Herne. Mit einem Online-Spiel will das Herner LWL-Museum junge Besucher erreichen. „Digital Natives“ helfen als Baumeister beim Entwickeln.
Das Herner Museum für Archäologie ist in puncto Digitalisierung weit vorne. Die digitalen Führungen laufen gut, und auch mit holografischen Vitrinen und Augmented Reality (AR) macht der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) schon Erfahrungen in der Ausstellung. Ein weiteres großes Digital-Projekt hat begonnen,„Blackbox Archäologie“nennt es sich: Im Verbund mit zwei weiteren Museen des LWL, dem Römermuseum in Haltern und dem Bergbaumuseum in Bochum, entwickelt das Herner Museum ein Online-Spiel und digitale Anwendungen. 15 zumeist junge Menschen aus ganz Deutschland machen mit - als „Baumeisterinnen“ und „Baumeister“. Eine von ihnen kommt aus Herne.
Junge „Baumeister“ und „Baumeisterinnen“ gesucht
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Der vollständige Titel des Projekts, „Museum als CoLabor: Öffne die Blackbox Archäologie!“, deutet schon an, was hier erprobt werden soll. Anders als üblich stecken nicht nur die Experten aus den Museen ihre Köpfe zusammen. Gesucht wurden für das vom Bund geförderte Projekt junge Erwachsene, Auszubildende und Studierende aller Fachrichtungen und Fans von Brett- und Computerspielen, interessiert an Digitalem, Archäologie, Geschichte oder Design. Mit ihrer Hilfe soll ein junges Publikum über neue Formate wie das Online-Spiel für die Archäologie gewonnen werden. Denn auch im Archäologiemuseum sind Besucher zwischen Schüleralter und Familiengründung seltene Gäste.
87 Menschen haben sich für eine ehrenamtliche Mitarbeit beim Digitalprojekt „Blackbox Archäologie“ beworben. Angenommen wurden die kreativsten Köpfe, vor allem aus den Studiengängen Archäologie, Geschichte, Sozial-, Medien- oder Naturwissenschaften, aber auch Berufstätige. Die Teilnehmer sind überwiegend in den 1990er-Jahren geboren und mit digitalen Medien groß geworden, der Älteste ist 65. Projektleiterin Anika Ellwart (39): „Unsere Baumeister und Baumeisterinnen bewegen sich ganz selbstverständlich in den Sozialen Medien und im Netz, spielen regelmäßig Computerspiele, haben zum Teil schon virtuelle Ausstellungen und 3-D-Modellierungen umgesetzt oder Computerspiele programmiert.“
Spielerisch Wissen über Archäologie vermitteln
Vom Bund gefördert
Das Projekt „Blackbox Archäologie“ läuft seit 2020 und soll bis Ende 2023 abgeschlossen sein. Es wird gefördert im Programm „Kultur Digital“ der Kulturstiftung des Bundes. Das Programm „Kultur Digital“ will Kultureinrichtungen motivieren und sie darin unterstützen, die digitalen Möglichkeiten und Herausforderungen der Gegenwart mitzugestalten und ihnen kreativ und kritisch zu begegnen. Laut Programmbeschreibung haben bisher in Deutschland erst wenige Kultureinrichtungen digitale Konzepte und Angebote erarbeitet. Oft fehle das fachliche Know-how, um die meist hochdynamischen digitalen Techniken und Angebote zu beurteilen und zu nutzen.
Ihr Know-How will das Projekt nutzen, um andere aus der Altersgruppe zu gewinnen und ihnen spielerisch Wissen über die archäologische Praxis zu vermitteln. Wie genau das Spiel funktionieren wird, ob browserbasiert oder über eine App, ist noch genauso wenig klar wie die Geschichte, die die Spieler in ihrer Rolle erleben sollen. Sicher sei jedoch schon, sagt Doreen Mölders, Leiterin des Museums, dass sich die Spielenden an einer Stelle des Geschehens ins Museum begeben, wo ihnen in der Ausstellung Elemente von „Augmented Reality“ (AR) oder „Virtual Reality“ (VR) begegnen.
Chiara Oppedisano (22) ist eine der 15 „Digital Natives“ aus dem Team. Sie studiert Medien- und Sozialwissenschaften im Masterstudiengang und lebt im Herner Süden. Auf die Ausschreibung ist sie zufällig gestoßen. „Die Archäologie ist nicht mein Interessenschwerpunkt“, sagt sie, und die „klassische Zockerin“ sei sie auch nicht, spiele aber gerne. Trotzdem war sie neugierig und findet es inzwischen sehr spannend, an dem Konzept mitzuarbeiten, mit einer bunten Truppe, bei der die Chemie absolut stimme. Sogar virtuelle Spieleabende wurden schon veranstaltet.
Auch die Arbeit mit dem Team sei sehr anregend und geschehe auf Augenhöhe. Start war im April. Bisher liefen die Treffen online - sogar Anika Ellwart und Chiara Oppedisano kannten sich bisher nur vom Bildschirm. Um ein bisschen Nähe in die Online-Treffen zu bringen, wurde übrigens für die Beteiligten eigens eine virtuelle „Welt“ gebaut, genannt „Gather.Town“, mit mehreren „Räumen“, die die Avatare der Teilnehmer aufsuchen können. Neben den Baumeistern, die es ins engere Team geschafft haben, sind auch die übrigen Bewerber mit dem Projekt verbunden geblieben. Sie sind so genannte „Expert/innen“ und testen, was die anderen entwickeln. Gesteuert wird der Prozess von der Digital-Agentur Neeeu aus Berlin.
„In dieser Form zusammenzuarbeiten ist nicht nur für uns neu“, erklärt Museums-Leiterin Doreen Mölders. „Es gibt nicht viele deutsche Museen, die in der Entwicklung von Digitalangeboten auf Bürger-Engagement, also Kollaboration, und Laborcharakter setzen.“ Verantwortung abzugeben, sei ungewohnt, aber: „Wir lernen unser Publikum besser kennen und deren Wünsche.“