Herne. Geduldete Flüchtlinge sollen in Herne durch ein neues Konzept besser integriert werden. „Chancen bieten – Grenzen setzen“ soll der Ansatz heißen.
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Geduldete Flüchtlinge sollen in Herne künftig die Chance bekommen, eine längerfristige Aufenthaltsberechtigung zu erhalten. Das beschloss die Politik. Auf Antrag von SPD und CDU im Rat soll die Verwaltung nun prüfen, ob das Essener Modell „Chancen bieten – Grenzen setzen“ auch in Herne angewandt werden kann.
Das Aufenthaltsrecht sorge dafür, dass Duldungen von Flüchtlingen immer wieder verlängert würden, diese Regelung habe für die Betroffenen viele soziale Nachteile, so Rot-Schwarz. So hätten sie kaum Chancen, eine Ausbildung oder Weiterbildung zu machen, ja in ein Arbeitsverhältnis zu kommen. Bei den Geduldeten mache sich deshalb Frust breit, sie würden juristisch ausgebremst und hätten wenig Perspektiven, sagte CDU-Fraktionsvorsitzender Timon Radicke im Rat. Das begünstige nicht zuletzt sogar ein Abgleiten in kriminelle Milieus, so die Ratskoalition. Mit dem Ansatz „Chancen bieten – Grenzen setzen“ soll dem begegnet werden: „Wer Leistung erbringt und integrationswillig ist, sollte Möglichkeiten bekommen, Fuß zu fassen und zu bleiben“, so Radicke.
Herne: Vereine, Institutionen und Betriebe als Partner eingebunden werden
Die Union verwies auf ein ähnliches Programm in Essen, wo es für die libanesische Bevölkerungsgruppe angeboten werde. Dieses Programm ist laut Radicke „sehr erfolgreich“. Nach Essener Vorbild soll es nun Integrationsangebote auch in Herne geben, unabhängig von der Herkunft. Konkrete Beispiele nannten die Kooperationspartner aber (noch) nicht. Die Verwaltung soll nun prüfen, wie das Projekt in Herne umgesetzt werden kann. Dazu sollen Vereine, Institutionen und Betriebe als Partner eingebunden werden, zum Beispiel das Talentkolleg Ruhr in Herne.
Von der Grünen gab es „ein kleines Lob“, wie sich Justus Lichau ausdrückte. Der Vorstoß sei „erst mal positiv“, der Ratsherr fügte allerdings ein „großes Aber“ an. Bei „Chancen bieten – Grenzen setzen“ müssten im Falle einer Umsetzung die Chancen für Flüchtlinge im Vordergrund stehen, nicht die Grenzen, sprich: Die Menschen müssten auch einen Vorteil von dem Projekt haben. Das sagen CDU und SPD zu: Der Fokus soll darauf liegen, den Betroffenen Chancen zu bieten, und ordnungspolitische Maßnahmen sollen nur dann eingesetzt werden, wenn sie erforderlich seien, so Rot-Schwarz nach der Sitzung in einer Mitteilung.
Herne: Nur die AfD lehnte den Antrag ab
Am Ende stimmte der Rat mit 55 Ja-Stimmen fast komplett dem Antrag zu, nur die drei Mitglieder der AfD sagten Nein. AfD-Ratsherr Thomas Berning ließ kein gutes Haar an dem Essener Modell. 462 Menschen seien dafür in Betracht gekommen, davon habe Essen nur 450 kontaktieren können, 200 hätten kein Interesse gehabt, als ungeeignet hätten sich 100 erwiesen. Übrig geblieben seien 54 Personen. „Übertragen auf Herner Verhältnisse würde dies bedeuten, dass nur circa 13 Personen in Herne an so einem Projekt teilnehmen würden“. Dafür, so Berning, müsste eine Steuerungsgruppe gebildet werden mit Vertretern des Ausländeramtes, Jugendamtes und Kommunalen Integrationszentrums. Dafür habe die Stadt kein Geld.
>> WEITERE INFORMATIONEN: „Gesicherte und realistische Integrationsperspektive“
Nur durch eine Abschaffung der sogenannten Kettenduldung bei Zugewanderten könne den Betroffenen eine gesicherte und realistische Integrationsperspektive angeboten werden, sagt Udo Sobieski, Vorsitzender der SPD-Ratsfraktion, in einer Mitteilung.
Diese hätten sie bei der üblichen Duldung von höchstens 12 Monaten nicht, weil sie kaum in ein Ausbildungs-, Weiterbildungs- oder Arbeitsverhältnis gelangen könnten. Die Prüfung des gemeinsamen Antrags müsse nun ergeben, ob sich für ein solches Projekt auch in Herne die Chance auf Realisierung und einen erfolgreichen Verlauf ergibt, so Sobieski weiter.