Heiligenhaus. Aylin Behringer will ihren Traum verwirklichen: Eines Tages will sie hauptberufliche Graffiti-Künstlerin werden. Kleine Projekte hat sie bereits.
Die Musik läuft, das Wetter ist gut, die Stimmung ebenfalls: Mit einem strahlenden Lächeln ist die 26-jährige Aylin Behringer mit den letzten feinen Malarbeiten an der Wand des Museums Abtsküche beschäftigt. Hier hatte es kürzlich wieder das bekannte Graffiti-Projekt gegeben, bei denen Jugendliche ihre Sozialstunden abbauen können. Wie wertvoll so eine Maßnahme sein kann, zeigt Aylin selber: Nachdem sie hier vor einigen Jahren noch auf der Teilnehmerseite stand, ist sie nun selber Künstlerin. Mit ihrem Mentor, dem spanischen Graffiti-Künstler Javier Landa Blanco, war sie in diesem Jahr verantwortlich für die Werke – und träumt nun vom Schritt in die Selbstständigkeit.
Aylin malt – und das schon ihr Leben lang. „Schon als Kind habe ich es geliebt und schon früh angefangen, auch Leinwände zu bemalen“, berichtet sie. Drei Mal dieselbe Farbe zu integrieren, habe sie da schon gelernt – was sie am liebsten zeichne? „Ich liebe Blumen, ich liebe es bunt und fröhlich“, beschreibt sie ihren Stil. Dass sie einmal Künstlerin werden würde, daran dachte Behringer lange nicht. Eine Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau hat sie begonnen, „aber das war nicht das Richtige für mich“, erinnert sie sich heute zurück. Es folgte eine Achterbahnfahrt, „es war schon immer nicht ganz einfach alles bei mir“, beschreibt sie ihre Jugend.
Heiligenhauserin ist dankbar für Menschen in ihrem Leben
Doch immer wieder habe sie das Glück gehabt, an tolle Menschen zu geraten, „wie Pina und Javi“, schaut sie ihren Mentor dankbar an. Pina Cagna war lange Zeit in Heiligenhaus für die Jugendgerichtshilfe zuständig – „sie hat sofort gesagt, für mich wäre das Graffiti-Projekt optimal, um meine Sozialstunden abzubauen“, schaut sie heute zurück. Und so soll es auch sein: Mit vollem Enthusiasmus ist Aylin dabei, „es war für mich eine prägende Zeit, in vielerlei Hinsicht.“ Ganz schüchtern sei sie damals noch gewesen, immer eher zurückhaltend – dass sie einmal Künstlerin werden würde, daran dachte Aylin damals noch gar nicht.
Doch Jahr für Jahr war sie immer wieder dabei als freiwillige Helferin bei dem Projekt, es entwickelte sich zu Javier Landa Blanco eine gute Freundschaft. Dass ein Teilnehmer des Projekts durch das Projekt seine künstlerische Ader entdeckt und eventuell auch selber Künstler wird, „das ist so ein tolles Gefühl, das ist das Beste, was man erreichen kann“, berichtet Landa Blanco stolz. Ihm mache die Zeit in Heiligenhaus, immerhin ist er schon seit vielen Jahren dabei, immer viel Spaß, „früher mit Pina, über die ich überhaupt hier hingekommen bin“, erinnert sich Javi. Ob er sich das noch leisten kann in Zukunft, sei jedoch derzeit nicht absehbar, „früher war ich alleine, heute habe ich sechs Angestellte, da muss ich schauen, ob sich dann was findet hier vor Ort, damit sich das rentiert“, blickt er in die Zukunft.
Als Künstler braucht man nicht nur Talent
Dass Aylin Talent hat, „das ist überhaupt keine Frage“, stellt der Mentor fest – viele Werke präsentiert die junge Heiligenhauser Künstlerin auch auf ihrem Instagram-Konto. „Sie hat das Verständnis für Formen und Farbe. Aber Talent haben viele. Um Künstler zu werden, und das hauptberuflich, muss man wirklich auch den Willen haben und sich organisieren können. Das ist mindestens genauso wichtig, das kann Aylin – und sie kann auch gut mit Menschen umgehen.“ Er bestärke sie als guter Freund immer wieder darin, ihren Weg zu gehen, „und man darf sich nicht von Fehlern zurückwerfen lassen. Die passieren, das ist normal, das gehört dazu. Aylin kann lernen, das ist gut.“
Viel mehr Selbstbewusstsein habe Aylin durch die Erfahrungen der letzten Jahre erhalten, „es bestärkt mich, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Ich möchte tun, was mich glücklich macht.“ Warum es ausgerechnet Graffiti ist, was sie machen möchte? „Hier kann ich mich am meisten verwirklichen, es sind Leinwände, die jeder sehen kann“, erklärt Aylin und Javi ergänzt: „Graffiti ist Kunst – aber für jedermann und nicht in einem Museum oder in einem Privathaushalt in einem Bilderrahmen hängend.“
Nächstes Ziel ist der Führerschein
Wohin der Weg sie führt, steht derzeit noch nicht fest – „ich habe nun einige Projekte, ich arbeite super gerne mit Kindern und Jugendlichen zusammen, das macht mir richtig Spaß“, sagt Aylin und erinnert sich noch an die Arbeiten rund ums Spielhaus, für die sie verantwortlich war. Doch auch andere Projekte, Großflächen, Garagen, Bodenarbeiten, würden sie sehr reizen. „Das nächste Ziel ist jetzt aber erstmal, das Aylin einen Führerschein macht, denn nur damit ist man wirklich flexibel in unserem Job. Es gibt doch immer viel zu transportieren“, appelliert Javi. Beide lachen herzlich und gehen mit viel Leidenschaft wieder ans Werk. Denn Malen, das ist eben ihr Ding.
>>> Kontakt zur Künstlerin
Wer sich Werke von Aylin Behringer anschauen möchte: In Heiligenhaus hat sie unter anderem das Spielhaus in der Oberilp neu gestaltet oder nun die Mauer am Museum Abtsküche.
Auf Instagram zeigt sie Aktuelles aus ihrem Leben und einige ihrer Werke unter nilya_artworks.