Heiligenhaus. Zivilcourage in Heiligenhaus: 41-Jähriger beobachtet Überfall auf 72-Jährige am Südring und stellt den Täter bis zum Eintreffen der Polizei.

Irgendwas, das war Arnold Luitle sofort klar, stimmt hier gerade nicht. Als der 41-jährige Heiligenhauser am Donnerstag auf der Suche nach einem Parkplatz auf dem Südring unterwegs war, hielt er kurz in der Straße In der Blume – und wurde Zeuge eines Überfalls auf eine 72-jährige Seniorin. Doch anstatt wegzuschauen, rief er nicht nur die Polizei, sondern konnte den Räuber bis zum Eintreffen der Einsatzkräfte in Schach halten. Er appelliert nun an die Zivilcourage.

Arnold Luitle steht am Ärztehaus am Südring und blickt auf die viel befahrene Straße. „Dort hinten ist der Räuber hoch gerannt Richtung Hauptstraße“, zeigt er, „was der Dieb aber scheinbar nicht wusste, ist, dass das eine Stichstraße ist“. Deswegen habe er den Täter dort stellen können, aber wie ist es jetzt genau dazu gekommen? „Ich hatte gehofft, noch einen Parkplatz In der Blume zu bekommen, als ich Donnerstagabend nach Hause gekommen bin“. Da er keinen freien Platz gefunden hatte, stand er noch kurz in der Zufahrt, bevor er weiterfahren wollte. „Ich habe mit meiner Frau telefoniert und dann die Dame gesehen, die kennen wir, und ich dachte nur, komisch, dass sie um die Uhrzeit noch unterwegs ist“.

Heiligenhauser beobachtete die Tat und nahm sofort die Verfolgung auf

Er schaute ihr hinterher, „dann hab ich den Typen gesehen. Das ging dann alles schnell, ich sah, wie er sich die Kapuze tief ins Gesicht zog, dann bückte er sich und rannte sofort los. Da wusste ich, was er vorhat“. Mit voller Wucht sei der Mann dann gegen die 72-Jährige gelaufen, „sie hatte eine Tüte in der Hand und die Tasche in der anderen. Er hat sie zu Boden gestoßen und ihr die Tasche geklaut“. All das passierte binnen Sekunden – und auch Luitle reagierte blitzschnell und verfolgte den Täter mit seinem Auto, „auf dem Südring war nichts los, kein Auto, keine Menschen“, berichtet Luitle weiter.

Die Tat ereignete sich direkt am Heiligenhauser Südring - tagsüber eine viel befahrene Straße.
Die Tat ereignete sich direkt am Heiligenhauser Südring - tagsüber eine viel befahrene Straße. © FUNKE Foto Services | Dirk A. Friedrich

Dass ihn jemand verfolgte, überraschte den Täter wohl. „Als er dann den Berg hochgerannt ist, ging ihm schon die Puste aus, ich denke, das Adrenalin schoss da auch bei ihm rein, damit hat er nicht gerechnet“. Gegen die PS von Luitles Auto hatte der Täter keine Chance, „er hat dann schnell gemerkt, dass er aus der Situation nicht herauskommt. Ich habe ihn angebrüllt, um ihn einzuschüchtern, ich habe schon eine tiefe Stimme“, berichtet der freundliche 41-Jährige lächelnd.

Heiligenhauser appelliert zu mehr Zivilcourage

Luitle alarmierte die Polizei, durch sein lautes Schreien kamen weitere Anwohner hinzu, die mit ihm den Täter von einer Flucht bewahrten. „Er hat mir die Tasche sofort zurückgegeben, aber wir haben ihn natürlich nicht laufen lassen. Meine Frau hat dann noch die Polizeibeamten zur richtigen Straße geführt, die konnten den Täter dann sofort mitnehmen“. Die ganze Situation stimmt Luitle nachdenklich, „was mich aber auch bewegt hat, war, irgendwann pfiff er. Da dachte ich mir, jetzt kommen die Kumpel angerannt, aber es war seine Frau mitsamt der Kinder, und alle waren relativ unberührt von dem Geschehen, als ob sie das kennen würden“.

Heiligenhauser durch und durch sei er, betont Luitle, „ich lebe schon seit 1995 hier, nun schon viele Jahre mit meiner Familie an der Hauptstraße. Man kennt sich, und früher habe ich sogar mein Auto offen gelassen, weil ich wusste, hier passiert schon nichts. Doch das hat sich leider verändert“.

Polizei bittet um Vorsichtnahme

Ob er nicht Angst gehabt hat während der gesamten Aktion? „Ich habe nie Angst. Ich habe viel Kampftraining gemacht früher, aber klar, hätte ich gesehen, dass er eine Waffe oder ein Messer dabei hätte, dann wäre ich sicher nicht aus dem Auto gestiegen. Das würde ich auch anderen raten: Ich möchte ermutigen, Zivilcourage zu zeigen, denn es lohnt sich und wir müssen wieder mehr aufeinander achten, aber eben immer nur in dem Rahmen, den man sich zutraut“. Er selber könne einfach nicht wegschauen, „ich hatte noch wenige Tage zuvor von der Einbruchsserie gelesen und dass man sich wünscht, dass die Leute wieder mehr Zivilcourage zeigen“.

Herzlichen Dank für seinen Einsatz gibt es auch von der Kreispolizei Mettmann, berichtet Polizeisprecherin Isabelle Rust: „Es ist vorbildlich, wie sich der Zeuge verhalten hat. Aber wir betonen auch, dass man sich in solchen Situationen selber nie in Gefahr begeben und die Polizei schnellstmöglich informieren sollte“. Und wie geht es der überfallenen Dame? „Ich hatte sofort gesehen, dass sie sich verletzt hat, aber sie kam noch hinterher, als wir noch mit dem Täter dort standen“, berichtet Luitle. Mit schweren Verletzungen musste die Frau ins Krankenhaus gebracht werden, es folgten einige Operationen, berichtet die Kreispolizei auf Nachfrage dieser Zeitung.