Hattingen. Als Schiedsmann tätig ist Wilhelm Wünnenberg aus Hattingen im Bezirk Oberelfringhausen bereits seit 43 Jahren. Was er schon alles erlebt hat.
Streit zwischen Nachbarn zu schlichten, darum bemüht sich Wilhelm Wünnenberg schon seit mehr als vier Jahrzehnten. Als Schiedsmann wurde der Hattinger im Februar 1978 vereidigt, derzeit absolviert er seine inzwischen neunte Amtszeit in Oberelfringhausen. „Überschaubar“, sagt der inzwischen 83-Jährige, sei die jährliche Zahl der Streitschlichtungsfälle in diesem Bezirk – „hier gibt es ja auch gerade mal einige Hundert Einwohner“. Einige Dutzend Streitereien habe er trotzdem befrieden können.
Er fand alsbald Gefallen an der Schiedstätigkeit
Wünnenberg bewohnt in Oberelfringhausen den Juterhof. Als Schiedsmann ins Spiel gebracht, sagt der Landwirt, habe ihn einst Willi Leveling, der damalige Ortsvorsteher von Oberelfringhausen – weil jener ihn als Mann offener Worte kannte. Wünnenberg, pflichtbewusst, sagte zu, fand alsbald aber auch Gefallen an der Schiedstätigkeit.
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Die übrigens auch einmal Ortsvorsteher Leveling in Anspruch nahm, nach einer Auseinandersetzung mit einem Theologiestudenten. Der hatte es sich zuvor mit seiner schwangeren Partnerin auf einer Wiese Levelings gemütlich gemacht; und wollte auch auf Aufforderung des Landwirtes, der diese mähen wollte, nicht weichen. Dann sei es zu einer körperlichen Auseinandersetzung gekommen, behauptete der Student gegenüber Wünnenberg zunächst. Leveling habe mit einem Schlag seine Partnerin zu Boden gestreckt; später behauptete er auch noch, jener habe ihm bei dem Streit einen Zahn ausgeschlagen. Er verlange Schadenersatz. „Der Ortsvorsteher dagegen hat eine körperliche Auseinandersetzung verneint“, erinnert sich Wünnenberg an jenes Schiedsgespräch. „Die Sache war nicht gut“, er habe rasch gemerkt, dass der Theologiestudent lüge. Doch erst, als er diesem ankündigte, ins Schiedsprotokoll zu schreiben, dass jener „nicht friedensbereit“ sei, gab der klein bei.
Bei einem Schiedsgespräch redete er Klartext
Auch gegenüber einer Wandererin, die einst bei ihrem Wochenendausflug vom Hund eines Oberelfringhausers angesprungen wurde und in der Folge 500 D-Mark für ihr beschmutztes Kleid forderte, redete Wünnenberg beim Schiedsgespräch Klartext: „Wenn solche Forderungen im Raum stehen, dann müssen Sie ja ein Dior-Kleid angehabt haben. In der Regel tragen die Wanderer, die zu uns kommen, etwas anderes.“
Zwölf Schiedsleute gibt es in Hattingen
Die Aufgaben des Schiedsamtes werden von Schiedspersonen wahrgenommen, den Schiedsfrauen und Schiedsmännern. Sie werden von den Stadtverordneten der Gemeinde für die Dauer von fünf Jahren gewählt und anschließend von dem Direktor des Amtsgerichts Hattingen bestätigt.Das Schiedsamt versehen Frauen und Männer, die zwischen 30 und 70 Jahre alt und nach ihrer Persönlichkeit zur Streitschlichtung besonders geeignet sind, als Ehrenamt.In Hattingen sind zwölf Schiedspersonen in elf Bezirken im Einsatz – zu finden sind ihre auf der Homepage der Stadt.Zu den Aufgaben von Schiedsleuten gehört es, bei Rechtsstreitigkeiten schlichtend auf die Parteien einzuwirken. Sie befassen sich etwa mit Nachbarschaftsstreitigkeiten und Privatklagedelikten, wie Hausfriedensbruch, Beleidigung, einfacher Körperverletzung und Sachbeschädigung. Gerichtsprozesse lassen sich durch ihren Einsatz oft verhindern. In bestimmten Fällen ist das Schlichtungsverfahren sogar gesetzlich vorgeschrieben und eine Klage erst zulässig, wenn zuvor eine Schlichtung erfolglos war.
Mit gesundem Menschenverstand, sagt Wilhelm Wünnenberg, könne man vielen Streithähnen durchaus klar machen, wie ihre Auseinandersetzung auf Außenstehende wirke. Dies könne zwar nicht immer, aber oft helfen, in Konflikten zu vermitteln. „Das Schiedsverfahren kann zu einer anderen Sichtweise führen“, so Wünnenberg. Oft werde danach kein Gerichtsverfahren mehr angestrengt. Schiedsmänner und -frauen sind dabei die Instanz vor dem Gericht. Um die 50 Euro kostet die Streitenden dieses dabei jeweils – normalerweise. „Doch bei mir“, sagt Wilhelm Wünnenberg verschmitzt, „ist es unkostenfrei.“ Wie seine Schiedskollegen, so protokolliert aber auch der Oberelfringhauser genau, was er mit den streitenden Parteien bespricht.
Schiedsgespräche werden protokolliert
Eingetragen in sein Protokollbuch hat der 83-Jährige dabei auch die Schlichtung zu jener Auseinandersetzung zwischen einem Onkel und seinem im Nebenhaus lebenden Neffen, auf dessen Ausgang er noch heute stolz ist, da der Streit mit einem Vergleich endete. Der Onkel, so Wünnenberg, wollte einst einige Bäume auf des Neffen Grundstück gefällt haben, da sie den Empfang der TV-Antenne behinderten. Und den Neffen störten einige Bäume in des Onkels Garten, die ihm die Sonne nahmen. Er habe die zwei dann dazu gebracht, dass jeder bekam, was er wollte. „Die waren am Ende beide zufrieden.“
So, wie ein Schiedsmann es sich stets erhofft.
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