Herne. Die ruinösen Hallen der früheren Schraubenfabrik Knipping-Dorn sollen in Kürze abgerissen werden - für den OB ein weiteres Stück Stadtreparatur.

Das Areal der ehemaligen Schraubenfabrik Knipping-Dorn liegt seit Jahrzehnten im städtebaulichen Koma. Seit dem Aus hat sich nichts mehr getan - verschiedene Ideen scheiterten früh. Nun verkündet die Stadt, dass in Kürze der Abbruch der alten Hallen beginnt. Das ebnet den Weg für eine neue Wohnbebauung. Oberbürgermeister Frank Dudda blickt aber auf den gesamten Bereich in der Nähe des Herner Bahnhofs.

Grundlage des Abbruchs sei ein entsprechender Sanierungsvertrag zwischen dem Grundstückeigentümer und der Deutschen Reihenhaus, so Baudezernent Karlheinz Friedrichs. Die Aufgabe sei recht komplex, da das Gelände auf Grund seiner industriellen Historie Bodenbelastungen aufweist. Deshalb gebe es genau festgelegte Schritte, welcher Boden wann und wo ausgetauscht werden muss und welche weiteren Sicherungsmaßnahmen geschehen müssen.

Nach der Beseitigung der Vergangenheit richtet sich der Blick in die Zukunft. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Deutsche Reihenhaus. Das Unternehmen hat bereits im September 2020 einen ersten städtebaulichen Entwurf vorgestellt, bei dem 98 Reihenhäuser auf dem Gelände entstehen. Die Wohneinheiten sollen in lockerer Bebauung entstehen. Die Anlage soll über die Eschstraße erschlossen werden, der innere Bereich wird verkehrsberuhigt sein. Der Grünflächenanteil werde bei mehr als 50 Prozent liegen, zurzeit ist die Fläche fast komplett versiegelt.

Im Rahmen der Aufstellung des Bebauungsplans wird dieser erste Entwurf verfeinert, das Verfahren könnte Mitte des kommenden Jahres abgeschlossen sein. Dann dürfte die Deutsche Reihenhaus auch in die Vermarktung gehen. Der übliche symbolische erste Spatenstich könnte im Jahr 2024 geschehen.

Die 65 Reihenhäuser im Herner Wohnpark „Altes Beien-Gelände“ waren schnell vergriffen.
Die 65 Reihenhäuser im Herner Wohnpark „Altes Beien-Gelände“ waren schnell vergriffen. © FUNKE Foto Services | Alexa Kuszlik

Für den Oberbürgermeister ist die Entwicklung der Knipping-Dorn-Fläche deshalb so wichtig, weil er beim Wohnpark „Altes Beien-Gelände“ der Deutsche Reihenhaus gesehen habe, dass mehr als die Hälfte der 65 Käufer nicht aus Herne kommen und junge Familien seien. Das sei genau die Zielgruppe, die Herne benötige. Gerade die Eigenheime der Deutschen Reihenhaus seien ein Angebot, was sich Käufer vor dem Hintergrund steigender Baukosten und Zinssteigerungen noch leisten könnten.

Für den OB ist der Abbruch auch Teil der gesamten Stadtreparatur und neuen Entwicklung in diesem Quartier. Denn fast unmittelbar an diese Fläche grenzt das sogenannte Funkenberg-Quartier, auf dem im Idealfall die Hochschule für Polizei und Öffentliche Verwaltung ihren neuen Sitz nimmt. Am Freitag kam Herne in dieser Hinsicht einen Schritt weiter: Die HSPV hat mitgeteilt, dass die Vergabekammer Herne als Sieger bestätigt hat. Mit der Polizeihochschule und weiteren wissenschaftlichen Einrichtungen könnte die Fläche - die ebenfalls seit Jahrzehnten brach liegt - zu einem Campus geformt werden.

Hinzu komme das Gelände des ehemaligen BMW-Autohauses Meyer, auf dem das Unternehmen Belia eine Seniorenresidenz plant. Auch dort sind die alten Gebäude inzwischen dem Erdboden gleichgemacht. Einen Fortschritt verkündete der OB auch an anderer Stelle. Das weitgehend leerstehende Haus am Kreisverkehr in unmittelbarer Bahnhofsnähe sei auch verkauft. Mit einem Neubau könnte dort - zusammen mit dem K111 und dem Neubau der Ifürel-Firmenzentrale - ein Eingangstor Richtung Funkenberg-Quartier entstehen.

Der Baudezernent sieht beim Blick auf Abbruch und Neubau bei Knipping-Dorn eine Win-Win-Situation für die Stadt. Das belebe das Quartier, aber auch die Innenstadt selbst. Er zeigt sich überzeugt, dass sie von den neuen Eigenheimen profitieren wird, weil sie fußläufig zu erreichen sei. Familien könnten dann überlegen, ob sie überhaupt ein zweites Auto benötigen.

>>> STILLSTAND BEI EINER FLÄCHE

Stillstand herrscht dagegen bei einem Areal, für das eigentlich als erstes eine Lösung ganz nahe schien: Die Teilfläche von Knipping-Dorn Richtung Bahnhofstraße. Diese sicherte sich schon im Jahr 2014 die Heinz Mayer GmbH aus Flörsheim im Rahmen einer Zwangsversteigerung. Nach einem langen Streit erteilte die Stadt 2020 die Baugenehmigung für eine Wohnbebauung, doch offenbar will der Investor das Gesamtpaket verkaufen, allerdings zu einem Preis, der deutlich über dem Herner Niveau liegt.