Herdecke. An der Stadtgrenze von Herdecke und Witten enden nun Einkaufsmöglichkeiten hinter dem leerstehenden Edeka-Gebäude. Das sagen Kunden zum Abschied.
Ein Kommen und Gehen. Das ist der Kreislauf des Lebens und auch in der Wirtschaft. Zu beobachten am Mittwoch an der Stadtgrenze von Herdecke und Witten. An diesem 25. September öffnet auf dem Schnee unterhalb vom früheren Edeka-Lebensmittelladen der Wochenmarkt. Zum letzten Mal. Das geht nach der veröffentlichten Ankündigung auch aus vielen Gesprächen mit der Kundschaft auf dem tristen Parkplatz hervor. Ein paar Meter weiter hingegen steht zum vierten Mal der Verkaufswagen der „Pott Bakery“, der Chef dieser Bäckerei kündigt für Oktober und November ausgeweitete Geschäftszeiten an.
Versteckte Lage
Wer sich über die Grenzstraße Auf dem Schnee nähert, entdeckt zunächst keinen Hinweis auf einen Markt. Einzig am trostlosen Edeka-Gebäude, das seit 2013 leersteht, befinden sich zwei Schriftzüge zum Verkaufsangebot an jedem Mittwoch. Seit 2015 haben Händler auf dem unteren Parkplatz einmal pro Woche ihre Waren platziert, am Schlusstag hat nur noch ein Stand geöffnet. Im Dialog mit zwei Kundinnen und dem Reporter entwickelt sich in Anlehnung an einen früheren Erfolgsfilm der Gedanke, dass Blumenhändler Ralf Gronemann nach neun Jahren als „letzter Mohikaner“ übrig geblieben ist.
Eigentlich sollte es im September an der Stadtgrenze auch noch ein Gemüse-Angebot geben, doch ein defekter Wagen habe dies verhindert. Das passt ins Bild und zum Abschied. Viel Fläche, nur eine Einkaufsmöglichkeit. Die Stimmung am Mittwochmorgen: ganz okay, Worte des Bedauerns fallen ebenso wie lustige Sprüche. „Ich bin traurig und finde es schade, dass es den Wochenmarkt nun nicht mehr gibt“, sagt eine Herdeckerin, als sie elf Euro für einen Blumenkauf über die Theke schiebt. „Ich bin häufiger hier hingekommen, kein langes Anstehen und gute Preise“, so die Kundin.
Umfangreiches Angebot
Am Stand schweifen die Gedanken der Anwesenden in Richtung Vergangenheit. „Früher hat es hier auf dem Markt quasi alles gegeben.“ Fleisch, Geflügel, Käse, Bäckerei, Obst, Gemüse, auch mal Fisch oder Suppen. „Man bekam hier fast alles“, heißt es. Doch dann begannen die Probleme. Personalnot ist nach Angaben von Ralf Gronemann ein Grund, weshalb um ihn herum immer weniger Stände öffneten. „Beim Metzger sorgte das Alter fürs Aufhören, bei einem Kollegen gab es Ärger wegen der Sauberkeit“, erzählt der Blumenhändler aus dem Wittener Stadtteil Rüdinghausen. „Das war hier mal ein sehr guter Markt, viele waren zufrieden.“
Viele Kunden aus Anwohnerschaft
50 Prozent der Kundschaft stamme aus dem direkten Umfeld, außer Anwohnern kamen demnach noch Ortskundige mit Autos vorbei, zum Beispiel auf dem Weg zur Arbeit. Ralf Gronemann hat vor einiger Zeit angekündigt, dass er beruflich kürzertreten wolle. In zwei Wochen und darüber hinaus verkaufe er aber gemeinsam mit seinem Bruder Blumen auf dem Wochenmarkt in der Herdecker Fußgängerzone. „Ich helfe da dauerhaft aus“, sagt der Händler.
Markt in Herdeckes Fußgängerzone
Diese Einkaufsmeile bildet auch eine Klammer zur „Pott Bakery“. Patrick Gambalat hatte seinen Bäckerei-Stand auch einige Monate auf dem Donnerstags-Markt in der hiesigen Fußgängerzone aufgebaut. „Das lief vor allem bei gutem Wetter. War das schlecht, kam nur Herdecker Stammkundschaft, die Leute aus Wetter, Hagen oder anderen Nachbarstädten blieben weg. Das war schließlich der Grund, wieso wir nach reiflicher Überlegung dort nicht weiter gemacht haben“, berichtet der 35-Jährige aus Witten. Der Firmensitz seines Betriebs befindet sich in Hattingen.
An der Wittener Landstraße 38 hat das Team der „Pott Bakery“ auf Herdecker Gebiet seit Anfang September den Verkaufswagen geöffnet. Auch den Wochenmarkt auf dem Schnee hatte der Jungunternehmer im Visier, angesichts der wenig einladenden Umgebung den Gedanken aber verworfen. „Im Nachhinein die richtige Entscheidung.“ Sein aktueller Standort an der Stadtgrenze biete aber viele Vorteile. „Wir sind hier gut sichtbar, hier fahren viele Autos vorbei, einige halten spontan an und kaufen was bei uns“, erzählt Gambalat und kündigt Änderungen an. Backwaren und Snacks wie Frikadellenbrötchen oder Burger gibt es ab Oktober sowohl dienstags als auch mittwochs von 8 bis 18 Uhr am Overhoff-Parkplatz. Ab November sollen Kunden auch freitags ein Angebot vorfinden.
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Renate Fischer ist am 25. September extra mit dem Auto zum Schnee und zur „Pott Bakery“ gefahren. „Das Brot ist hier sehr lecker, ich werde wohl regelmäßig kommen“, sagt die Herdeckerin, die einige Male auch den Wochenmarkt ein paar Meter weiter besucht hat. „Da wurde es dann immer weniger, so geriet das bei mir zunehmend in Vergessenheit.“ Die Kundin hat aber noch einen weiteren Vorteil des Bäckerei-Standorts an der Stadtgrenze ausgemacht. Quasi nebenan, wenige Meter bergab, habe mittwochs ja auch der Babkus-Tomatenhandel geöffnet. „Da war ich gerade, auch das hat sich gelohnt.“