Herne. Zum Monatsende schließt der „Schnittpunkt“ an der Freiligrathstraße. Rolf Buchwalds Friseursalon war 25 Jahre lang auch als Kulturort bekannt.

Unten klappert die Schere, oben wird Musik gemacht, getanzt, gelesen, gelacht und gefeiert. So kannte man den „Schnittpunkt“, Hernes ersten und einzigen Kultur- und Szene-Friseur, aufgebaut und mit Herz betrieben von Rolf Buchwald. Nach 25 Jahren in dem Rundbau an der Freiligrathstraße räumt Buchwald jetzt zum Monatsende den Salon. Kein leichter Schritt für den 58-Jährigen, der gesteht: „Ich habe echt Tränen vergossen.“

Zu viele Friseure in der Herner Innenstadt

Zehn Jahre Helmut Sanftenschneiders „NachtSchnittchen“: Das Jubiläum wurde im März 2015 im „Schnittpunkt“ an der Freiligrathstraße gefeiert. Buchwald übernahm den Laden 1994 von einer chemischen Reinigung.
Zehn Jahre Helmut Sanftenschneiders „NachtSchnittchen“: Das Jubiläum wurde im März 2015 im „Schnittpunkt“ an der Freiligrathstraße gefeiert. Buchwald übernahm den Laden 1994 von einer chemischen Reinigung. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener


Ganz überraschend kam die Entscheidung nicht, zeichnet sich doch seit langem ein Trend ab, dessen Auswirkungen auch Buchwald spürt. „In den letzten zehn Jahren hat sich die Zahl der Friseure in der Herner Stadtmitte gefühlt verdoppelt.“ Und einige von ihnen treten mit Preisen auf, gegen die Buchwald nicht anschneiden kann. Wer seine Angestellten vernünftig bezahle, „kann keinen Haarschnitt für zehn Euro machen“, sagt der Friseur. Mit 14 Angestellten wie in der Anfangszeit und auf beiden Etagen arbeitet er schon lange nicht mehr. Seit 15 Jahren findet das Tagesgeschäft ausschließlich auf den 100 Quadratmetern im Erdgeschoss statt.

Wer abends kam, stieg die Treppe hinauf in die Kulturetage, wo über die Jahre so einiges ausprobiert wurde. Helmut Sanftenschneiders „Nachtschnittchen“ sind hier zum ersten Mal geschmiert und serviert worden. Sieben Jahre hat der Moderator und Entertainer im „Schnittpunkt“ seine Comedy Mixed Show präsentiert, mit Künstlern wie Johann König oder Olaf Schubert, bevor er das Format auf weitere Ruhrgebietsbühnen ausdehnte. Selbst Congaspieler in der Band „Romancero Gitano“ lud Buchwald zu Spanischen und Kubanischen Nächten ein. Geld habe er damit nicht verdient, die Kultur als „Publicity“ für seinen Laden aber gerne genutzt.

Breites Spektrum an Kulturveranstaltungen

Die Band Devotion 2018 bei einer 80er-Jahre-Party im „Schnittpunkt“.
Die Band Devotion 2018 bei einer 80er-Jahre-Party im „Schnittpunkt“. © Funke Foto Services GmbH | Rainer Raffalski


Das Spektrum war breit und reichte von der „Weihnachtsmetzgerei“ des Herner Comedy-Duos „Der Telök“ über Ausstellungen, Konzerte und Lesungen bis zu Zaubershows mit „Magic Armin“, nicht zu vergessen Salsa- und andere Tanzkurse. „Wie viele tolle Menschen ich da kennengelernt habe“, schwärmt Buchwald über die Begegnungen mit Künstlern und Besuchern. „Eine echte Bereicherung meines Lebens.“ In den letzten Jahren lud regelmäßig das Kulturell-Alternative Zentrum (KAZ) in den „Schnittpunkt“ ein, zu Konzerten und Lesungen.

Mit all dem ist nun Schluss. Den Salon an der Freiligrathstraße übernimmt eine Friseurin aus Gladbeck. Rolf Buchwald selbst hat sich mit zwei neuen Läden in Richtung Peripherie bewegt. Seit September 2017 betreibt er ein Geschäft in Börnig, wo er aufgewachsen ist, nur ein paar Meter weiter an der Dorfstraße wohnt er heute. In dem Salon bekam er selbst als Zehnjähriger einen „Prinz-Eisenherz-Schnitt“ verpasst. Im Dezember 2018 richtete er einen weiteren Laden an der Forellstraße auf dem neuen Seniorencampus in Baukau ein. Dort sind auch seine langjährigen Kolleginnen Tanja van Gils und Andrea Kühl künftig zu finden. Der Chef selbst will seine Arbeitswoche zwischen Börnig und Baukau aufteilen.

Kultur ist auch im Baukauer Salon denkbar

In Baukau kann sich Rolf Buchwald sogar eine Zukunft als Kulturanbieter vorstellen. „Wir haben da einen relativ goßen Eingangsbereich“, erklärt er. Für ein nicht ganz so großes Publikum wäre dort Platz - „Singer-Songwriter, Kammermusik oder Lesungen“ sieht Buchwald dort. Geld verdienen will er auch damit nicht, sondern ein Projekt initiieren, das ihm am Herzen liegt. Mit seinem Schwiegersohn - er stammt aus Guinea - will er einen Verein gründen, um in dessen Heimat eine Dorfschule aufzubauen. Buchwald hat die Familie besucht und war begeistert. „Dazu möchte ich einen kleinen Beitrag leisten.“