Herne. NRW wählt, Frankreich auch: Warum die Rechtsextremen in Hernes Partnerstadt den Ton angeben und der Landtagswahlkampf nicht auf Touren kommt.

Im Zeichen der Wahlen: erschütternde Ergebnisse in Hernes französischer Partnerstadt und ein erstaunliches Desinteresse an Wahlkampfveranstaltungen in der City.

Apocalypse now?

„The Lost City – Das Geheimnis der verlorenen Stadt“ ist am Donnerstag in der Herner Filmwelt und bundesweit in den Kinos angelaufen. Und nein, der Abenteuerfilm mit Sandra Bullock und Brad Pitt handelt nicht von Hénin-Beaumont, auch wenn sich Hernes knapp 26.000 Einwohnerinnen und Einwohner zählende Partnerstadt aus demokratischer Sicht ebenfalls zu einer Art „Lost City“ entwickelt. Bei der ersten Runde der französischen Präsidentschaftswahl am 10. April entfielen 57,1 Prozent auf die drei Kandidatinnen und Kandidaten der rechten bis rechtsextremen Parteien. Amtsinhaber Emmanuel Macron kam dagegen gerade mal auf 16,8 Prozent. Marine Le Pen von der rechtsextremen Partei Rassemblement National (früher: Front National) erhielt in ihrer Hochburg Hénin-Beaumont mit 51,3 Prozent sogar mehr als die Hälfte aller Stimmen. Am Sonntag steht nun in Frankreich die Stichwahl zwischen Le Pen und Macron an. Bleibt zu hoffen, dass der Wahlausgang keine Erinnerungen an einen Filmklassiker von Francis Ford Coppola weckt: „Apocalypse Now“.

Applaus nein!

Walkampf für wenige: Die Veranstaltungen der Linken vor dem City-Center - unter anderem mit Landtagskandidatin Wiebke Köllner (3.v.li.) - und der Grünen auf dem Robert-Brauner-Platz stieß auf wenig Interesse.
Walkampf für wenige: Die Veranstaltungen der Linken vor dem City-Center - unter anderem mit Landtagskandidatin Wiebke Köllner (3.v.li.) - und der Grünen auf dem Robert-Brauner-Platz stieß auf wenig Interesse. © FUNKE Foto Services | Alexa Kuszlik

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Der Grünen-Bundesvorsitzende Omid Nouriour (l. vorne) und die Grünen-Spitzenkandidatin für die Landtagswahl im Mai Mona Neubaur unterstützten den Herner Grünen-Direktkandidaten Fabian May (r.).
Von Lars-Oliver Christoph und Michael Muscheid

Gewählt wird am 15. Mai auch in NRW. Gemessen an der mehr als mauen Resonanz bei den öffentlichen Veranstaltungen von Grünen und Linkspartei am Donnerstag in der Herner City muss man feststellen: Auf großes Interesse stößt dies bei der breiten Bevölkerung bisher nicht. Trotz der aufgebotenen Parteiprominenz verloren sich nur wenige Menschen am City-Center (Linke) und auf dem Robert-Brauner-Platz (Grüne).

Während dies bei der Linken irgendwie zum rasanten Niedergang passt, hätten die Grünen sicherlich auf mehr Zuspruch gehofft – waren doch mit NRW-Spitzenkandidatin Mona Neubaur und dem Bundes-Co-Vorsitzenden Omid Nouripour gleich zwei Parteipromis am Start. NRW-Grünen-Chefin Neubaur konnte einem schon fast leid tun, als sie in ihrer Rede eine kurze Pause für den gewünschten Applaus machte und dann aufgrund des Schweigens vor der Bühne Beifall mit einer zusätzlichen Handbewegung erzwingen wollte. Reaktion: null. Für die Wahlbeteiligung muss das aber alles nichts heißen. Die Nachfrage nach Briefwahlanträgen sei sehr hoch, berichtet die Stadt. In Zahlen: Innerhalb von vier Tagen seien bereits 16.000 Briefwahlunterlagen in Herne verschickt worden. Zum Vergleich: Vor fünf Jahren waren es bei der Landtagswahl am Ende insgesamt 13.944 Briefwählerinnen und -wähler. Und: Bei der Bundestagswahl 2021 gab es insgesamt 31.000 Briefwählerinnen und -wähler.