Hattingen. Anspruchsvolle Aktionen auf der Hütte, Biergartenstimmung am Feuerwehrmuseum und dazu Ton Steine Scherben. So war die Extraschicht in Hattingen.
Extraschicht 2022 in Hattingen – eine Nacht der Industriekultur ganz anders, als man sie bisher erlebt hat. Nichts für Besucher, die es laut, lustig und spektakulär wollen. Eher eine Nacht für Intellektuelle mit feinem Gehör. Für Menschen, die Lust haben, sich mit der Geschichte hinter Kunst und Industrie zu beschäftigen.
So geht es auf dem Hüttengelände – anders als zur aktiven Zeit des Werks – eher ruhig zu. Der zweite Spielort, das Feuerwehrmuseum, ist fußläufig erreichbar und bietet dagegen Biergartenatmosphäre, 1300 Besucher lassen es sich dort gutgehen.
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Immer wieder werden Führungen auf der Hütte angeboten, um die Geschichte zu verstehen. Wie kam Erz dort an und wie wurde es verarbeitet? Mit der digitalen Kunstinstallation von Tim Berresheim in der Gebläsehalle müssen sich die Besucher auseinandersetzen, sonst bleibt das Verständnis auf der Strecke.
Ausgesprochen interessant, wie sich Berresheim mit der Geschichte der Hütte auseinandergesetzt hat. Wie er Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft miteinander verbindet. Auf dem Boden der Gebläsehalle gibt es überdimensionale QR-Codes, die man mit dem Handy abscannen kann. Dann ein Klick aufs Handy und es erscheint ein tanzender Dämon. Der Besucher befindet sich auf der „Augmented-Reality-Ebene“, der erweiterten Realitäts-Ebene.
Anspruchsvolle Aktionen
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Wer sich die Mühe macht, tief in die Geschichte der Hütten-Industrie einzutauchen, die Ideologie dahinter zu verstehen – kann eine gut gemachte, erklärende Zeitung in die Hand nehmen und in die Vergangenheit eintauchen, ohne die Zukunft aus dem Auge zu verlieren. Eine spannende, aber sehr anspruchsvolle Präsentation. Nichts für den schnellen Konsum oder das Bedürfnis, mit einer Show unterhalten zu werden.
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Im Inneren des Geländes gibt es Lounge-Atmosphäre mit Lagerfeuer bei angenehm warmen Außentemperaturen, Lampen in Halbmondform und Laternchen mit warmem Licht erzeugen lauschige Stimmung. Gäste hören den leisen Klängen der Chinesin Quin Tang zu, die auf dem Instrument Guzheng spielt, eine alte Wölbbrettzither.
Für die wenigen Kinder, die in der Nacht der Industriekultur mit dabei sind, gibt es schon am Eintritt eine Überraschung. Die Burg Altena macht Werbung für einen Besuch und hat gleich Kettenhemden, Helme und Schwerter mitgebracht.
Zur Freude der Besucher treten zu später Stunde Kay und Funky von Ton Steine Scherben mit Gymmick auf. Die Besucher sind in ihrem Element, singen die Texte mit und wippen zur Musik. Die alten Zeiten, sie sind wieder da. Museumsleiter Robert Laube ist angenehm überrascht, dass so viele nach zwei Jahren Corona gekommen sind. „Die Situation ist immer noch schwierig, weil man bei der Planung nie weiß, was man am Veranstaltungstermin darf und was nicht“, sagt er.
Swing und Fegefeuer
Ganz anders geht es zu im benachbarten Feuerwehrmuseum, das zum ersten Mal bei der Nacht der Industriekultur mitmacht. Da spielen zur Freude der Menge zwei Bands. Eine davon sind die Los Regaloz, die die Menschen zum Swingen bringen. An langen Tischen sitzen die Leute und haben Spaß bei Musik und einem kühlen Bier in der warmen Nacht.
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Die späte Fegefeuer-Show will niemand verpassen, die Halle ist voll und die Besucher glücklich. Indra Kamarauskaite (31), Simone Kygaite (28) und Lina Buchbinder (33) sind zum ersten, aber nicht zum letzten Mal bei der Extraschicht. Sie finden es klasse – so wie viele andere Besucher.