Herne. Spontaneinkäufe und Shopping nach Lust und Laune: Das war einmal. Die WAZ hat Passanten in Herne gefragt, wie sie in der Pandemie einkaufen.
Die Corona-Schutzbestimmungen treiben auch in Herne ihre Blüten: Los ging es im Frühjahr 2020 mit der Einkaufswagen-Pflicht für jeden einzelnen Kunden im Supermarkt – auch für fünfköpfige Familien. Darüber ärgerte sich aber niemand, vermutlich weil die Wagen beim Transport der Unmengen an Toilettenpapier hilfreich waren. Die Corona-Warn-App sollte damals Sicherheit garantieren, stattdessen folgten jedoch Lockdown und Lockdown light und die Menschen bestellten massenweise Waren online.
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Dann lockte der stationäre Handel mit Click & Collect, so lang – beziehungsweise kurz – bis die Politik wieder das Betreten der Geschäfte erlaubte, nicht ohne die maximale Kundenzahl zu beschränken. Seitdem gibt es Zeitfenster zum Einkaufen. Lieferdienste wie Picnic und Flaschenpost schossen derweil aus dem Boden – innovativ zwar, doch oftmals ziemlich problembehaftet: Picnic beispielsweise konnte sich bisher offenbar nicht auf die enorme Nachfrage einstellen. Deshalb müssen Neukunden bis zur ersten Bestellmöglichkeit mitunter wochen-, wenn nicht sogar monatelang warten.
Kürzlich startete das bundesweite Teststrategie-Konzept: Einkaufen im Non-Food-Sektor ist nun nur noch mit Termin und tagesaktuellem negativen Corona-Testergebnis möglich. Hat das alles den Hernern die Shoppinglaune verhagelt? Hat sich ihr Einkaufsverhalten verändert? Die WAZ hat auf der Bahnhofstraße nachgefragt.
Christian Göhring, 38
„Man muss heutzutage viel mehr Zeit einplanen, weil man für jeden Einkaufstag einen frischen Coronatest braucht. Click & Collect haben wir schon öfter genutzt, dabei gab es aber auch Probleme: Mal kam online keine Terminbestätigung, einen zweiten Termin am selben Tag auszumachen war aber gar nicht möglich, mal wurde mein Termin nicht ans Geschäft übertragen und dann kam ich gar nicht rein! Anziehsachen kaufen wir deshalb nur noch online, die Händler tun einem natürlich leid.“
Julia Zimmer, 26
„Vor vier Monaten haben wir uns bei Picnic angemeldet und sind derzeit auf dem Warteplatz 3700, unfassbar! Wir kaufen mittlerweile alles bis auf Babysachen, Medikamente und Lebensmittel online. Für den Supermarkt erstellen wir einen mehrtägigen Essensplan. Wenn wir was vergessen haben, verzichten wir oft darauf, anstatt noch mal zu gehen. Beim Einkaufen merkt man nämlich, dass die Leute nachlassen: Desinfektionsmittelspender sind oft leer oder defekt, viele halten kaum Abstand.“
Jens Fasen, 58
„Heute kaufe ich viel seltener und auf Vorrat ein: Nur noch einmal die Woche und zwar samstags, früher bin ich viel häufiger einkaufen gegangen. Richtiges Shopping entfällt ja sowieso ganz! Früher mochte ich das Bummeln und Umgucken, jetzt geht Einkaufen nur noch gezielt. Anziehsachen kaufe ich mittlerweile bei Toom, weil ich da keinen Schnelltest brauche. Click & Collect habe ich noch nie genutzt, da muss ich mich ja vorher festlegen, was ich will – das ist nicht mein Ding.“
Magarete Grüger, 81
„Wir kaufen nun insgesamt viel geplanter ein als früher: Lebensmittel besorgen wir nur noch einmal die Woche – meistens mittwochs mittags, weil es dann nicht so voll ist. Heute war ich in der Drogerie und ich habe Blumen gekauft, aber als ich in einem Laden Paketklebeband kaufen wollte, wurde ich aufgehalten, jetzt muss ich nur dafür einen Corona-Test machen! Ständig ändern sich die Bestimmungen, mal braucht man einen Termin, mal nicht. Irgendwie fühlt man sich da veräppelt!“
Gisbert Andrejewski, 67
„Mir ist die Shoppinglust vergangen, das habe ich schon seit einem Jahr nicht mehr gemacht! Es stört mich, dass ich einen Termin und Test machen muss. Das ist zu viel Aufwand, so geht doch jede Spontanität verloren und die ist mir beim Einkaufen wichtig! Die Händler haben es schwer, aber das ist ein Versäumnis der Politik. Lebensmittel haben wir vorher je nach Angebot in verschiedenen Läden gekauft, jetzt kaufen wir möglichst nur noch einmal die Woche in einem Supermarkt ein.“
Sigrid Gerke, 65
„Ich gehe heute viel gezielter Lebensmittel einkaufen und früh: Zwischen Viertel nach acht und halb neun geht’s zum Supermarkt, weil dann weniger los ist. Ich kaufe auch viel auf dem Wochenmarkt, weil an der frischen Luft die Infektionsgefahr geringer ist. Kleidung kaufe ich zur Zeit gar nicht. Ansonsten versuche ich immer vor Ort zu kaufen, damit möchte ich die Händler unterstützen und das Klima schützen. Erst wenn ich hier nichts finde, kommt ein Onlinekauf für mich infrage.“
Ridvan Demir, 27
„Ich bin selbstständig und den ganzen Tag im Geschäft, mir fehlt die Zeit, vor dem Shoppen auch noch einen Corona-Test zu machen. Deshalb gehe ich gar nicht mehr einkaufen. Ich merke auch bei meinen Kunden, dass sie abgeschreckt sind: Die lesen das Hinweisschild „Nur mit Negativ-Test“ und gehen sofort weiter! Eigentlich bin ich Kunde bei Picnic, nutze es aber zur Zeit nicht, da die Lebensmittel dort teurer sind – durch meine hohen Umsatzeinbußen muss ich auf jeden Cent achten.“