Hattingen. Kritik an Quotenberechnung: Die Zahlen für Hattingen und die anderen Städte im EN-Kreis seien bereinigt viel höher, so ein Wirtschaftsprofessor.
1778 Frauen und Männer waren zur Jahresmitte in Hattingen ohne Arbeit. Im gesamten EN-Kreis sind es 11.710 Menschen – die Arbeitslosenquote liegt hier bei 6,7 Prozent. Doch diese Zahlen geben die Wirklichkeit nur sehr bedingt, wenn nicht gar verzerrt wider, sagt jetzt der emeritierte Wirtschaftsprofessor Heinz-Josef Bontrup. Die Kritik ist nicht neu.
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1500 gelten im Kreis aufgrund ihres Alters nicht als arbeitslos
Worauf er abzielt, ist die so genannte Unterbeschäftigung. Zu dieser werden auch die Menschen hinzugezählt, die aus verschiedenen Gründen mehr oder weniger aus der Statistik herausfallen. Zum Beispiel weil sie krank gemeldet sind oder sich in einer Qualifikationsmaßnahme befinden. Auch Menschen ab 58 Jahren, die seit mindestens einem Jahr arbeitslos gemeldet sind und in dieser Zeit kein Job-Angebot erhalten haben, gelten nach offizieller Definition nicht als arbeitslos.
„Wir haben ein Riesen-Problem, und das sollte auch in seiner wahrhaftigen Größe dargestellt werden“, sagt Bontrup. Ganz konkret bedeute das, wenn man auf die Juni-Zahlen der Arbeitsagentur schaut, folgendes: Zu den 11.710 offiziell arbeitslosen Menschen im EN-Kreis kommen je nach Definition noch bis zu 4452 Personen hinzu. Insgesamt gelten damit 16.162 Männer und Frauen als unterbeschäftigt. Das ist eine Quote von 9,1 Prozent – im Vergleich zu einer Arbeitslosenquote von 6,7 Prozent.
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Allein mehr als 1500 Einwohner des Kreises galten aufgrund ihres Alters nicht als arbeitslos. Rund 1000 Menschen fielen aus der Statistik, weil sie sich in „Aktivierung“, sprich einer Maßnahme befinden.
Keinen Vorwurf gegenüber der Arbeitsagentur
Der Arbeitsagentur selbst macht der linke Wirtschaftswissenschaftler aus Witten keinen Vorwurf. Diese liefere die Zahlen so, wie es von der Politik gewünscht sei. Darauf verweist auch die Agentur selbst: Wer zu den Arbeitslosen im engeren Sinne gezählt werde, sei eine politische Entscheidung, sagt Agentur-Sprecher Ulrich Brauer. „Zumal die Unterbeschäftigten explizit aufgeführt werden. Es ist eine irrige Annahme, dass sie versteckt werden.“
Ehrliche Zahlen würden die Politik unter Druck setzen, hofft Bontrup. „Dass man sich endlich um dieses große Übel kümmert. Ich verstehe nicht, warum keine Partei das Thema Arbeitslosigkeit in den Mittelpunkt ihres Wahlkampfes stellt.“ Denn schließlich verursache die Arbeitslosigkeit dem Staat auch enorme Kosten.
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