Herne. Das St. Marien Hospital in Herne-Eickel erweitert sein Behandlungsspektrum bei Depressionen - mit einer besonderen Magnetstimulation.

Mit etwa vier Millionen Betroffenen zählen Depressionen zu den Volkskrankheiten in Deutschland. Therapieansätze sind in aller Regel Psychotherapie und die Einnahme von Medikamenten, das ist auch am St. Marien Hospital in Eickel so. Doch seit Herbst wendet die Herner Klinik ein weiteres Behandlungsverfahren an: die repetitive transkranielle Magnetstimulation, kurz rTMS. Im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion haben das Ärzteteam und eine Patientin den Ansatz erläutert.

Patientin spürte nach sechs bis sieben Sitzungen eine Verbesserung

Ihren richtigen Namen möchte die Frau mittleren Alters nicht in der Zeitung oder im Internet lesen, deshalb nennen wir sie der Einfachheit halber Bettina. Sie habe unter der schweren Depression gelitten, geäußert habe die sich in einer anhaltenden inneren Unruhe. Ihr Problem: Zwei Medikamente zur Behandlung hätten sich für sie als unverträglich herausgestellt. Sie gibt zu, dass sie „nicht ganz daran geglaubt“ habe, als ihre Ärzte als neuen Ansatz rTMS vorgeschlagen hätten. Doch nach sechs bis sieben Sitzungen habe sie eine Verbesserung gespürt. Nun ist sie von Magnetstimulation überzeugt. In Kombination mit einem anderen Medikament habe diese sie gerettet und ihr ein Stück Normalität zurück gegeben. Das sicherste Anzeichen für die Verbesserung ihres Zustands: „Ich kann wieder stricken.“

Blick auf das Gerät zur repetitive transkranielle Magnetstimulation.
Blick auf das Gerät zur repetitive transkranielle Magnetstimulation. © FUNKE Foto Services | Sebastian Sternemann

Damit sich Bettinas Zustand nicht wieder verschlechtert, ist sie nun regelmäßig zur sogenannten Erhaltungstherapie. Die Behandlung selbst bezeichnet sie als „vielleicht etwas unangenehm“, sie tue aber nicht weh. „Es ist so, als ob jemand auf den Schädel klopft“, schildert sie die Therapie.

Für Dr. Peter W. Nyhuis, Ärztlicher Direktor des St. Marien Hospitals Eickel, stellt rTMS eine Bereicherung des Behandlungsspektrums dar. Um diese Therapie zu verstehen, lohnt ein kleiner Blick ins Gehirn. In zahlreichen Forschungen hat sich herausgestellt, dass es bei Depressionen in bestimmten Hirnregionen - die für die Stimmung mitverantwortlich sind - Abweichungen vom normalen Stoffwechsel gibt. Diese Regionen werden durch rTMS angeregt, die Durchblutung der Areale verbessert. „Die magnetischen Impulse werden von einer Magnetspule abgegeben, die an der linken vorderen Kopfseite des Patienten positioniert wird“, so Nyhuis. Die Magnetstärke entspreche in etwa der in einem MRT. Die Behandlung erfolge über einen Zeitraum von mehreren Wochen täglich in jeweils 30-minütigen Sitzungen. Der Patient könne sich dabei entspannen oder lesen. Nebenwirkungen gebe es keine, in seltenen Fällen könnten Kopfschmerzen auftreten.

Die Studienlage ist umfangreich, Krankenkassen übernehmen Behandlungskosten

Nyhuis selbst verfolgt die Entwicklung dieser Technik seit Jahren, deshalb weiß er, dass die Studienlage dazu sehr umfangreich ist und die antidepressive Wirkung nachgewiesen ist. „Es handelt sich nicht um ein experimentelles Verfahren“, betont er. Bereits seit 2008 sei es in den USA zugelassen, seit 2013 in der Europäischen Union. Die Kosten der Behandlung würden von den Krankenkassen übernommen.

Depressionen haben verschiedene Ursachen und Auslöser, doch rTMS sei grundsätzlich für jede Art der Depression einsetzbar. Sie sei darüber hinaus mit Medikamenten und Psychotherapie kombinierbar. Zurzeit werden sieben Patienten täglich mit dieser Methode behandelt, doch das Potenzial sei ungleich größer. Rund 3500 Patienten würden im St. Marien pro Jahr behandelt, rund die Hälfte davon weise eine depressive Erkrankung auf. Außerdem sei rTMS auch bei Angststörungen und Zwangserkrankungen einsetzbar.

>>> DAS ST. MARIEN HOSPITAL EICKEL

■ Das St. Marien Hospital Eickel (nicht zu verwechseln mit dem Marien Hospital Herne) ist Teil der St. Elisabeth-Gruppe.

■ Dort werden Menschen mit Krankheitsbildern aus dem gesamten psychiatrisch-psychosomatischen Spektrum behandelt. Die Klinik bietet seit fast 40 Jahren neben der stationären Versorgung eine Tagesklinik und eine ambulante Versorgung an.