Herne. Mit einer musikalischen Lesung meldete sich das Herner Literaturhaus aus der Coronapause zurück – und fesselte das Publikum. Darum ging es.

Es geht endlich wieder los im Literaturhaus: Nach fast anderthalb Jahren Coronapause fesselten Judith Jakob und Joachim Jezewski mit ihrem Programm „Mascha Kaleko – die Nachtigall in meinem Garten schweiget“ am Donnerstagabend die Besucher, auch wenn zur Einhaltung von Sicherheitsabständen nur 40 Plätze zur Verfügung standen.

Mascha Kaleko ist eine scharfsinnige Beobachterin und eine Meisterin der feinen Pointen. Alltägliches und Tiefgründiges geht in ihrer Poesie nahtlos ineinander über und wirft facettenreiche Schlaglichter aus wechselnden Perspektiven gerade auf die kleinen und doch so bedeutsamen Ereignisse.

Herne: Schauspielerin zeichnet bewegtes Leben von Mascha Kaleko nach

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Das kommt in der Auswahl ihrer Verse, die Schauspielerin Judith Jakob getroffen hat, sehr gut zur Geltung. Denn in ihren Versen und Tagebuchaufzeichnungen lässt Jakob die Dichterin selbst zu Wort kommen und zeichnet so Mascha Kalekos bewegtes Leben nach.

Die erste wichtige Station ist Berlin ab 1930. Der Glanz der Golden Twenties ist noch zu spüren, trotz der Weltwirtschaftskrise. Mascha feiert hier ihre ersten Erfolge: „Ich schickte das Gedicht, das mir am meisten zu schade für den Papierkorb schien, an die strengste Zeitung Berlins – das war die Vossische.“ Und das renommierte Blatt druckte ihre Verse, viele sollten folgen.

Scharfer Witz, aber auch viel Verständnis für menschliche Schwächen

Über intime Beobachtungen des partnerschaftlichen Zusammenlebens sinniert sie da, mit scharfem Witz und gleichzeitig doch viel Verständnis für menschliche Schwächen und Eitelkeiten. Doch schon bald brechen schwere Zeiten an, die Reichsschrifttumskammer schließt die junge Dichterin aus, ein faktisches Berufsverbot. Die Emigration zeichnet sich ab.

„Ich bin als Emigrantenkind geboren“, erinnert sie sich an ihre eigene Kindheit – ein Schicksal, das ihr Sohn mit ihr teilen sollte. Denn zusammen mit ihrem zweiten Mann, dem Musikwissenschaftler und Dirigenten Chemjo Vinaver, flüchtete sie nach New York. Die Etappen dieses Lebens werden in Judith Jakobs gerade durch die oft kühle Distanz so ergreifender Rezitation lebendig. Und Joachim Jezewskis Kompositionen, inspiriert von der Romantik, aber auch dem Impressionismus Claude Debussys, zeichnen dazu tönende Stimmungsbilder.