Hattingen. Die Verkehrsprobleme in der Südstadt von Hattingen sind enorm. Verkehrsplaner wollen Radfahren attraktiver machen. Bürger fordern Einbahnstraßen.
Fast drei Jahre nach dem Aufschrei eines Quartiers und zwei Jahre nach der Gründung der „Bürgerinitiative für die Verbesserung der Verkehrssituation in der Südstadt“ gibt es jetzt eine Bestandsaufnahme der Lage in dem am dichtesten besiedelten Wohnquartier der Stadt. 6600 Hattingerinnen und Hattinger wohnen hier dicht gedrängt. Und schimpfen über unzumutbare Zustände beim Lkw-Durchgangsverkehr und beim Parkraum. Jetzt soll es unter anderem ein Sammelparkplatz richten.
Martin Busse vom Verkehrsplanungsbüro RK hat die Lage in der Südstadt im Auftrag der Stadt dokumentiert und die Studie jetzt im Gemeindehaus an der Uhlandstraße vorgestellt. Vorschläge zur Entlastung inklusive. Einer davon ist die Einrichtung eines Sammelparkplatzes am Sportplatz Wildhagen.
Bürgerinitiative in Hattingen vermisst schlüssiges Konzept
Die Idee: Anwohner der Südstadt lassen ihre Autos dort stehen und erreichen ihre Häuser zu Fuß oder mit dem Rad. „Das geht natürlich nur, wenn die Fußwege attraktiv sind und Radfahrer ihre Räder am Parkplatz sicher abstellen können, am besten in einer Radstation“, sagt Busse.
Ob die Gründer der Bürgerinitiative so etwas im Auge hatten, als sie im September 2020 ein Verkehrskonzept einforderten, „das Fußgänger und Radfahrer sowie die Südstadt als Wohnraum schützt“?
Fast 7000 Einwohner pro Quadratkilometer
6600 Menschen wohnen in der Südstadt. Mit fast 7000 Einwohnern pro Quadratkilometer ist der nordwestliche Teil des Quartiers dichter besiedelt als viele Wohnviertel in Großstädten. Vier Schulen, eine Kita und ein Krankenhaus sorgen für zusätzliche Verkehrsflüsse auf engstem Raum. Auch Lebensmittelgeschäft, Getränkemarkt und Post werden gerne mit dem Auto angefahren.Weg vom Auto, hin zum Laufen und Radeln, aber auch zur Nutzung der Busse – das ist das Ziel. Wobei Verkehrsplaner und Anwohner in Sachen Öffentlicher Personennahverkehr verschiedener Meinung sind. Während das Büro RK die Buslinien durch die Südstadt in Kombination mit dem nahen Busbahnhof und der S-Bahn für attraktiv hält, kritisieren die Bürger vor allem die Taktung.
Clemens Kammler zeigte sich bei der Bürgerveranstaltung skeptisch. Er vermisst ein schlüssiges Konzept, dessen Umsetzung am Ende auch kontrolliert wird.
Apropos Kontrollen: Hier sehen die Südstädter nach wie vor Nachholbedarf. Immer noch schlängelten sich Lastwagen als Durchfahrtsverkehr durch die engen Straßen. Kontrolliert werde durch die Polizei so gut wie nie. Und: Viel zu klein seien die Verbotsschilder, die an allen Einfahrtsstraßen ins Wohnquartier nur Anliegerverkehr erlauben.
Die Anwohnerinnen und Anwohner fordern große Lösungen
„Die Größe der Schilder ist leider gesetzlich geregelt und kann von uns nicht beeinflusst werden“, erklärte Baudezernent Jens Hendrix. Seiner Wahrnehmung nach hat eine Initiative der Stadt aber schon Wirkung gezeigt. Die Hersteller von Navigationsgeräten wüssten jetzt, dass die Nierenhofer Straße auch unter dem Viadukt für Lastwagen befahrbar sei. Die Fahrer würden nicht mehr in die Südstadt gelotst.
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Was bei der Bürgerveranstaltung auffällt: Die Verkehrsplaner setzen auf viele kleine Maßnahmen, weil sie die grundsätzliche Verkehrssituation im Quartier für unveränderbar halten. Die Anwohnerinnen und Anwohner fordern große Lösungen.
Martin Busse will Anreize schaffen, vom Auto, mit dem immer noch 65 Prozent aller Verkehre in der Südstadt bewältigt werden, aufs Laufen oder Radeln umzusteigen. Die Lessingstraße soll in Höhe des Kindergartens abgepollert, also autofrei, werden, die Grünstraße vor der Realschule farbig markiert. Carsharing soll ausgebaut, ein Verleihsystem für Lastenräder eingeführt werden.
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Umbaumaßnahmen sollen die Einfahrt in die Südstadt als Verlängerung der Isenbergstraße unattraktiv, den Radverkehr Richtung Innenstadt über die Martin-Luther-Straße hinweg dagegen attraktiver und sicherer machen.
Den Bürgerinnen und Bürgern geht das nicht weit genug. Sie fordern neben verstärkten Verkehrskontrollen durch Polizei und Ordnungsdienste auch eine Parkraumbewirtschaftung, zumindest aber eine Ausweitung des Anwohnerparkens. Auch Einbahnstraßen sind ein Thema. Verkehrsplaner Busse warnt. Busse müssten dann gegen die Fahrtrichtung fahren, was zu weiteren Verengungen führe.