Herne. Kein heißes Wasser, Schimmel, undichte Fenster: Die Mängelliste der Bewohnerinnen der Seniorenanlage Funkenbergstraße in Herne-Mitte ist lang.
So hatten die Mieter es sich nicht vorgestellt. „Da zieht man in eine Seniorenanlage und denkt, es ist alles gut“, sagt Brigitte Walewitz. Gerda Oschmann nickt zustimmend und Nachbarin Margaret Wagner pflichtet ihr bei: „Schimmel, undichte Rohre, veraltete Fenster und wochenlang kein heißes Wasser – wir haben hier wirklich massenhaft Probleme.“ Alle drei wohnen an der Funkenbergstraße in der Nähe des Herner Bahnhofs. Da ihre Anfragen und Beschwerden bei der Hausverwaltung und den Eigentümern auf taube Ohren gestießen seien, wandten sich die Nachbarinnen in ihrer Verzweiflung an die WAZ.
Heißes Wasser fiel aus
„Seit 29. Mai hatten wir kein heißes Wasser“, erklärt Margaret Wagner. Von der Hausverwaltung kam das Angebot, dass die Mieter aus Nummer sechs bis zur Behebung des Problems in zwei leerstehenden Wohnungen an der Funkenbergstraße 2 duschen gehen könnten. „Das ist doch eine Zumutung“, ärgert sich die 73-Jährige. „Da passt man so auf wegen Corona, und dann sollen da alle duschen gehen, ohne dass mal geputzt würde.“ Zudem sei es vielen Mietern gar nicht möglich, da sie krank oder pflegebedürftig sind. „Wir gehen bei Verwandten duschen – oder waschen uns gegenseitig die Haare, indem wir Wasser im Wasserkocher erhitzen.“
Da sich ansonsten nichts weiter tat, sammelten die Mieter Unterschriften – über 30 der 50 Mieter aus Nummer 6 beteiligten sich. Am 19. Juni ging die Liste per Einschreiben an die Hausverwaltung – ohne Reaktion. In ihrer Verzweiflung wandten sich die Frauen an WDR und WAZ. Kurz nach Ausstrahlung des Fernsehbeitrags in der Lokalzeit erschien plötzlich ein Aushang im Flur. Darauf ein Plan, welcher Mieter wann warmes Wasser nutzen darf.
Schimmel im Schlafzimmer
Die defekte Heizungsanlage war aber nur das dringendste Problem der Mieterinnen. „Ich habe bereits vor drei Jahren einen Schimmelbefall im Schlafzimmer gehabt“, erinnert sich Margaret Wagner, die vor fünf Jahren an der Funkenbergstraße einzog. Damals sei ein Handwerker gekommen und habe die Stellen überpinselt. Letztes Jahr kam der Schimmel wieder, sie meldete den Befall erneut. Auch seien ihre Fenster im Winter immer „kleddernass“ vom Kondenswasser. „Ich kann hier so viel lüften, wie ich will.“ Seit einer Lungenentzündung ist sie auf Sauerstoff angewiesen. „Da geht das mit dem Schimmel gar nicht.“
Auch Gerda Oschmann hat starke Probleme mit Schimmel in ihrer Wohnung. Im Bad löst sich die Tapete, darunter braune Flecken und in ihrem Nähzimmer ist ein großer Bereich mit schwarzen Schimmelflecken überzogen. „Eigentlich schläft mein Enkel hier, wenn er zu Besuch ist“, sagt die 70-Jährige. „Das kann ich ihm gar nicht mehr guten Gewissens zumuten.“ Brigitte Walewitz hat bislang zum Glück noch keinen Schimmelbefall, aber ein undichtes Fallrohr am Balkon. „Ich habe die Hausverwaltung deshalb mehrfach angeschrieben“, sagt die 61-Jährige. „Keine Reaktion.“
Mieterschutz eingeschaltet
Samstags gibt es eine Sprechstunde der Verwaltung im Haus. „Da sind wir mal mit allen hin“, berichtet Margaret Wagner. „Und haben zu hören bekommen, dass die Dame nicht zuständig ist und wir doch zum Mieterschutz gehen sollen.“ Die Seniorin ist schon lange im Mieterschutz und hat diesen umgehend eingeschaltet. Doch auch diese Briefe seien unbeantwortet geblieben, die Fristen seien ohne Lösung verstrichen. „Ich verstehe nicht, warum die Stadt nicht eingreift“, sagt Brigitte Walewitz kopfschüttelnd. „Immerhin sind die Wohnungen hier doch öffentlich gefördert.“ Wenn die Frauen sich andere Wohnungen leisten könnten, wären sie schon längst umgezogen, sagen sie.
