Heiligenhaus. Die jüdische Bäckersfamilie Oss ist von den Nazis ermordet worden. Jetzt erinnern Stolpersteine an Vater. Mutter und ihren sechsjährigen Sohn.
„Ein Mensch ist erst dann vergessen, wenn sein Name vergessen ist“, hat Bürgermeister Michael Beck bei der Stolpersteinverlegung im Hefelmannpark aus dem Talmud zitiert, „wir wollen dafür sorgen, dass die Familie Oss hier nicht mehr vergessen wird.“ Deswegen wurden für die dreiköpfige Heiligenhauser Familie, die 1942 im Durchgangsghetto Izbica ermordet wurde, jetzt drei Stolpersteine verlegt.
Voll in Heiligenhaus integriert
Im 19. Jahrhundert seien die Bürger jüdischen Glaubens in Heiligenhaus voll integriert gewesen, erinnerte Beck, mehrere Gründungsmitglieder der Heiligenhauser Feuerwehr seien genauso darunter gewesen wie Semmy Oss, der Ehrenmitglied im bis heute existierenden Gesangverein Frohsinn war. „Es gibt viele Dokumente im Stadtarchiv, die auf ein unkompliziertes Zusammenleben hinweisen, Bilder von gemeinsamen Wanderungen und anders“, so Beck.
Ins Lager Izbica deportiert
Das änderte sich, als die Nationalsozialisten an die Macht kamen – von den 24 damals in Heiligenhaus lebenden Juden überlebte kein einziger die Schreckensherrschaft, weiß Ruth Ortlinghaus, die seit vielen Jahren auf diesem Gebiet forscht. Die Härte der Nationalsozialisten bekamen auch Sigmund Oss (geb. am 5. Februar 1908), der in Heiligenhaus als Bäcker tätig war, seine Frau Hildegard, geborene Herz (geboren am 9. April 1907) und der gemeinsame Sohn Günter (geboren am 12. Januar 1936) zu spüren. Sie wohnten in den 30er Jahren im Haus Hefelmann im heutigen Hefelmann-Park, Mutter und Sohn wurden dann zunächst ins Essener Judenhaus gebracht, im April 1942 wurde die ganze Familie nach Izbica deportiert und dort auch ermordet.
Zeitzeugen werden rar
Das Durchgangsghetto in Polen war für viele Juden, so erzählt Stadtarchivar Axel Bayer, „eine Zwischenstation auf dem Weg in verschiedene Konzentrationslager. Aber auch dort wurden Menschen umgebracht, vor allem nach Auflösung des Lagers im November 1942.“„Familie Oss und den anderen Menschen jüdischen Glaubens ging es nur darum, hier friedlich zu leben“ sagte Michael Beck, der dann die Stolpersteine verlegte: „In einer Zeit, in der Zeitzeugen rarer werden, ist es deshalb umso wichtiger, an die Gräueltaten der Nazis zu erinnern.“
Bereits fünf Stolpersteine
In Heiligenhaus wurden bereits fünf weitere Stolpersteine für die verfolgten oder ermordeten Opfer des Nationalsozialismus verlegt.Sie erinnern an Rosa und Karl Aron (verlegt in der Hauptstraße 152), an Adele Jacobs (verlegt in der Hauptstraße 165), an Artur Jacobs (verlegt am Südring 181) und an Franz Frerich (verlegt am Rathaus).
Ein kleines Denkmal
Nicht physisch sollen die Steine Menschen zum Stolpern bringen, „sondern Herz und Verstand sollen stolpern. Wir setzen hier ein kleines Denkmal für drei in Heiligenhaus geborene Mitbürger.“ In einer kleinen Runde mit Vertretern der meisten Ratsparteien wurde der Stein von dem bei seinem Tode erst sechsjährigen Günter Oss dann in die Mitte gelegt, „rechts die Mutter, links den Vater“, sagt Archivar Bayer, „so möchte es der Künstler Gunter Demnig, es soll ans Spazierengehen im Familienkreis erinnern.“
Zum Nachdenken anregen
Demnig fertigt und verlegt seit 20 Jahren Stolpersteine, konnte aus Pandemiegründen bei dieser Verlegung aber nicht anwesend sein. Weitere Stolpersteine sollen folgen, „als nächstes sollen Steine für weitere Mitglieder der Familie Jacobs folgen“ berichten Ruth Ortlinghaus und Kulturamtsleiterin Kathrin Neuhaus. Verlegt werden die Steine immer am letzten frei gewählten Wohnort derjenigen, an die erinnert werden soll. „Wir wollen alles daran setzen, dass so etwas nie wieder passieren kann“ – darin waren sich alle Anwesenden einig und hoffen nun, dass die Steine, die an die Familie Oss erinnern, viele Menschen zum Nachdenken anregen. Mittlerweile gibt es auch wieder sieben Menschen jüdischen Glaubens in Heiligenhaus, die zur Gemeinde in Wuppertal gehören..