Hattingen. . Thomas Martin beginnt seine zweite Amtszeit als Schiedsperson. Er vermittelt bei Konflikten: von der Beleidigung bis zum überhängenden Ast.

Der Ast hängt über den Zaun. Im Streit fallen beleidigende Worte. Der Nachbar baut eine Mauer, die dem anderen die Sicht nimmt. Wenn sich Menschen streiten, soll er schlichten: Thomas Martin ist eine von zwölf Schiedspersonen, die in Hattingen in elf Bezirken im Einsatz sind. Die Aufgabe: Die Parteien an einen Tisch bringen und zwischen ihnen vermitteln, aber nicht über sie richten.

„Von einer Schiedsperson kann keine Entscheidung getroffen werden“, erklärt Thomas Martin. Der 40-jährige Sachbearbeiter im Jobcenter hat gerade seine zweite Amtszeit als Schiedsperson in Holthausen angetreten. Für jeweils fünf Jahre werden Schiedspersonen von der Stadtverordnetenversammlung gewählt.

Wichtig ist Thomas Martin, „nicht von oben herab“ zu agieren, sondern die Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen beide Parteien zu Wort kommen. Einen Richterspruch gibt es von ihm nicht. Denn der Schiedsmann ist die Instanz vor dem Gericht. „Viele haben die Vorstellung, wenn ich ein Problem habe, gehe ich zum Schiedsmann und der löst es“, berichtet Thomas Martin. „Aber das ist ein ganz förmliches Verfahren.“

Und dazu gehört auch, dass der Schiedsmann alles genau protokolliert. 30 Jahre muss das Protokollbuch aufbewahrt werden. 2,53 Verhandlungen landen durchschnittlich im Jahr auf dem Tisch des Schiedmanns. Dazu kämen etwa drei bis sechs weitere Anfragen. Die Inhalte der vergangenen 15 Jahre: „Zu 32 Prozent sind es Nachbarschaftsstreitigkeiten, 18 Prozent sonstiges Zivilrecht und 50 Prozent Strafrecht, also Beleidigungen und Bedrohungen“, zählt Thomas Martin auf. Seit er 2009 sein Amt antrat, hat er aber vor allem mit Nachbarschaftsstreits zu tun. Da geht es um überhängende Äste, Grenzabstände, Mauern usw.

Der Holthauser Schiedsmann lädt die Parteien dann offiziell zu einer Verhandlung im Bürgertreff. Dort können sie sich äußern. „Es ist ein Streitgespräch im förmlichen Rahmen. Und wenn es nicht wild durcheinander geht, mische ich mich da nicht ein“, betont Martin. Er könne zwar Vorschläge zur Lösung machen, aber zum Beispiel nicht sagen: „Der Ast muss weg.“

So mündet denn auch nur ein Drittel der Verhandlungen in einem Vergleich. „Aber auch ohne Vergleich ist es nicht sinnlos, denn das Verfahren kann zu einer anderen Sichtweise führen“, findet Martin. Oft werde danach kein Gerichtsverfahren mehr angestrengt.

Den Holthausern bescheinigt der Schiedsmann ein „eher geringes Konfliktpotenzial“. Trotz zahlreicher Zuzüge und zum Teil enger Bebauung habe er nicht mehr Fälle zu schlichten.