Hattingen. Tom Schulte bleibt seiner Arbeitsweise treu, malt Tänzerinnen, die sich hinter der Leinwand bewegen. Wie der Hattinger in Bielefeld begeisterte.

Lange Zeit führte er ein Doppelleben. Bis dann doch irgendwann die Wahrheit ans Licht kam: Der Trainer, Berater und Coach von Managern, immer bestens gekleidet mit Anzug und Krawatte, hatte noch ein zweites Gesicht.

Tom Schulte war schon lange der Kunst verfallen. Farbkleckse auf dem Hemd, legere Hose und Hände voll mit bunter Farbe war sichtbarer Ausdruck seiner Seele, seines Ich. Irgendwann zog der Hattinger Konsequenzen und ließ der Kunst den Vortritt.

Kunst am Roten Teppich

„Ich habe den Brotberuf ausgeübt, um meine Kunst zu finanzieren“, gibt er zu. Der Kreativität freien Lauf lassen, dass war’s, was der mittlerweile 71-Jährige brauchte. Seine erste Ausstellung hatte er 1973, seine jüngste gerade erst in Gütersloh. Lena Jeckel, Leiterin des Fachbereichs Kultur in der „Bertelsmann-Stadt“, hatte 2016 in Lippstadt den Aktionskünstler gesehen und wollte ihn unbedingt in ihrer Stadt haben.

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Die Reihe „Stadtbesetzung: Kunst am Roten Teppich“, in der das Projekt von Tom Schulte stattfand, wurde vom Kultursekretariat NRW Gütersloh ermöglicht und durch das Ministerium für Kultur und Wissenschaft gefördert. Unter den Blicken interessierter Zuschauer war 45 Minuten volle Konzentration und Aktion angesagt.

Bei illuminierten, plätschernden Wasserfontänen bot die Tänzerin Hsuan Cheng Floth einen faszinierenden Ausdruckstanz. Ganz ohne Worte ließ sich der Hattinger von ihr inspirieren und malte simultan ein großformatiges Bild.

Er braucht den Dialog

„Ich weiß vorher nie, wie so ein Bild später aussehen wird“, gibt Tom Schulte Einblicke in seine Arbeitsweise. „Ich vertraue auf den Prozess.“ Er braucht den Dialog - Tanz, Musik, Berührung als Inspiration. Was er überhaupt nicht mag, sind Diskussionen. „Das kommt vom lateinischen Wort discutere. Das heißt zerschlagen und zertrümmern, das hat ja nichts Kreatives.“

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Wenn er in dem Prozess des Schaffens steckt, vergisst er die Welt, das Jetzt und Hier, ist vollkommen bei sich. „Und wenn ich dann fertig bin, bin ich ein komplett anderer Mensch, bin völlig zufrieden. Vergleichbar mit einem Marathonläufer, der das Ziel erreicht hat. Figuren über Emotionen aufbauen, das ist auch der Motor für den faszinierenden Ausdruckstanz der Künstlerin mit taiwanesischen Wurzeln. Über die volle Distanz von 45 Minuten tanzt das Modell bedachtsam mit fließenden Bewegungen.

Sein Werk hat enorme Ausmaße

Akustisch kombiniert wurde der Auftritt mit Fragmenten aus Händels „Wassermusik“ und Bachs „Air“, es gab auch vertonte Texte von Rainer Maria Rilke und Hermann Hesse. Farbliche Akzente setzte Tom Schulte mit roten und blauen Acrylfarben und Kreisen, die er mit schnellem Pinselstrich oder feuchtem Schwamm aufträgt und die Silhouette der Tänzerin vielfältig in Szene setzt.

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Sein Werk hat enorme Ausmaße: Die fünf Quadratmeter werden demnächst an einem öffentlichen Ort ausgestellt. „Das Bild ist eine Leihgabe an die Stadt Gütersloh, befristet auf ein Jahr“, freut sich der Hattinger, der bereits einen potenziellen Käufer hat. Die Ressource Wasser in dieser Zeit im städtischen Raum mit einem multimedialen Kunstwerk zum Thema machen zu können, ist für ihn von besonderer Bedeutung.