Hattingen. Das Henning-Neidhardt-Trio spielt beim Klavierfestival im Rahmen der Extraschicht in Hattingen in der Gebläsehalle. Das zeichnet die Konzerte aus

Bei der langen Nacht der Industriekultur in der Henrichshütte war in diesem Jahr nach der langen Corona-Pause auch das Klavierfestival Ruhr wieder mit seiner Jazzline in der Gebläsehalle zu Gast. In drei verschiedenen Sets stellte das Henning-Neidhardt-Trio mit Pianist Henning Neidhardt, Duy Luong am Bass und Schlagzeuger Karl-Friedrich Degenhardt viele eigene Kompositionen von Henning Neidhardt vor.

>>> Folgen Sie unserer Redaktion auf Facebook – hier finden Sie uns

Das Markenzeichen des Trios ist seine Experimentierfreude und seine Spontanität. Immer wieder verbinden die drei jungen Musiker, die sich bei ihrem Jazz-Studium an der Folkwang Universität der Künste in Essen kennengelernt haben und seit 2019 zusammen spielen, Modern Jazz mit experimentellen Klängen. Dazu wechselt vor allem Henning Neidhardt immer wieder zwischen Flügel und Synthesizer, bruchlos gehen akustische und elektronische Klänge in seinen Stücken ineinander über, auch bei den freien Improvisationen.

Offenes Konzept

Ganz zwanglos entspinnen sich dabei spannende Dialoge mit wechselseitigen Impulsen zwischen Henning Neidhardt und Schlagzeuger Karl-Friedrich Degenhardt, vor allem in Neidhardts Stücken „Muffin Boy“ und „Epilogue“, die nahtlos ineinander übergehen.

>>> Mehr Nachrichten aus Hattingen und Sprockhövel

Auch das ist typisch für das Trio. „Wir sind offen, das ist das Konzept. Wir kreieren sehr oft Übergänge mit Synthesizerklängen“, stellt Henning Neidhardt dieses Prinzip vor. „Ihr könnt dabei die Augen schließen, versinken, die Gedanken treiben lassen.“

Magische Sogwirkung

Zart-verhalten groovt der Bass, dann ziehen temperamentvoll-quirlige Drums die Aufmerksamkeit auf sich, bevor sich Synthesizergeräusche als anschwellende und verebbende Liegetöne durch das Klangbild ziehen. Henning Neidhardt hämmert am Flügel kurze Töne wie helle Akzente in dieses Panorama hinein. In experimentelle Klangzitate mit Sprachfragmenten klinkt sich das Schlagzeug fast unmerklich ein, Karl-Friedrich Degenhardt setzt hier seine Improvisationen immer zwischen die Wellenbewegung der Synthesizerklänge.

+++ Sie wollen keine Nachrichten aus Hattingen verpassen? Dann können Sie hier unseren Newsletter abonnieren. Jeden Abend schicken wir Ihnen die Nachrichten aus der Stadt per Mail zu. +++

Neu einsetzende Klaviertöne interagieren mit diesen rhythmischen Figuren, spinnen sich aus einem minimalistischen Kernmotiv weiter zu einem expressiv gestalteten Thema, das eine nahezu magische Sogwirkung entfaltet, der Schlagzeuger Karl-Friedrich Degenhardt und Duy Luong am Bass rhythmische Momente entgegensetzen. Neidhardt reagiert darauf durch eine immer größere Intensität seines temporeichen Spiels, das dann in sich zusammen zu sinken scheint und leise verebbt. Einzelne Rhythmen des Schlagzeugs übernehmen die Führung, die Klavierstimme findet noch zu einigen letzten Akkorden zurück, bevor sie sehr subtil erstirbt.