Herne. Es ist viel passiert: Wie ein Wahlergebnis und eine Überraschungskandidatur die Herner SPD in diesen Tag durchgeschüttelt hat.
Es ist viel passiert: der politische Wochenrückblick in der Kolumne „Politgeflüster“.
Eine Herrenboutique in Wuppertal
Nach der Wahl ist vor der Wahl. Dieses Prinzip hat sich in dieser Woche die Herner Genossin Sarah Jansen (34) zu eigen gemacht. Schon kurz nach Schließung der Wahllokale bei der Europawahl am Sonntag informierte sie die Herner Parteispitze über ihre Kandidatur bei der Bundestagswahl 2025 im Wahlkreis Herne-Bochum II und schickte anschließend per Mail einen ausführlichen Bewerbungsbrief an einen größeren SPD-Verteiler raus (wir berichteten). Zu behaupten, dass dies bei einigen Mitgliedern nicht gut ankam, wäre untertrieben.
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Auch bei Bochumer Genossinnen und Genossen - sie haben bei der Aufstellung der Kandidatin/des Kandidaten für den Wahlkreis Herne-Bochum II ein Wörtchen mitzureden - löste der Zeitpunkt Befremden aus, so ist in der Nachbarstadt zu hören. Die Frage nach dem Grund für dieses Timing beantwortete Jansen gegenüber der WAZ mit dem Hinweis, dass es eigentlich nie einen „richtigen Zeitpunkt“ gebe. Die Chancen der in der Partei bislang unbekannten Gewerkschafterin gegen SPD-Chef Hendrik Bollmann - er verkündete kurz nach Jansen ebenfalls seine Kandidatur - sind mit diesem Vorstoß sicherlich nicht gestiegen. Die amtierende SPD-Bundestagskandidatin Michelle Müntefering (sie tritt nicht mehr an) wird übrigens nach der Bundestagswahl 2025 eine Herrenboutique in Wuppertal eröffnen, eine Gastrolle in der RTL-Serie „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ übernehmen und die Surf-Punk-Band Michelle M. & The Parlamentarians gründen. Das ist natürlich alles Quatsch, aber Spekulationen sind zurzeit durchaus möglich, denn: Müntefering ließ in dieser Woche eine Anfrage der WAZ nach ihren persönlichen Plänen und ihrer Zukunft unbeantwortet.
Der Kämmerer, die Bezirke, das Geld
Die beiden neuen Dezernenten Marc Ulrich (Kämmerei) und Stefan Thabe (Stadtplanung, Verkehr, Bauen) machen derzeit in den Herner Bezirksvertretungen die Runde, um sich persönlich vorzustellen. In Sodingen nutzte der SPD-Bezirksverordnete Ernst Schilla den Hinweis Ulrichs, dass er einst selbst Bezirksverordneter in Bochum (von 1999 bis 2015 für die SPD) gewesen sei, für einen charmanten Frontalangriff. Wäre es nicht sinnvoll, so fragte Schilla, wenn die Bezirksvertretungen in Herne über einen eigenen Etat verfügen könnten - so wie die Bezirksvertretungen in Bochum. Der Kämmerer betonte, dass ein Etat für Bezirke aufgrund zahlreicher Zwänge und Notwendigkeiten nicht unbedingt zu mehr Unabhängigkeit führe. Trotzdem machte er eine Ansage: „Sobald wir in Herne Überschüsse haben, verspreche ich Ihnen einen eigenen Bezirksetat.“ Zur Einordnung, wie wahrscheinlich dieses Szenario derzeit ist: Ulrichs Vorgänger Klee rechnete bis 2027 mit jährlichen Verlusten von bis zu 77 Millionen Euro.
Der SPD-Vorsprung schmilzt
Die Zahl der Woche ist natürlich nicht 77, sondern: 5! Gerade mal fünf Stimmen lag die SPD bei der Europawahl in Herne vor der CDU. Zum Vergleich: Bei der Bundestagswahl 2021 und der Landtagswahl 2022 betrug der Vorsprung auf die Union 17.611 bzw. 9309 Stimmen, bei der Europawahl 2019 immerhin noch 3947 Stimmen. Und bei den Bundestags- und Kommunalwahlen im Herbst 2025? loc