Herne/Gelsenkirchen. Der neue Standort der Polizeihochschule bleibt offen. Herne machte das Rennen, ein Mitbieter legte aber ein Veto ein. Hernes OB ist entsetzt.
Die Entscheidung über den künftigen Standort der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung (HSPV) des Landes wird zur Hängepartie: In letzter Minute hat ein Bieter einen Nachprüfungsantrag gestellt, der das Verfahren nun in die Länge zieht. Herner Oberbürgermeister Frank Dudda (SPD) zeigt sich gegenüber der WAZ bedient: „Ich bin schockiert und fassungslos.“
Zum Hintergrund: Der Wettbewerb zwischen den Städten Herne, Gelsenkirchen, Bochum und Dortmund über den künftigen Standort der Hochschule war hinter den Türen bereits entschieden: Nach WAZ-Informationen sollte Herne den Zuschlag bekommen. Die Leitung der HSPV lud am Donnerstag zunächst für diesen Freitag, 4. März, 10 Uhr, zur Pressekonferenz ein. Dabei wollte sie offiziell verkünden, wer den Zuschlag im Vergabeverfahren erhalten hat. Auch sollten gleich die Verträge unterzeichnet werden. Am späten Donnerstagnachmittag machte die Hochschulverwaltung dann einen Salto rückwärts: Sie sagte die Pressekonferenz wieder ab. Begründung: „Ein am Verfahren beteiligter Bieter hatte sich in letzter Minute mit einem Nachprüfungsantrag an die Vergabekammer gewendet, die nun mit der Bearbeitung beginnen wird“, heißt es in einer Mitteilung.
Herne: Hochschule bedauert, dass Verfahren nicht abgeschlossen werden kann
Nach Informationen der WAZ sind es die Beteiligten aus Gelsenkirchen, die die Entscheidung für Herne nicht hinnehmen wollen. Nach WAZ-Recherchen hat Herne mit dem geplanten Funkenberg-Quartier das Rennen gemacht. Die Hochschule mit Campus für 4500 Studierende und 200 Mitarbeiter soll auf einer Industriebrache nahe dem Herner Bahnhof gebaut werden. Beworben hatte sich nicht die Stadt selbst, sondern auch in Herne ein Investor, der den Hochschulbau realisieren will. In Gelsenkirchen – der bisherige Hauptsitz der HSPV liegt im Stadtteil Ückendorf – stieß das Votum für die Nachbarstadt auf großes Unverständnis und offenbar auch auf erheblichen Widerstand.
Warum die Verkündung des Wettbewerb-Siegers erst angekündigt und dann wieder einkassiert wurde, teilte die Hochschule nicht mit. Offensichtlich versuchte der unterlegene Bieter hinter den Kulissen bis zuletzt, das Votum für Herne vorerst zu stoppen – offenbar mit Erfolg. „Wir bedauern, dass das Verfahren dadurch erst einmal nicht abgeschlossen werden kann. Wir werden jetzt die Entscheidung der Vergabekammer abwarten,“ erklärt Martin Bornträger, Präsident der HSPV, in der Mitteilung. Unterlegene Bieter in öffentlichen Vergabeverfahren hätten grundsätzlich die Möglichkeit, die Vergabeentscheidung von der Vergabekammer überprüfen zu lassen. Dies stelle sicher, dass öffentliche Aufträge vergaberechtskonform vergeben werden.
Um sicherzustellen, dass das unter wirtschaftlichen, funktionalen und energetischen Aspekten beste Angebot zur Ausführung kommt, habe die Hochschule ein zweistufiges europaweites Vergabeverfahren durchgeführt, erklärt die Einrichtung. Dabei hätten sich zunächst Bieter mit Grundstücken und Gebäuden in den vier ausgewählten Ruhrgebietsstädten Bochum, Dortmund, Gelsenkirchen und Herne bewerben können. Im zweiten Schritt hätten die Teilnehmer konkrete Konzepte und Planungen vorgelegt, die anhand von definierten Kriterien bewertet worden seien. Warum der Mietbieter das Votum der Wettbewerbskommission nicht anerkennt, ist (noch) nicht klar.
Hernes fassungsloser Oberbürgermeister Frank Dudda kündigte gegenüber der WAZ eine Erklärung am Freitagnachmittag an.