Herne. Ab dem 1. Juli sind in NRW-Altenheimen wieder Körperkontakte und sogar Besuche in den Zimmern möglich. Warum dies in Herne auf Kritik stößt.
Die zum 1. Juli in Altenheimen in Kraft tretenden Lockerungen lösen in Herne Befremden, Sorgen und auch Entsetzen bei Verantwortlichen aus. Roberto Gentilini, SPD-Ratsherr und Einrichtungsleiter im Seniorenheim Protea Care in Baukau, schlug in der jüngsten Sitzung des Sozialausschusses und anschließend auch gegenüber der WAZ Alarm. „Das ist hochriskant. Ich kann das nicht nachvollziehen und habe Angst vor der Umsetzung“, sagte er.
Baukauer Einrichtung richtet Appell an Angehörige
Hintergrund: Die Landesregierung erlaubt ab Juli in Pflegeheimen körperliche Kontakte, wenn dabei ein Mund-Nasen-Schutz getragen wird und die Hände „ausreichend desinfiziert“ wurden. Und: Bewohner können von Angehörigen und Freunden sogar wieder auf den Zimmern besucht werden.
Als „hochriskant“ bezeichnete Gentilini diese Lockerungen. Seine Einrichtung werde weiterhin Zimmer vorhalten, in denen Bewohner sich mit ihrem Besuch treffen und dabei den notwendigen Abstand einhalten könnten. „Wir werden an die Angehörigen appellieren, diese Räume zu nutzen“, so der Sozialdemokrat. Auch der Bewohnerbeirat von Protea Care stehe hinter dieser Linie.
DRK-Chef hat „kein gutes Bauchgefühl“
Im Sozialausschuss versuchte Roberto Gentilini vergeblich, Sozialdezernent Johannes Chudziak zu einer deutlichen Absage an die Lockerung zu bewegen. Mehr als ein „ich finde das persönlich schwierig“ ließ sich der Dezernent trotz des Drängens des SPD-Ratsherrn nicht entlocken. Auch andere Sitzungsteilnehmer brachten Gentilini auf die Palme. CDU-Fraktions-Chefin Bettina Szelag verwies zum Ärger des Sozialdemokraten auf die „persönliche Verantwortung“ jedes Einzelnen. Sauer war der Sozialdemokrat zudem auf den Ausschussvorsitzenden Volker Bleck (SPD), weil dieser die Diskussion am Ende der Sitzung aus formalen Grünen beendete.
Ebenfalls mit Sorge beurteilte Hernes-DRK Chef Martin Krause auf Anfrage der WAZ die anstehenden Lockerungen: „Ich habe dabei kein gutes Bauchgefühl.“ Er könne nachvollziehen, dass sich alle wieder freier bewegen wollten. Viele Angehörige und Bewohner verhielten sich zwar sehr verantwortungsvoll, doch schon das Fehlverhalten eines einzelnen Menschen könne direkte Auswirkungen auf eine gesamte Einrichtung haben, so Krause. Bei den jetzt verkündeten Lockerungen handele es sich allein um eine politische Entscheidung. Das DRK betreibt in Herne ein ambulantes und drei stationäre Pflegeheime sowie eine Tagespflege. loc