Eine Nachfrage bei der Stadt Herne ergab, dass diese von den Missständen keine Kenntnisse habe und den Fall umgehend prüfe. „Unsere Mitarbeiter waren vor Ort und haben sich alles angesehen“, sagt Sprecher Michael Paternoga anschließend. Die Stadt habe die Hausverwaltung angewiesen, die Wärmepumpe schnellstmöglich zu reparieren und auch dafür zu sorgen, dass kein Wasser mehr auf dem Dach steht. „Wir haben ein Auge darauf, was da passiert und werden dranbleiben.“
Mittlerweile hat Margaret Wagner wieder heißes Wasser. „Es tut sich etwas im Haus.“ Ein Handwerker sei vor Ort gewesen, habe den Schimmel zunächst ausgepinselt: „Die Ursache ist das Dach, aber das soll jetzt gemacht werden.“ Auf Nachfrage der Redaktion beim Eigentümer, der Rhein-Ruhr Invest GmbH, heißt es, dass ihnen an einem einvernehmlichen Mietverhältnis sehr gelegen sei und dass die Hauptursache für die lange Dauer der Instandsetzung der Heizungsanlage die Lieferzeit der Ersatzteile sei. Die übrigen Mängel wie der Schimmel seien der Rhein-Ruhr Invest erst am 6. Juli gemeldet worden.
Das sagen die Eigentümer (komplette Stellungnahme)
„Seit dem Objektankauf im Jahr 2018 hat die HFO GmbH & Co. KG Ausgaben für Instandhaltungsmaßnahmen, Investitionen sowie für Reparaturkosten in Höhe von über einer Millionen Euro getätigt. Neben den regulierten Mängeln in den Mieteinheiten zählen hierzu beispielsweise die technischen Modernisierungen der drei vorhandenen Aufzugsanlagen sowie über 50 Badsanierungen. Altersbedingte Mängel an den Dächern und Fenstern werden fortlaufend instandgesetzt. Eine energetische Sanierung dieser Wohnanlage ist für die Zukunft geplant.
Ihre Darstellung hinsichtlich der Mieter entspricht nicht den Gegebenheiten: alle drei Schadensmeldungen sind in Bearbeitung, die letzten beiden unverzüglich nach Bekanntgabe seit Dienstag, den 6. Juli 2021. Für die vorhandenen schriftlichen Mangelmeldungen wurden für Freitag, den 9. Juli 2021 Termine zur Begutachtung und anschließender Behebung vereinbart.
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Bei Heizungsanlagen über 100 KW handelt es sich nicht um Lagerware. Diese werden in der Regel nur auf Bestellung produziert. Dieser Umstand, die aktuelle Corona-Lage und Urlaubszeit, verursachen bedauerlicher Weise unabwendbare Lieferengpässe sowie Verzögerungen bei der Produktion der Anlagen. In dem Objekt befinden sich drei Heizungsanlagen mit einer Leistung von je 300 KW. Eine dieser Heizungsanlagen ist aktuell defekt. Der Austausch der Heizungsanlage wurde beauftragt. Wir befinden uns im laufenden Austausch mit der Heizungs- und Sanitärfachfirma sowie dem Hersteller und gehen davon aus, dass der Austausch bis Ende des Monats erfolgt sein wird.
Auch die von anderen Heizungs- und Sanitärfirmen vorgeschlagene einfache Lösung durch den vorübergehenden Einsatz eines „Hotmobils“ ist in diesem Objekt aufgrund von baurechtlichen und brandschutztechnischen Gründen nicht möglich. Aus diesem Grund mussten wir eine aufwendige Ersatzlösung mit einer mobilen Elektroheizzentrale umsetzen.“