Hattingen. Nach 35 Jahren ist Schluss für Frank Nieland. Er hat das Familienunternehmen, die Bäckerei Nieland aus Hattingen, an seinen Nachfolger übergeben.

Keiner von beiden hat je gesucht, denn gefunden haben sie sich schon vor vielen Jahren: Zum Jahresbeginn hat Alexander Sturm die Bäckerei von Frank Nieland übernommen. Und weil diese Nachfolge eben schon so lange feststand, wird es ein sehr ruhiger Generationenwechsel in der 122 Jahre alten Traditionsbäckerei.

Alexander Sturm soll die Bäckerei verjüngen

Bäckerei behält ihren Namen

Neuer Chef, aber kein neuer Name: Die Bäckerei soll auch weiterhin den Namen Nieland tragen.Sie hat mittlerweile vier Geschäftsstellen. Neben dem (wegen Corona aktuell geschlossenen) Stammhaus am Steinhagen und den Filialen an der Heggerstraße und im Edeka-Markt in Holthausen gibt es auch eine in Gelsenkirchen-Ückendorf.Eine Feier oder besondere Angebote zum Generationenwechsel gibt es aktuell noch nicht. Je nach Entwicklung der Corona-Lage könnte dies im Sommer folgen.

„Ich habe jetzt 35 Jahre die Bäckerei geleitet“, bilanziert Frank Nieland zur Geschäftsübergabe. Nun ist Zeit für Neuerung, Modernisierung, einen Nachfolger. Dass der nicht mehr aus der eigenen Familie kommen, sondern Alexander Sturm heißen würde, hat sich in den vergangenen Jahren bereits abgezeichnet. „Er stand mit 14 Jahren das erste Mal in der Firma – da ist etwas gewachsen“, beschreibt Nieland die Beziehung zu seinem langjährigen Mitarbeiter, der im Laufe der Zeit immer mehr Aufgaben mitübernommen hat. „Wir tauschen die Rollen. Alex war meine rechte Hand, jetzt bin ich seine.“

„Verjüngung“ ist das Stichwort, unter dem man dessen bisherige, vor allem aber die zukünftigen Aufgaben zusammenfassen kann. So geht etwa der Online-Shop schon auf Sturms Konto, auch die Betreuung der Social-Media-Präsenzen liegt in seiner Verantwortung und ebenso werden seine frischen Ideen bereits in der Backstube produziert. Das aktuell erhältliche Kartoffelbrot beispielsweise oder auch das Dinkel-Eiweiß-Brot, das Sturm in Zusammenarbeit mit dem Bodybuilding-Weltmeister Peter Baers entwickelt hat. Mit seinem hohen Protein- und Ballaststoffanteil eignet es sich für fitnessbewusste Kunden, die sonst vielleicht eher einen Bogen um die klassischen Backwaren machen.

Tanja Skrypczak präsentiert das Dinkel-Eiweißbrot. Alexander Sturm hat es zusammen mit dem Weltmeister im Bodybuilden Peter Baers entwickelt.
Tanja Skrypczak präsentiert das Dinkel-Eiweißbrot. Alexander Sturm hat es zusammen mit dem Weltmeister im Bodybuilden Peter Baers entwickelt. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Jede Generation hat etwas Neues eingebracht

Die Strategie der stetigen Verjüngung und Erneuerung ist, wenn man so will, das Erfolgsrezept der Bäckerei Nieland. Gegründet wurde die Bäckerei von Frank Nielands Ur-Großvater und danach immer an den Sohn weitergegeben. Jede Generation hat dabei etwas Neues in das Unternehmen eingebracht.

So führte Frank Nieland die Bäckerei in die 2000er-Jahre, reagierte auf die damalige „Körnerwelle“ mit Vital- oder Grünkernbrot, entwickelte über die Jahre aber auch 27 verschiedene Stollensorten. Gleichzeitig blieb man den Klassikern treu: Kasseler und Krustenbrot hatte Ur-Opa Nieland schon im Sortiment – und auch unter neuer Führung wird es nach den alten Rezepten weitergebacken.

„Jetzt muss der Alex die Bäckerei für die 2030er fit machen“, hält der 61-Jährige fest – und ist „guten Mutes“, dass ihm das auch gelingen wird. „Er hat genau das gleiche Händchen wie ich“, schwärmt Nieland. „Er hat kein Blut, sondern Mehl in den Adern.“

Arbeitsabläufe in der Backstube sollen optimiert werden

Als eine weitere Aufgabe haben sowohl Sturm als auch sein „Adoptiv-Senior“, wie er ihn liebevoll nennt, die Optimierung der Arbeitsabläufe in der Backstube ausgemacht. Schon jetzt ist es bei Nieland so, dass die Bäcker erst um 3 Uhr morgens, statt wie früher um 1 Uhr mit der Arbeit beginnen. Zukünftig soll es, so auch der deutschlandweite Trend, für die meisten erst um 6 Uhr losgehen, was den Beruf attraktiver machen würde.

Die Schlüssel dazu sollen Modernisierung, Lagerfläche und Zeit sein. Die Backwaren können dann also jeweils einen Tag früher vorproduziert und dann länger in kühler Umgebung gelagert werden. Und das würde nicht nur den Arbeitszeiten, sondern auch den Produkten gut tun, wie Frank Nieland erläutert: „Zeit ist Geschmack. Und Zeit kann nur eine Handwerksbäckerei haben, denn Zeit ist Geld.“

Das Traditionsunternehmen positioniert sich somit in die entgegengesetzte Richtung der großen Back-Industrie. Zufriedene und auch neue Kunden bestätigen Sturm und Nieland auf diesem Weg und das entgegen dem vielzitierten Bäckereien-Sterben. „Mittlerweile sieht man – Gott sei Dank – eine Trendwende“, erklärt Alexander Sturm. Immer häufiger seien Kunden nun bereit, etwas mehr zu bezahlen. Für sie soll sich unter neuer Führung indes nicht viel ändern. „Am schönsten ist, wenn die Kunden sagen: Das schmeckt wie bei Nieland, aber jetzt gibt’s noch mehr Interessantes“, hält Frank Nieland fest.

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