, weil ich so lange gebraucht habe, die richtigen Worte zu finden“, sagt sie.
„Im Grunde hatten beide ja eine Dreifachbelastung – Familie, das Erlernen der Sprache und das Lernen für die Ausbildung“, ergänzt Claudia Krause-Eilebrecht, Einrichtungsleiterin in der Turmstraße. „Ich habe größte Hochachtung vor ihrer Leistung.“ Marah Adra und Rana Alashkar zeigten sich sehr dankbar für die Unterstützung ihrer Kolleginnen. „Sie haben uns immer aufgebaut, extra langsam gesprochen und uns vieles erklärt.“ Lachen müssen sie, wenn sie an manche Sprichwörter denken: „Da wird ja der Hund in der Pfanne verrückt“, dieser Satz hat es ihnen besonders angetan.
Die Frauen vermissen ihre Familie und Freunde
Auf ihre Heimat angesprochen, haben beide Frauen sofort Tränen in den Augen. „Wir vermissen unsere Familien und unsere Freunde, aber es gibt zurzeit keine Hoffnung auf Frieden“, sagen sie. „Wir sind Deutschland sehr dankbar, dass wir hier sein können; hier leben wir endlich in Sicherheit, hier haben unsere Kinder eine Zukunft. Deshalb möchten wir etwas zurückgeben.“ Das tun sie nun mit ihrer Arbeit in der Kita, die beiden viel Freude macht. „Die Kinder sind so unverstellt – sie sagen einfach, was sie denken und fühlen“, sagt Marah Adra. „Schon im Morgenkreis weiß ich, dass ich hier genau richtig bin“, so Rana Alashkar. Besonders gerne ist sie kreativ: „Wenn Rollenspiele gemacht werden sollen, bin ich sofort dabei“, sagt sie. „Auch beteilige ich mich gerne an der Vorbereitung von Gottesdiensten.“ Beide sind griechisch-orthodoxen Christinnen.
Marah Adra beschäftigt sich in der Kita Löwenherz der Petrus-Kirchengemeinde am liebsten mit den Vorschulkindern. Sie kann sich vorstellen, in einigen Jahren wieder als Lehrerin zu arbeiten. „Mein Bachelor-Abschluss als Erzieherin könnte mir einen Weg öffnen.“ Rana Alashkar möchte im Kindergarten an der Turmstraße bleiben. „Ich fühle mich hier willkommen“, sagt sie. „Die Eltern wollten von Anfang an, dass ich bleibe.“ Das hört Claudia Krause-Eilebrecht gerne. „Rana kommt im Kollegium und bei den Kindern super an“, sagt sie. „Und sie ist darüber hinaus eine große Unterstützung, weil sie Gespräche mit unseren syrischen Eltern führen oder dolmetschen kann.“