Sprockhövel. Um Futter für die Pferde zu bezahlen hat der Carlinenhof in Sprockhövel im Lockdown Gutscheine verkauft – und bekommt deshalb keine Coronahilfen.

„Hier spielte sonst das Leben: lauter Hofalltag, gemeinsames essen, Pferde striegeln und reiten – jetzt ist es still, das ist so bitter“, sagt die Reitpädagogin Nicole Menger-Goltz, 2. Vorsitzende des Vereins Carlinenhof. Vor der Pandemie hätten hier wöchentlich etwa 80 Kinder und Jugendliche integrativ das Hofleben genossen und Fortschritte in ihrer Entwicklung gemacht, erzählt die 48-Jährige. „Viele unserer Klienten haben eine Behinderung oder ein Trauma erlitten – sie finden hier ihre Stärken, um sich in Gesellschaft, Schule und Arbeit zu integrieren.“

Bald muss der Förderverein Hof-Pferde verkaufen

Doch schon seit bald vier Monaten steht das Leben auf dem kleinen reitpädagogischen Betrieb still. „Eine Öffnung ist nicht in Sicht, doch die Kosten laufen weiter“, so Menger-Goltz, „alleine in den vergangenen Monaten haben wir einen Verlust von 12.000 Euro gemacht.“ Natürlich hätte sie auch bereits privat Geld in den Hof gesteckt, „anders wäre es gar nicht weiter gegangen“, erklärt sie, „bei monatlichen Kosten von 2500 Euro – exklusive Tierarzt.“ Menger-Goltz hat Angst: „Wenn wir nicht bald wieder öffnen dürfen, müssen wir Maßnahmen ergreifen – Pferde abgeben oder Schlimmeres.

Gutscheine aus der Not heraus verkauft – Coronahilfen verwirkt

November- und Dezemberhilfen hätte der Carlinenhof trotz Antrag nicht erhalten, denn Ende vergangenen Jahres hätten sie aus der Not heraus Gutscheine im Gesamtwert von etwa 2000 Euro verkauft, um Futter zu erwerben, bedauert Menger-Goltz. „Wir konnten ja nicht wissen, dass wir uns damit ins eigene Fleisch schneiden.“ Durch diese Einnahmen sei nämlich der Carlinenhof knapp unter der Berechtigungsgrenze für Corona-Hilfen gestrandet.

Das Problem: „Als gemeinnütziger Verein haben wir keine Rücklagen, zudem haben wir ein Saisongeschäft und verdienen im Sommer besser.“ Die Einkünfte seien aber mit den Einnahmen aus November und Dezember 2019 verglichen worden, erklärt sie. „Da haben wir aber kaum etwas eingenommen und die Gutscheine haben wir vergangenes Jahr erstmals verkauft - so fielen wir aus dem Fördertopf.“

„Komplett-Verbot gleicht Schlag ins Gesicht!“

Ganz besonders bitter sei für sie auch die immer wieder aufkeimende Hoffnung und deren Zerschlagung. „Ende Oktober 2020 hieß es, dass Einzelunterricht erlaubt wird“, erinnert Menger-Goltz sich, „doch drei Tage später wurde das zurückgenommen und ich musste alle vereinbarten Termine absagen.“ Dabei hätten zu diesem Zeitpunkt noch die Fahrschulen betrieben werden dürfen. „Da sitzt man eng im Auto, aber ich durfte im Freien keinen Einzelunterricht anbieten.“

Dabei sei extra dafür ein umfangreiches Hygienekonzept erarbeitet worden. „Wenn endlich zumindest Einzelunterricht erlaubt würde, könnte der Hof überleben“, meint sie, „und es wäre auch eine Anerkennung unserer Arbeit, denn das Komplett-Verbot gleicht einem Schlag ins Gesicht!“

Die Kinder benötigen die reitpädagogischen Einheiten

Denn die Reitvereine leisten wichtige Arbeit, betont sie. Sie warte täglich auf Neuigkeiten, dass sie bald wieder öffnen darf. „Für alle Kinder, aber insbesondere für die, die uns für ihre Entwicklung, ihre geistige und körperliche Gesundheit dringend benötigten.“

So wie beispielsweise die achtjährige Autistin Lisa, die früher mit niemandem gesprochen habe, erläutert sie. „Nach etwa vier Monaten bei uns fing sie an zu sprechen, integrierte sich in die Gruppe, hatte Spaß.“ Ohne Zugang zu ihrem pädagogischen Angebot habe sie große Angst, dass ihre Schützlinge Rückschritte in ihrer Entwicklung machten.

Die einzige Hoffnung: Spenden und Wiedereröffnung

„Auch deshalb ist eine weitere Schließung nicht zu verantworten – wir sind kein reiner Freizeit-Spaß-Betrieb!“ Die Eltern der Kinder und Jugendlichen, die sie als Reitpädagogin auf dem Hof betreut, hätten zwar bereits 800 Euro an Spenden gesammelt – aber es ist zu wenig: „Ich bin nun trotzdem an einem Punkt, an dem ich nicht mehr viel Hoffnung habe, wir brauchen dringend mehr finanzielle Unterstützung, damit der Hof überleben kann!“

Carlinenhof braucht dringend Spenden

Der Carlinenhof ist ein integrativer reitpädagogischer Betrieb in Hiddinghausen, der seit 2006 besteht, seit 2018 ist er als gemeinnütziger und mildtätiger Verein anerkannt.Auf dem Hof stehen derzeit zwölf Islandpferde für pädagogische, integrative Reitstunden, Projektwochen und Schulersatzmaßnahmen in Kooperation mit (Förder-)Schulen, Kitas und Jugendämtern bereit.Aktuell hat der Förderverein 250 Mitglieder, von denen jedoch nur etwa 50 Mitglieder einen Betrag von 50 Euro jährlich zahlen – bei monatlichen Kosten von 2500 Euro.Finanzielle Spenden werden dringend gebraucht, um keine Pferde abgeben zu müssen und die pädagogisch-integrative Arbeit in Zukunft wieder aufnehmen zu können. Weitere Informationen und das Spendenkonto sind auf der Internetseite des Hofes: www.pirandello.de zu finden.