Herne. Das Energiepaket stößt in Herne auf überwiegend positive Resonanz. Vor allem das „9 für 90“-Ticket kommt gut an. Noch gibt es aber offene Fragen.
Mit einem milliardenschweren Entlastungspaket will die Bundesregierung die Preissteigerungen bei den Energiekosten abmildern, die durch den russischen Angriff auf die Ukraine noch einmal gestiegen sind. Die Koalition wolle Unternehmen wie Verbraucher deswegen „kurzfristig und befristet“ schützen, sagte Finanzminister Christian Lindner (FDP). In Herne stößt das Paket auf überwiegend positive Resonanz.
HCR befürwortet „9 für 90“-Ticket
Hilfe bekommen für drei Monate die Verbraucherinnen und Verbraucher, die kein Auto haben – oder auf Bus und Bahn umsteigen wollen. Unter dem Namen „9 für 90“ führt die Ampel für 90 Tage ein Ticket für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) ein, das neun Euro im Monat kostet. „Wir befürworten diese Maßnahmen“, sagt Dirk Rogalla, Sprecher der HCR auf Nachfrage der WAZ. „Und ja: Wir können den Aufwand stemmen.“ Zwar gebe es durch die beschlossenen Maßnahmen eine logistische Herausforderung, „aber wir freuen uns natürlich auch, mehr Gäste bei der HCR begrüßen zu dürfen“.
Wie genau das System aussehen wird, wo es die Tickets zu kaufen gibt und wer alles ein solches Ticket bekommt, werde zurzeit noch mit dem Verkehrsverbund Rhein-Ruhr abgestimmt. So viel steht aber schon fest: „Es wird keine Insellösung für Herne geben.“ Es gebe bereits jetzt vor allem von Abonnenten viele Fragen zu dem Thema, so Rogalla. Bis diese Fragen nicht geklärt sind, müssten die Fahrgäste und allen voran die Abonnentinnen und Abonnenten nun zunächst nicht selber aktiv werden.
Roberto Gentilini: Infrastruktur des ÖPNV sollte verbessert werden
Auch der Vorsitzende des Mobilitätsausschusses in Herne, Roberto Gentilini, begrüßt die Pläne der Ampel-Regierung vor allem für den ÖPNV: „Das ist ein starkes Zeichen.“ Wichtig sei, dabei auch auf die Abonnenten zu achten, die sonst ja mehr ausgegeben hätten, betont Gentilini, der Mitglied im Aufsichtsrat der HCR ist. „Man vermutet, dass es im Mai losgeht.“
Auch längerfristig sollte es zu einem Umdenken bei dem Finanzierungsmodell des ÖPNV kommen, fordert Gentilini. Es gebe drei Säulen bei der Finanzierung: Die Stadt, die Nutzer selbst und als dritte Säule Bund und Land. Die Kommunen hätten keine ausreichenden finanziellen Mittel, deshalb sieht er Bund und Land in der Pflicht: „Ich würde mir wünschen, dass es in Zukunft nicht unbedingt bei 9 Euro bleibt, aber wir eine ganz andere Tarifstruktur haben.“ Entscheidend sei zu sehen, wie sich die Zahl der Nutzer durch die 9-Euro-Tickets entwickele. „Ich gehe davon aus, dass die Zahlen der ÖPNV-Nutzer deutlich steigen sollten“, sagt Gentilini. Wenn dem so sei, müsse auch geguckt werden, wie es mit Blick auf das Personal und den Bestand von Fahrzeugen funktioniere.
Steuersenkung von Diesel und Benzin fördert Mobilitätswende nicht
Neben günstigeren Ticketpreisen müsse aber auch die Infrastruktur des ÖPNV verbessert werden, damit man mit dem ÖPNV zügig überall hinkomme. So würden Anreize für die Nutzung geschaffen. Insgesamt wäre es ein starkes Zeichen beim Thema Klimawandel.
Gentilini befürwortet auch die befristete Senkung der Steuern auch Benzin und Diesel – auch wenn diese eine Mobilitätswende nicht gerade fördert. „In der Notsituation ist es für Pendler, die das Auto nutzen müssen, und auch für Logistikunternehmen erstmal ein gutes Zeichen“, sagt er. Wichtig sei dabei die Befristung. Ein differenziertes System, dass Finanzschwächere nicht in gleicher Weise unterstütze wie wohlhabendere SUV-Fahrer, wäre dem SPD-Politiker lieber gewesen. „Es war aber die einfachste Möglichkeit, ohne zu viel Bürokratie zu erzeugen.“
Hernerinnen und Herner bekommen Energiepauschale
Unabhängig von der Höhe ihres Verdienstes bekommen alle einkommensteuerpflichtigen Erwerbstätigen eine einmalige Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro als Zuschuss zum Gehalt. „Die Energiepauschale kann die Mehrkosten zwar etwas dämpfen, ist aber nicht so viel, dass sie ganz gedeckt werden könnten“, sagt Angelika Kurzawa, Sprecherin der Stadtwerke. Sie rechnet an einem Beispiel vor: Wenn ein Haushalt 18.000 Kilowattstunden im Jahr verbrauche, reichten die 300 Euro für etwa 2500 Kilowattstunden Gas, so Kurzawa.
Pascal Krüger (Grüne), Vorsitzender des Umweltausschusses, spricht von einem ausgewogenen Paket: „Mir gefällt, dass Geld bei jenen Menschen ankommt, die es brauchen. Andererseits bleiben Anreize zum Energiesparen bestehen und Fehlanreize werden vermieden.“ Die Abhängigkeiten von Energierohstoffen zeigten einmal mehr, wie wichtig die Energiewende sei.