Gladbeck. Nach massiven jahrelangen Protesten sollen Straßenbaubeiträge in NRW fallen. Welche Folgen hätte das für Gladbecker und die Stadt?
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Wer in Gladbeck eine Immobilie besitzt, dürfte sich – mit aller Vorsicht gesagt – vielleicht zukünftig entspannen. Denn die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen hat angekündigt, die Straßenbaubeiträge abzuschaffen, gegen die sich die Bürgerschaft seit Jahren sperrt. Sollten diese Zahlungen tatsächlich wegfallen: Was bedeutet diese Änderung für Betroffene und die Stadt?
Noch, darauf sei ausdrücklich hingewiesen, ist die Streichung der Straßenbauabgabe keineswegs unter Dach und Fach. Ob es dem Landtagswahlkampf geschuldet ist, den Wegfall der Gebühren in Aussicht zu stellen, wird sich zeigen. Doch diejenigen, die sich gegen den Griff ins Portemonnaie wehr(t)en, sehen ein Licht am Ende des Tunnels.
Die Stadt Gladbeck erhebt Straßenbaubeiträge von etwa 300.000 Euro im Jahr
„Die Stadt Gladbeck erhebt etwa 300.000 Euro Straßenbaubeiträge pro Jahr. Dabei handelt es sich um einen Durchschnittswert, da die Kosten pro Straßenbaumaßnahme und Jahr sehr stark voneinander abweichen können“, erklärt Verwaltungssprecher David Hennig. Die Höhe der individuellen Forderung bemisst sich aus den Faktoren des beitragsfähigen Ausbauaufwands der einzelnen Baumaßnahme, Größe und bauliche Nutzung der betreffenden Anliegergrundstücke sowie Straßentyp – also die Kategorisierung in beispielsweise Haupt- und Anliegerstraße.
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Zahlungsunwilligen blieb bislang der Gang vor Gericht. David Hennig berichtet: „Aktuell sind vier Klagen bei zwei Abrechnungsmaßnahmen rechtshängig. Die Ergebnisse sind abzuwarten.“
Konsequenzen für Bauprojekte werde es, so der Verwaltungssprecher, durch eine mögliche Reform nicht geben. Denn: „Straßenbaubeiträge spielen bei der Planung von Bauprojekten in Gladbeck keine entscheidungserhebliche Rolle.“ Hennig beschreibt die derzeitige Situation: „Mit Inkrafttreten der Förderrichtlinie des Landes NRW im Jahr 2020 werden bei Straßenbaumaßnahmen, die ab 2018 von der Stadt geplant und durchgeführt werden, 50 Prozent der Anliegerbeiträge vom Land übernommen. Für Maßnahmen hingegen, die vor 2018 geplant beziehungsweise durchgeführt wurden, gilt diese Förderrichtlinie nicht.“
In diese Kategorie fallen in Gladbeck zum Beispiel größere Projekte, die bereits seit Jahren geplant und schrittweise umgesetzt werden. Beispielhaft nennt Hennig den fünften Bauabschnitt der Horster Straße: „Hier müssen also auch in Zukunft noch Anliegerbeiträge in voller Höhe gezahlt werden. Diese Altfälle werden nach und nach abgearbeitet.“
Volksinitiative gegen Zahlung
Der Bund der Steuerzahler NRW hatte im Jahr 2018 eine Volksinitiative „Straßenbaubeitrag abschaffen!“ gestartet. Fast 500.000 Menschen hatten unterschrieben.SPD, Grüne und AfD hatten sich auf die Protestseite gestellt und gefordert, die Abgabe zu canceln. Die Regierungskoalition aus CDU und FDP hingegen konnte sich zunächst lediglich dazu durchringen, die Beträge zu deckeln und weitreichendere Ratenregelungen zuzulassen.Zum Vergleich: In Baden-Württemberg wurden noch nie Straßenbauzahlungen von der Bürgerschaft verlangt. In Bayern, Hamburg und Berlin gehören die Beiträge schon seit Jahren der Vergangenheit an.
Die Stadtverwaltung hoffe, „dass im Laufe dieses Jahres Klarheit durch die neue Landesregierung geschaffen wird. Konkrete Regelungen stehen aus.“ Es zeichne sich jedoch ab, „dass das Land zukünftig die Straßenbaubeiträge zu 100 Prozent übernehmen will, allerdings nur bei denjenigen Maßnahmen, die schon jetzt von der 50-Prozent-Förderung erfasst sind.“ Darunter fallen Projekte, die ab 2018 geplant und gebaut werden. „Von den Anliegern bereits erhobene Beiträge sind dann zurückzuerstatten, wenn hier zugunsten einer Richtlinie mit einer entsprechenden Rückwirkung entschieden wird.“ Bezahlte Beiträge könnten dann zurückerstattet werden. Für Altfälle (vor 2018) ändere sich nichts.
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„Eine entsprechende Entlastung für Bürgerinnen und Bürger ist zu begrüßen, jedoch stellt sich für die Kommunen die Frage, wie dann der finanzielle Beitragsausfall kompensiert werden soll“, so der Stadtsprecher. Dies sei noch nicht geklärt. Hennig: „Die aktuelle Förderrichtlinie gibt den Kommunen bis jetzt keinen Anspruch auf Zuschüsse. Zudem ist fraglich, ob der vom Land vorgesehene Fördertopf in Höhe von 65 Millionen Euro bei einer möglichen vollen Förderung von Maßnahmen überhaupt ausreichend ist.“ Sollte die Fördersumme nicht ausreichen, würden die Kosten zusätzlich den städtischen Haushalt belasten.