Herne. Hunderte Menschen kamen zum ersten Friedensgebet nach den Morddrohungen gegen Melanie Jansen. Es waren knapp 20 Impfgegner in Herne unterwegs.

Beim ersten Friedensgebet nach den Morddrohungen gegen die Herner Pfarrerin Melanie Jansen haben Hunderte Menschen ihre Solidarität gezeigt. Vor der Kreuzkirche auf dem Europaplatz versammelten sich am Samstagvormittag unter anderem Vertreter der evangelischen und katholischen Gemeinden aus Herne und Wanne, der islamischen Gemeinde und Oberbürgermeister Frank Dudda.

„Ich stand in der ersten Reihe und hatte zunächst gar nicht gesehen, wie viel hinter mir los war“, sagte Pfarrerin Melanie Jansen im Anschluss. Als sie die Menschenmenge erblickte, sei das „wundervoll und bewegend“ gewesen. Denn schließlich stand sie an diesem Tag im Mittelpunkt. Zwei Mal hatte die Herner Pfarrerin in den vergangenen Wochen Morddrohungen auf ihrem privaten Grundstück erhalten. Jansen ist die Organisatorin der Friedensgebete, die parallel zu den Impfgegner-Demos samstags in Herne stattfinden.

Zwar sei ihre Familie durch den Trubel in den vergangenen Tagen noch nicht richtig zur Ruhe gekommen, „aber es war sehr schön, zu sehen, dass so viele Menschen hierher gekommen sind, um mich zu unterstützen“. Viele hätten ihr bereits in den vergangenen Tagen Solidarität gezeigt, so hätten sich beispielsweise alte Freunde aus Studienzeiten wieder bei ihr gemeldet. „Das tut sehr gut.“

Kolleginnen und Kollegen aus Nachbarstädten zeigen Solidarität

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zeigten mit diesem großen Plakat ihre Solidarität mit der Herner Pfarrerin.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zeigten mit diesem großen Plakat ihre Solidarität mit der Herner Pfarrerin. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

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Selbst gesprochen und gebetet hat Jansen an diesem Samstag nicht. Stattdessen stand als Vertreterin der evangelischen Kirche Superintendentin Claudia Reifenberger vor der versammelten Menschenmenge. Ein wenig angespannt sei sie zuvor gewesen, sagte sie im Anschluss an das Friedensgebet. „Aber ich stehe voll und ganz hinter der Botschaft, die wir heute vermitteln wollen“, so Reifenberger. Auch dass so viele ihrer evangelischen und katholischen Kolleginnen und Kollegen vor Ort waren, habe ihr ein gutes Gefühl gegeben. Einige von ihnen waren in ihrer Amtstracht gekommen. Und das sogar aus den Nachbarstädten: So auch Natalie Gabisch und Alica Baron, die aus einer Bochumer und Velberter Gemeinde angereist waren. „Es ist wichtig, dass wir jetzt alle geschlossen zusammenstehen“, sagte Gabisch. Sie gehe normalerweise nicht oft zu Demonstrationen, nur wenn es wichtig sei – „und heute ist es wichtig“, so die Vikarin.

Auch Oberbürgermeister Frank Dudda zeigte am Samstag Solidarität mit Pfarrerin Melanie Jansen. „Einige Menschen kommen nicht aus ihrer Wutblase heraus“, sagte er gegenüber der WAZ. „Das hat nun in der Drohung einen traurigen Höhepunkt gefunden.“ Es sei wichtig, jetzt ein Zeichen zu setzen und zu zeigen, dass so etwas in Herne nichts zu suchen habe.

Knapp 20 Impfgegner waren in der Herner Innenstadt unterwegs

Viele Kolleginnen und Kollegen von Melanie Jansen kamen in ihrer Amtstracht zum Friedensgebet.
Viele Kolleginnen und Kollegen von Melanie Jansen kamen in ihrer Amtstracht zum Friedensgebet. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

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Nach dem knapp einstündigen Friedensgebet zogen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Bahnhofstraße hinunter bis zum Robert-Brauner-Platz. Dort hatte sich das Bündnis Herne bereits versammelt und nahm die Gruppe in Empfang. Auf dem Weg durch die Innenstadt begegnete die große Menschenmenge denjenigen, die sich ebenfalls immer samstags in Herne versammeln, um gegen das Impfen, die 2G-Regeln und die Maskenpflicht zu demonstrieren. Knapp 20 Menschen zogen mit Plakaten und Lautsprecher-Durchsagen wie „Sauerstoffmangel durch Maulkorbzwang“ an den Hunderten Menschen vorbei. Dabei blieb es von beiden Seiten aus ruhig, einzig ein paar Pfiffe und Zwischenrufe waren zu hören.

Auch wenn es an diesem Tag nur eine kleine Gruppe war, weiß Lena, ein Mitglied vom Bündnis Herne, wie gefährlich die Aussagen und Gedanken dieser Menschen sein können. Seit einigen Tagen verfolge sie Textnachrichten in der Telegram-App, in der sich viele Impfgegner und Querdenker austauschten. Über die App könnten bekannte Verschwörungstheoretiker eine breite Masse erreichen. Gerade deswegen müsse man wachsam bleiben und gemeinsam für die Demokratie einstehen.

>>>WEITERE INFORMATIONEN: Pfarrerin hat Anzeige erstattet

Nach den beiden Morddrohungen hat Melanie Jansen Strafanzeigen erstattet. Diese werden beim Staatsschutz bearbeitet, teilte ein Polizeisprecher mit. Denn: „Wir halten einen politischen Bezug für wahrscheinlich.“

Die Ermittlungen laufen. Der Polizeisprecher betonte, dass sich Zeugen, die Hinweise geben können, bei der Polizei unter 0234 909 4505 melden können.