Herne. Im Herner Stadtteil-Check bekommt Unser Fritz/Crange recht schlechte Noten. Warum der Stadtteil am Kanal aber bessere Noten verdient hätte.

Vögel zwitschern, die Sonne spiegelt sich auf dem Kanal, auf dem gemächlich ein großes Schiff fährt. Wenn man so mitten in Unser Fritz am Kanalufer steht, würde man nicht glauben, dass dieser Stadtteil in vielen Kategorien unseres Stadtteil-Checks schlechte Schulnoten erhalten hat. Keine Zwei, viele Dreien und Vieren, so lautet das Ergebnis der Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

„Man findet immer etwas zu meckern“, sagt Horst Schröder, der bereits sein gesamtes Leben in Unser Fritz lebt – seit 1962. „Für mich gibt es keinen schöneren Stadtteil in Wanne-Eickel“, betont der Sänger, der besser unter dem Namen Hotte bekannt ist. Warum das so, zeigt er uns bei einem Spaziergang durch den Stadtteil.

Unser Fritz ist für junge Menschen super, für ältere jedoch nicht

Los geht es – natürlich – an der Unser-Fritz-Straße, die einmal quer durch den Stadtteil führt, kurz vor der Grenze zur Nachbarstadt Gelsenkirchen. Ein Kritikpunkt, der beim Stadtteil-Check immer wieder genannt wird: Im Stadtteil liegt zu viel Dreck, der rumliegende Müll wird zu selten weggeräumt. Nach nur wenigen Metern bleiben wir am ersten Ort stehen, denn hier werde tatsächlich häufig Müll wild abgelegt, sagt Schröder. Auf dem kleinen Gelände, das nicht direkt einsehbar ist – neben einem Glas- und einem Altkleidercontainer –, liege oft Müll. Heute ist hier alles sauber, es wurde wohl gerade gereinigt. Es geht weiter: Am Rande des Bürgersteigs liegen vereinzelt leere Verpackungen, Taschentücher und Papier. „Als übermäßig dreckig würde ich das aber nicht bezeichnen.“ Allerdings: Es dauere tatsächlich oft lange, bis der Müll entsorgt werde.

Heute sauber, sonst häufig verschmutzt: An den beiden Containern an der Unser-Fritz-Straße liegt häufig Müll herum.
Heute sauber, sonst häufig verschmutzt: An den beiden Containern an der Unser-Fritz-Straße liegt häufig Müll herum. © Unbekannt | Wittor

Von der Unser-Fritz-Straße biegen wir in einen kleinen Weg ab, der in Richtung Kanal führt. Hier sind vor einigen Jahren viele neue Häuser entstanden, was vor allem junge Familien angelockt habe, sagt Schröder. Für Familien und Kinder sei der Stadtteil sehr gut: Es gebe Kitas, eine Grundschule und Spielplätze. Nur für die ältere Generation gebe es nichts mehr. „Als ich noch ein Kind war, hatten wir hier alles: Supermärkte und alleine neun Kneipen.“ Geblieben ist davon: nichts. Kein Lebensmittelgeschäft, kein Restaurant, keine Apotheke und nur ein Arzt. Für Menschen, die bewegungseingeschränkt sind, sei das natürlich ein Problem, so Schröder. Das zeigt sich auch in unserem Stadtteil-Check: Die Seniorenfreundlichkeit bekommt eine 4,0, genau wie die Gastronomie und die Einkaufsmöglichkeiten.

Hotte Schröder lebt bereits sein ganzes Leben in Unser Fritz und kennt jede Ecke des Stadtteils.
Hotte Schröder lebt bereits sein ganzes Leben in Unser Fritz und kennt jede Ecke des Stadtteils. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

Aus ehemaligem Wendebecken wurde ein Biotop

Nach kurzer Zeit ist der Kanal erreicht. Die bunte Papageienbrücke führt hinüber ans andere Ufer, wo die Türen des Biergartens „Oskar am Kanal“ noch geschlossen sind. Hier am Wasser fehle es an Angeboten, der Kanal könne mehr und besser genutzt werden. Zumindest neben dem Wasser. Denn auf dem Wasser ist einiges los – in der direkten Umgebung gibt zum Beispiel einen Kanuverein, die DRLG und einen Angelverein. Nach einigen Metern am Kanalufer geht es wieder rechts rein. Plötzlich stehen wir in einem kleinen Wald, rechts von uns ein Biotop. „Hier war früher ein Wendebecken für Schiffe.“ Mit der Kanalverbreiterung sei das Wendebecken in ein Biotop umgewandelt worden. Nur eine alte, hohe Laterne – mittlerweile von Baumästen umwachsen – erinnert noch daran, dass es hier vor vielen Jahren noch ganz anders aussah.

+++ Stadtteil-Check in Herne – so haben wir bisher berichtet: +++

Nach dem kleinen Gang durch den Wald stehen wir wieder an der Unser-Fritz-Straße. Es folgt ein Abstecher in die Emscherstraße. Dorthin, wo Horst Schröder geboren wurde und seine Kindheit verbracht hat. Ob er nicht traurig sei, dass sich der Stadtteil so sehr verändert hat? „Nein überhaupt nicht“, sagt er prompt. „Schließlich hat sich auch vieles positiv entwickelt.“ Wenn er vor seine Haustür trete, sei das wie Urlaub für ihn.

>>>WEITERE NACHRICHTEN: Nicht repräsentativ

  • In unserem Stadtteil-Check haben 2407 Menschen ihren Stadtteil mit Schulnoten von 1 (sehr gut) bis 6 (ungenügend) bewertet. Dabei konnten sie sowohl 14 Fragen beantworten als auch offene Antworten geben. Unser Fritz/Crange bewerteten 113 Menschen.
  • Die Umfrage war nach wissenschaftlichen Maßstäben nicht repräsentativ, weil die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nicht gezielt nach sozio-demografischen Merkmalen ausgewählt wurden. Stattdessen konnte jede und jeder Interessierte mitmachen. Die Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer war in den verschiedenen Stadtteilen unterschiedlich hoch (von 63 in Baukau-West bis 326 in Herne-Mitte). Von den Bewertungen kann man also nicht direkt auf die der Mehrheit im jeweiligen Stadtteil schließen.