Hattingen. Räuberische Erpressung und Diebstahl: Ausgelesene Handydaten bringen Klarheit in diesen Fall in Hattingen. Angeklagter sieht sich unschuldig.

Der Angeklagte (27) hatte das letzte Wort: Er plädierte auf Freispruch! Doch dann kam es anders.

+++ Sie wollen keine Nachrichten mehr aus Hattingen verpassen? Dann können Sie hier unseren Newsletter abonnieren. Jeden Abend schicken wir Ihnen die Nachrichten aus der Stadt per Mail zu. +++

Die Hauptverhandlung am 12. Juni war vertagt worden, weil der Staatsanwalt darauf bestand, die Handykommunikation zwischen den beiden Komplizen auszulesen. Er wollte daraus weitere Erkenntnisse zu den Verantwortlichkeiten der beiden Straftäter gewinnen. Und er hatte Zweifel an der Richtigkeit der Aussage des zu diesem Zeitpunkt noch 17-Jährigen. Der war bereits im vergangenen Jahr aufgrund eines Geständnisses, in dem er die alleinige Schuld auf sich genommen hatte, verurteilt worden und wurde im Prozess gegen den 27-Jährigen als Zeuge gehört.

Das ist vor zwei Jahren in Hattingen passiert

Gemeinsam hatten die Männer vor fast genau zwei Jahren einen ehemaligen Mitschüler des Jüngeren bereits an einer Supermarktkasse beschimpft und angerempelt, und setzten diese Aktionen auch auf dem Weg zu Fahrradständer fort. Aus Angst vor einer weiteren Eskalation händigte das Opfer den beiden Männern sein Bargeld aus und entfernte sich von seinem bereits aufgeschlossen E-Bike, um am Taxistand um Hilfe zu bitten.

Lesen Sie auch:

Derweil stahl der jüngere der beiden Täter das Rad, um es später im Bereich Holthausen in einem Wald zu verstecken. Schließlich holten die Männer das knapp 1700 Euro teure Rad ab, lagerten es im Keller des älteren Täters, der es in Holland verkauft haben will. Auch zu der Tatsache, dass der jüngere der beiden Männer nach dem Verkauf nie einen Anteil am Geld, das für die Beute erzielt worden war, bekommen hat, fanden sich Hinweise in der ausgelesenen Whatsapp-Kommunikation.

>>> Hier gibt es mehr Nachrichten aus Hattingen und Sprockhövel

Der Richter verlas mehrere Seiten Textnachrichten und spielte sämtliche in diesem Zusammenhang gefundenen Audio-Nachrichten vor. Absprachen, gemeinsam zu lügen, beziehungsweise gar nichts zu sagen, fanden sich darunter ebenso, wie die Reflexionen des Jüngeren über Konsequenzen, die eine fehlende Kooperation aufgrund seiner Vorstrafen für ihn haben würde. Ferner zeigt das Tondokument, dass der jüngere seinem Komplizen mitteilte, er habe alles allein auf sich genommen.

Amtsgericht Hattingen präsentiert Tondokumente

Mit diesen Dokumenten konfrontierte das Gericht den wieder als Zeugen geladenen, inzwischen 18-Jährigen. Er belastete den Älteren in allen relevanten Punkten und revidierte seine Aussage, die alleinige Täterschaft betreffend. Noch einmal wurden die Geschehnisse am Tatort und die Wegstrecken, die die Täter (der eine mit dem gestohlenen Fahrrad, der andere mit seinem Auto) zurücklegten, rekonstruiert.

Wenngleich der ältere Täter sich auch diesmal wieder in Schweigen hüllte, versuchte sein Verteidiger, das Gericht von der Unschuld seines Mandanten zu überzeugen.

>>> Folgen Sie unserer Redaktion hier auf Instagram unter auf Facebook – hier finden Sie uns.

In seinem Plädoyer sah der Staatsanwalt dem Angeklagten zwar den Umstand nach, dass es sich um eine spontane Situation gehandelt habe, die nicht geplant wurde. Als strafverschärfend wertete er jedoch den Umstand, dass zwei Täter ein bekanntermaßen intellektuell nicht zur Gegenwehr fähiges Opfer derart bedrängten, bedrohten und verängstigten, dass er seine Barschaft aushändigte, nur um der Situation entkommen zu können. In der Absicht, am Taxistand Hilfe zu bekommen, ließ er sein Fahrrad zurück. Dafür hätte er lange gespart, es sein ganzer Stolz gewesen

Der Staatsanwalt forderte eine Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten ohne Bewährung, zudem soll der Angeklagte 3000 Euro zahlen. Die Vertreterin des Opfers schloss sich an und thematisierte in ihrem Plädoyer die traumatische Belastung beispielsweise in Form von Schlafstörungen, unter der das Opfer auch zwei Jahre nach der Bedrohungssituation immer noch leide.

Der Vorsitzende Richter und die Schöffen folgte diesem Antrag.