Wetter/Essen. Radiosender begeistert zahlreiche Fans mit authentischer Musik und Stimmung. Verantwortlich dafür sind zwei Originale aus dem Ruhrgebiet.
Wer Marco Wittbeck und Marc Freiherr von Künssberg sieht, der kann die Lieblingsmusikrichtung der beiden schnell erahnen. Haartolle auf der einen, PinUp-Tattoos auf der anderen Seite - ganz klar: Hier ist Rock’n‘Roll im Spiel.
Lange Freundschaft
Seit über 30 Jahren kennen sich die beiden Männer nun schon. Dass sie irgendwann mal gemeinsam Radiosendungen produzieren, hätten sie zwar nicht gedacht, aber es lag eigentlich auf der Hand. „Meine verstorbene Verlobte hat früher immer einen englischen Rockabilly-Sender gehört. Ich habe da auch mal verschiedene Aufnahmen hingeschickt, die auch gespielt wurden. Irgendwann gab es den Sender nicht mehr, weil der DJ verstorben war“, erinnert sich Künssberg. Er bot daraufhin den Engländern an, über einen deutschen Server eine neue Sendung zu starten, doch das wollten sie nicht. „Dann habe ich eben meinen eigenen Sender gemacht. Erst nur als DJ ohne Moderation, aber das ist nicht das Wahre, deshalb bin ich dann Live gegangen“, berichtet der Essener von den Anfängen.
Aufeinander eingespielt
Zeitweise über 3500 Hörer weltweit kann sein Sender aufweisen. Rockabilly-Fans sitzen eben überall. Auch in Wetter. Das weiß er. Nicht zuletzt gehört sein alter Freund Marco Wittbeck dazu. Der ließ sich auch nicht lange bitten, als es darum ging, eine gemeinsame Sendung zu produzieren. „Wir sind musikalisch aufeinander eingespielt“, sagt der Wetteraner grinsend.
Spendenaktion
Dass die beiden DJs jedoch nicht nur Musik im Kopf, sondern zusätzlich noch das Herz am rechten Fleck haben, beweist, dass auf der Facebookseite des Radiosenders auch für eine Spendenaktion geworben wird, die Künssberg eigens ins Leben gerufen hat und die ihm sehr wichtig ist.
Über die Internetseite https://gofund.me/d094c5b7 sammelt er Spenden für die Kinderkrebsstation in Essen, die er persönlich und in Rücksprache mit dem Krankenhaus in Geschenke für die Kinder umwandeln wird. Um den Anreiz zu spenden zu vergrößern, verlost er unter allen Spendern verschiedene Platten, alle natürlich mit Rock’n‘Roll-Bezug.
Als DJ Winnie und DJ Steiger sind sie neuerdings zu hören. Während der Essener Künssberg schon länger einen eigenen Radiosender betreibt, ist für den Wetteraner Wittbeck die Moderation noch Neuland. „Das erste Mal seine eigene Stimme zu hören, ist schon komisch“, gibt er zu. Anfängliche Schwierigkeiten mit der richtigen Entfernung des Munds zum Mikrophon sind inzwischen aber ebenso ausgemerzt wie die Vorstellung, dass eine solche Sendung spontan und ohne Setlist entstehen kann.
Überwältigende Resonanz
Am vergangenen Freitag war Premiere von der „Ultimativen Rock’n‘Roll-Freakshow“ auf Big Daddy o Radio. Und die Resonanz ist überwältigend. „Vonne Ruhr inne Welt bis hinterm Mond“ verspricht der eigens für die Sendung produzierte Trailer. Und anhand der Kommentare zur ersten Show lässt sich ablesen: So ganz daneben liegen die beiden nicht. „Dortmund und Hamburg haben Spaß“ ist dort beispielsweise zu lesen.
Produktion im Schlafzimmer
Und das, obwohl die beiden DJs nicht einmal in einem professionellen Studio aufnehmen. „Wir produzieren bei mir in Essen im Schlafzimmer“, erklärt Künssberg und lacht: „Ich sitze vor den Monitoren auf einem Stuhl, und hinter mir ist das Bett.“ Wittbeck fügt hinzu: „Ich sitze daneben auf einem Cocktailhocker und zeige ihm anhand meiner Moderatorenkarten, welches Lied er als Nächstes spielen muss.“ „Dafür sieht er nie, wann wir aufnehmen. Da muss ich ihm immer ein Zeichen geben“, revanchiert sich der Essener. Dem Publikum gefällt es. Das zeigen die Zugriffszahlen.
„Mit einer solch hohen Einschaltquote haben wir nicht gerechnet“, gibt Wittbeck offen zu. Der Internetsender lässt immer nur eine begrenzte Anzahl an Hörern zu, damit der Server, über den gesendet wird, nicht plötzlich in die Knie geht. „Wir müssen die Begrenzung nun anheben, damit auch wirklich alle, die zuhören wollen, das auch können“, sagt Künssberg.
Kein Kommerz
Zwei Stunden sind die beiden Ruhrpöttler pro Sendung zu hören. So manch einen Scherz der beiden wird vielleicht nicht jeder Zuhörer verstehen, dennoch ist das Programm für jeden etwas, der nicht zu zart besaitet ist. „Wir machen keinen Kommerz“, warnt Wittbeck. Da kann es schon mal passieren, dass einige Lieder nicht ganz jugendfrei sind. Aber das gehöre schließlich auch zum Rock’n‘Roll dazu. „Rock’n‘Roll ist Rebellion von vorne bis hinten. Raus aus der Spießigkeit“, erklärt der Wetteraner. Und dabei darf es auch schon mal etwas verdorbener zugehen. Schließlich heißt der Begriff „rock and roll“ aus dem englischen übersetzt nicht anderes als „Wiegen und Wälzen“ und ist ein Slang für Sex. Wer dabei jetzt allerdings an den Hüftschwung von Elvis denkt, der ist bei den beiden Ruhrpott-DJs auf der ganz falschen Spur. „Rock’n‘Roll ist schwarze Musik. Elvis ist nicht der King des Rock’n‘Roll“, erläutert Künssberg. Dafür finden andere Bands den Weg auf den Plattenteller. Die Polecats, Boptails, Speedos oder auch die Hickory Cats sind zu hören.
Die Leute tanzen
Rebellion, schwarze Musik: Ist das heute noch zeitgemäß? „Heute gibt es kaum noch etwas zu rebellieren. Die Leute sind alle angepasster, aber die Szene kommt wieder auf. Sie war nie weg. Die Leute haben wieder Spaß an der Musik und tanzen dazu“, ist sich Künssberg sicher.
Wer selbst eine kleine Zeitreise in die wilden 50er- und 60er-Jahre machen möchte, der hat am kommenden Samstag von 16 bis 18 Uhr, Sonntag von 14 bis 16 Uhr sowie Montag von 20 bis 22 Uhr dazu die Gelegenheit, wenn die zweite Sendung auf http://www.bigdaddyoradio.de/ läuft. Und wer gar nicht genug von den beiden bekommt, der ist am 23. Dezember von 18 bis 22 Uhr eingeladen, beide Sendungen hintereinander weg zu hören.