Seit 2014 gibt es die betreute Wohngemeinschaft der Graf-Recke-Stiftung. Nach einer weiteren Wohnimmobilie in Heiligenhaus wird nun gesucht.

Häufig haben Menschen mit körperlicher und/ oder geistiger Behinderung eine besonders innige Beziehung zu ihren Eltern. Trotzdem, irgendwann regt sich auch bei ihnen der Wunsch nach Eigenständigkeit, weiß Annette Ronsdorf, Teamleiterin der Wohngemeinschaft für Menschen mit Behinderungen der Graf-Recke-Stiftung, am Ahornweg in Heiligenhaus. Genau aus diesem Grund wohnen hier acht junge Erwachsene unter für sie optimalen Bedingungen zusammen.

Wohngemeinschaft für junge Erwachsene

Eins der ersten Fotos der neu gegründeten Wohngemeinschaft 2014. Das Wohnprojekt bietet Menschen mit Handicap seitdem einen geeigneten Rahmen für ein selbstbestimmtes Leben.
Eins der ersten Fotos der neu gegründeten Wohngemeinschaft 2014. Das Wohnprojekt bietet Menschen mit Handicap seitdem einen geeigneten Rahmen für ein selbstbestimmtes Leben. © WAZ FotoPool | Ulrich Bangert

2014 wurde die Wohngemeinschaft am Ahornweg ins Leben gerufen. Die Bewohner damals: alle um die 25 Jahre alt und Mitarbeiter der Werkstatt für Behinderte Kreis Mettmann (WfBM). Seitdem haben sich die jungen Menschen zunehmend in ihrer Eigenständigkeit entwickelt, das Leben mit Gleichgesinnten und Gleichaltrigen tut ihnen gut. Sabine Blitz, Fachbereichsleitung der Graf-Recke-Stiftung, freut sich zudem besonders über die gelungene soziale Integration innerhalb der Nachbarschaft. „Man grüßt sich gegenseitig, es wird geplaudert und auch schon mal ein Stück Kuchen über die Gartenhecke gereicht.“

Besuch ist besonders wichtig

Auch Besucher sind in der Wohngemeinschaft normalerweise gerne gesehen – und für die Bewohner ganz besonders wichtig. Daher hat sie der Lockdown und das damit teilweise einhergehende Besuchsverbot besonders getroffen. „Unsere Klienten sind den engen und körperlichen Kontakt mit ihren Eltern, aber teilweise auch mit uns Betreuern gewöhnt. Da eine Umarmung abzulehnen oder den Eltern aufgrund der Gesetze gar ein Besuchsverbot aussprechen zu müssen, tut uns in der Seele weh.“

Mit Arbeit bei Laune gehalten

Ende vergangenen Jahres hatte die Wohngemeinschaft Besuch von der SPD Heiligenhaus
Ende vergangenen Jahres hatte die Wohngemeinschaft Besuch von der SPD Heiligenhaus © Unbekannt | SPD

Auch der so wichtige, strukturgebende Arbeitsalltag musste in Lockdown-Zeiten wegfallen. Allerdings wurde hierfür schnell eine Lösung gefunden: Eine Mitarbeiterin der Behindertenwerkstatt kam täglich mit handwerklichen Arbeiten für die Bewohner in die WG – ein Schlüsselelement, um diese bei Laune und Motivation zu halten. Nun aber kehrt langsam auch der berufliche Alltag zurück: Die Bewohner sind erstgeimpft, die Betreuer nahezu alle durchgeimpft.

Betreuer rund um die Uhr vor Ort

Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung – wie funktioniert das eigentlich? „Wir haben hier ein großes Haus, in dem jeder Bewohner ein selbst eingerichtetes und großes Zimmer hat“, erklärt Annette Ronsdorf, „wir arbeiten mit einem Team aus neun Mitarbeitern, von denen einige halbe oder noch kleinere Stellen sind. Diese sind besonders für die Nachtbetreuung geschaffen worden.“ Die nächtliche Betreuung sei ein maßgebliches Merkmal der Wohngemeinschaft, da manche Bewohner alleine Angst vor den Nächten und möglichen unlösbaren Situationen hätten. „Bei uns ist immer ein Ansprechpartner im Fall von Alpträumen, Schlafstörungen oder akutem Pflegebedarf anwesend“, stellt Ronsdorf klar.

Zur Selbstständigkeit animiert

Im Alltag werden die Bewohner von den Mitarbeitern zur Selbstständigkeit animiert, beispielsweise beim Kochen, Putzen und Aufräumen. Hierfür gibt es klar festgelegte Wochenpläne mit Aufgaben, die eine Struktur vorgeben. Die Selbstständigkeit wird besonders an Sonntagvormittagen ausgelebt, dann dürfen die Bewohner oft ganz alleine bleiben, Frühstück machen, Gesellschaftsspiele spielen oder Fernsehen.

Wohngemeinschaft zum Altwerden

Eigentlich, so erläutert es Sabine Blitz, sei die Wohngemeinschaft zum Altwerden gedacht. Dennoch gibt es Einschränkungen: Die Mobilität der Bewohner wird schlechter (das Haus ist nicht barrierefrei), manchmal besteht auch der Wunsch nach einem Umzug in eine gänzlich eigene Wohnung, etwa mit einem Lebenspartner. In beiden Fällen sei die Graf-Recke-Stiftung unterstützend dabei, erklärt Blitz. “Wir suchen schon länger nach einem zweiten Objekt, in dem bestenfalls drei bis fünf Wohnungen unter einem Dach wären. In so einer Konstellation könnte man den Bewohnern das vollständige Gefühl von Selbstständigkeit, aber auch Sicherheit durch die Verfügbarkeit von Betreuungs- und Pflegepersonal bieten.“

Dank an Vermieter

Bislang aber scheitern die Pläne an geeignetem Wohnraum, was sicher auch - neben dem Mangel an geeigneten Immobilien -auch an den besonderen Nutzungsplänen der Graf-Recke-Stiftung liegt. „Ohne eine soziale Ader wie bei unserem derzeitigen Vermieters Herrn Hölzemann und seinen uns sehr entgegenkommenden Mietforderungen wäre diese Gruppe hier gar nicht erst möglich. Dafür müssen wir uns in aller Ausführlichkeit bedanken“, so Sabine Blitz.