Herne. Dass künftig in NRW nur das infizierte Kind in Quarantäne soll, sehen Herner Schulleiterinnen zum Teil skeptisch. Es gibt aber auch Befürworter.

Die gelockerten Quarantäneregeln in NRW sorgen bei Schulleiterinnen und Schulleitern in Herne am Mittwoch für Verwirrung und Skepsis. Erst am Montagabend hatten sich die Gesundheitsminister der Länder auf bundeseinheitliche Regeln geeinigt. Diese sahen vor, dass künftig die direkten Sitznachbarn eines infizierten Kindes in Quarantäne geschickt werden, aus der sie sich aber nach fünf Tagen mittels eines PCR-Tests freitesten können. Diese Informationen hat Katharina Rodermund, Schulleiterin der Gesamtschule Wanne-Eickel, auch am Dienstagnachmittag noch vom Gesundheitsamt erhalten, sagt sie am Mittwochmorgen gegenüber der WAZ. „Daran halte ich mich jetzt auch erstmal.“

Am Dienstagabend hat NRW sich aber bereits entgegen der bundeseinheitlichen Regel dafür ausgesprochen, nur die tatsächlich infizierten Kinder in Quarantäne zu schicken und nicht die Sitznachbarn. Nur in Ausnahmefällen - also wenn mehr Kinder und Jugendliche infiziert sind - sollen auch die Kontaktpersonen in Quarantäne. Diese können sich dann nach fünf Tagen freitesten. Katharina Rodermund würde eine solche Regel begrüßen: „Ich wäre dafür, nur Infizierte nach Hause zu schicken“, betont sie. Das Sitzumfeld sollte dann, wie sie findet, in den kommenden fünf Tagen aber jeden Tag einen Schnelltest machen. „Das können wir auch hier in der Schule machen.“

Herne: Sitznachbarn hätten sich zuletzt kaum angesteckt

Ein Freitesten nach fünf statt nach 14 Tagen - wie es bundeseinheitlich eigentlich auch entschieden wurde - hätte Nicole Nowak, Schulleiterin des Haranni-Gymnasiums, gegenüber der gänzlichen Aufhebung der Quarantäne für Sitznachbarn bevorzugt. „Das wäre eine gute Kompromisslösung.“ Eine Quarantäne „mit Augenmaß“ findet sie wichtig. Die Erfahrungen hätten gezeigt, dass sich in der Schule kaum Kinder angesteckt hätten; wie sich die Situation aber nun mit der Delta-Variante entwickele, wisse man noch nicht.

Ein Freitesten nach fünf Tagen Quarantäne wäre auch Sylke Reimann-Pérez, Leiterin der Gesamtschule Mont-Cenis, lieber gewesen. „Wir hatten schon den Fall, dass ein Kind positiv getestet wurde, die Sitznachbarn nach Hause geschickt wurden und dann drei Tage später auch positiv waren“, sagt sie. Solche Fälle könnten durch eine verkürzte Quarantäne mit anschließendem Freitesten entdeckt werden. „In NRW ist man aber plötzlich doch nicht einheitlich“, stellt sie fest.

Schulleiterin Sylke Reimann-Perez hat ein „mulmiges Gefühl“, wenn nur die infizierten Kinder in Quarantäne müssen.
Schulleiterin Sylke Reimann-Perez hat ein „mulmiges Gefühl“, wenn nur die infizierten Kinder in Quarantäne müssen. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Wenn auch die direkten Sitznachbarn ohne Quarantäne weiter zur Schule dürften, bereite ihr das „ein mulmiges Gefühl“. Vor allem dann, wenn die Kontaktpersonen noch nicht geimpft seien. Auch bei ihr sind am Mittwoch aber noch einige Fragen offen: „Ich habe noch nicht verstanden, wer vermehrt getestet werden soll, nur die Sitznachbarn oder alle Kinder?“

Schulleitungen durch neue Quarantäneregel entlastet

Bisher warte sie noch auf eine Verfügung vom Schulministerium. Sie erhofft sich durch die Regel zumindest eine Entlastung - nicht nur für die Gesundheitsämter, sondern auch für die Schulleitungen. Denn bisher hätten bei einem positiven Fall sämtliche Sitzpläne aus allen Kursen durchgeschaut werden müssen, die das infizierte Kind besucht hat, um die Sitznachbarn zu bestimmen.

Ralf Sagony, Schulleiter am Emschertal-Berufskolleg, befürwortet die Lockerung bei der Quarantäneregel. Vor allem bei der Zusammenarbeit mit den ausbildenden Betrieben sei die 14-tägige Quarantäne nicht unproblematisch gewesen: „Die Betriebe sind grundsätzlich besorgt, dass Schüler, wenn sie einmal in der Schule waren, dann im Betrieb ausfallen.“ Und das, obwohl es in der Vergangenheit in den seltensten Fällen tatsächlich bei Sitznachbarn zu einer Ansteckung gekommen sei.

Bei 1800 Schülerinnen und Schülern am Emschertal-Berufskolleg habe es in der vergangenen Woche fünf positive Tests gegeben. „Das Risiko ist abschätzbar“, findet Ralf Sagony. Außerdem seien immer mehr Schüler geimpft oder genesen.