Herne. Im Vorfeld gab es für den Moskauer Circus viel Kritik, da Wildtiere Teil der Vorstellung sind. Nun feierte das Ensemble Premiere in Herne.
„Manege frei“ hieß es am Samstag auf dem Cranger Kirmesplatz für das rund 70-köpfige Ensemble des Moskauer Circus. Wenn auch im Vorfeld kontrovers diskutiert, ist die Tiger-Nummer der Höhepunkt des Abends: Dompteur Raphael Markus Korittnig führt einen der drei bengalischen Tiger – hinter hohen Zäunen vom Publikum abgegrenzt – zu einem Hocker, das Tier nimmt hörig Platz. Ein zweiter Tiger soll über den in der Mitte sitzenden Artgenossen springen. Der Tiger faucht, präsentiert seinen riesigen Kiefer. Der Dompteur geht einen Schritt auf die Raubkatze zu, gibt ihr ein Zeichen. Elegant springt der Tiger, überwindet die Hürde scheinbar mühelos. Korittnig wirkt zufrieden.
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In bunten Kostümen eröffnen die Artistinnen und Artisten in Herne die Premiere. Die Vorstellung wird unter dem Programmtitel „One World“ gezeigt. „Im Zirkusgeschäft lernt man früh, dass dies Zusammenhalt bedeutet“, erklärt Zirkusdirektor Gino Frank. „Unsere Artisten vertreten elf Nationen, wir sind im Herzen bei den Ukrainern.“ Als Zeichen des Friedens wehen vier ukrainische Flaggen über dem Zirkuszelt. Eine Auszeit vom Weltgeschehen, mal andere, fröhliche Gedanken sollen dem Publikum beschert werden.
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Moskauer Circus in Herne: Akrobatik in luftiger Höhe
Am Vertikalseil präsentiert die 16-jährige La Toya Frank ihr Talent. Mit Leichtigkeit schwingt sie durch die Lüfte. Die 48-jährige Mutter und Zirkusbetreiberin Leyla Frank ist ihr Vorbild. Frank selbst war seit ihrem 14. Lebensjahr am Vertikalseil aktiv. In der Luft ist aber nicht nur ihre Tochter La Toya zu sehen. Auch Sohn Sascha Frank zieht es in die Höhe. Mit einem Lächeln im Gesicht und routiniert gibt der junge Artist sich an den „römischen Strapaten“. Einhändig bringt er seinen Körper beispielsweise in die Horizontale oder glänzt mit Drehungen.
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Fliegen auf eine ganz andere Art gibt es beim Moskauer Circus mit der „Tonitos-Family“ zu sehen. Zwei Artisten balancieren synchron über die Drahtseile. Über den dünnen Draht zu gehen, das ist das eine – darauf etwa Seil zu springen, etwas ganz anderes. Und damit nicht genug: Einer der Zirkusartisten wagt auf dem Seil einen Salto rückwärts.
Artist: In Russland laut Zirkusbetreiber Gino Frank ein anerkannter Beruf
Während der Umbauphasen sorgt das Clownspaar „Red & Blue“ mit Komik für Unterhaltung. „Huhu! Huhu“, rufen sie immer wieder. Die beiden bringen neben einer Lichtershow und Seifenblasen heitere Interaktionen mit ins Publikum. Das haben sie in Zirkusschulen gelernt, berichtete Zirkusbetreiber Gino Frank, der durch den Abend führt. Sowohl in der Ukraine als auch in Russland, erklärt er weiter, sei der Zirkusartist ein anerkannter Beruf.
„Mir hat die Vorstellung sehr gut gefallen. Es ist erstaunlich zu sehen, was die Artisten können. Besonders die Zaubershow hat mich beeindruckt“, sagt Zuschauerin Katharina Kusnezow. Sie ist sichtlich verblüfft nach dem Auftritt von „Magic Luna“. Nicht nur als sich der Zauberer durch einen rotierenden Ventilator quetscht, sondern auch, als er vier Frauen aus dem offensichtlichen Nichts einer geöffneten Kiste in die Manege zaubert.
In einer weiteren Tier-Nummer präsentiert Julia Hajdu aus Ungarn ihre fünf Papageien. Einer der Vögel fliegt eine Runde über die Köpfe der Besucher. Ein blau-rot gefiederter Papagei schiebt einen grünen Papageien, in einem kleinen Einkaufswagen sitzend, über einen Balken auf die andere Seite der Manege.
Wildtiere im Zirkus: geteilte Meinungen im Publikum
„Mir hat die Vorstellung gut gefallen“, erklärt die 7-jährige Lea Maler. Gemeinsam mit ihrem Bruder und ihren Eltern hat sie die Vorstellung besucht. „Ich fand die Tiger stark“, sagt Bruder Elias. Wildtiere im Zirkusgeschäft sorgen immer wieder für Kritik, zuletzt setzte sich die Tierschutzorganisation Peta mit einer öffentlichen Mitteilung gegen den Einsatz von Wildtieren im Moskauer Circus ein. „Ich gehe mit meinen Kindern gerne in den Zirkus, damit sie die Wildtiere aus nächster Nähe erleben“ sagt Sabine Maler. „Wann sehen sie sonst denn mal einen Tiger? Das ist ja irgendwie Tradition.“
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Besucher Michael Hofmeier sieht das anders. „Ich gehe in den Zirkus, um die Tiere zu sehen, allerdings steckt hinter dem Zirkusgeschäft weitaus mehr. Ich denke, dass ständige Ortswechsel oder auch die kleinen Gehege für Stress sorgen.“
Für Zirkusdirektor Gino Frank gehören die Wildtiere klar dazu: „Wir halten uns strikt an die Richtlinien und auch das Veterinäramt kontrolliert ständig das Wohlergehen unserer fünf Tiger und sieben Papageien.“ Er selbst findet die Kritik unverständlich. Dompteur Markus Raphael Korittnig sei professionell ausgebildet worden und kenne die Tiere wie kein anderer. „Es gibt immer Pro und Contra. Ist denn das Halten von Haustieren wie Vögeln in kleinen Käfigen artgerecht“, sagt der 33-Jährige. „Außerdem erhalten wir die Arten. In der Wildnis werden die Tiger maximal fünf Jahre alt, bei uns 15.“
>>> Termine, Tickets und mehr
- Der Moskauer Circus gastiert bis zum Sonntag, 24. April, in Herne, danach geht es nach Dorsten. Im November steht der Weihnachtszirkus in der Heimatstadt Augsburg an.
- Weitere Vorstellungen: Sonntag um 17 und 19.30 Uhr, Montag bis Donnerstag um 17 Uhr (am Donnerstag, 24. April, nur um 11 Uhr). Preise zwischen 20 Euro (Rang) und 40 Euro (VIP-Loge), Kinder zwischen 15 und 40 Euro. Dienstag und Mittwoch alle Plätze 15 Euro (außer Loge), am Samstag zahlen Erwachsene Kinderpreise. Tickets gibt es unter www.eventim.de, www.staatscircus.eu oder telefonisch unter 0170 20 38 633.