Gelsenkirchen. Beim Auftritt in Gelsenkirchen beweist der Autor und Kabarettist, dass auch seine Lesungen eine höchst unterhaltsame Angelegenheit sind.

Er ist bekennender Dortmunder und BVB-Fan: Und dennoch genoss Fritz Eckenga seinen Auftritt in Gelsenkirchen am Mittwochabend sichtlich. Hier ist unsere Besprechung dieses gelungenen Abends.

Seinen Bewegungsdrang bei Live-Auftritten lebt Fritz Eckenga normalerweise auf der Bühne vehement aus. Am Mittwochabend in der eng bestuhlten und prall gefüllten Buchhandlung Kottmann am Heinrich-König-Platz war der beliebte Autor und Kabarettist aber für über zwei Stunden an seinen Stuhl „gefesselt“. Auch in dieser starren Position entfalteten seine Worte die gewünschte Wirkung und Kraft. Diese Lesung diente als Beleg dafür, dass Eckenga nach wie vor zu den großen Kennern, Könnern und Liebhabern der deutschen Sprache in diesem Lande zählt.

Mit gewohnt sonorer Stimme trägt Fritz Eckenga seine ausgewählten Texte vor

Vor dem Auftritt kommt der Ton-Check: Eckenga tritt zehn Minuten vor der angekündigten Zeit an den Tisch, den ihm Buchhändlerin Christina Njehu bereitgestellt hat, spricht zur Probe ein paar Sätze ins Mikro. Und der Gelsenkirchener Musiker Norbert Labatzki, der sich an diesem Abend als Aushilfs-Tontechniker verdient macht, sorgt für die passende Lautstärke. Das ist aber gar nicht so leicht in diesem leicht verwinkelten Raum, der mit knapp 90 Gästen restlos gefüllt ist. Los geht‘s aber noch nicht. „Du kannst noch in Ruhe eine rauchen“, scherzt Labatzki in Richtung Eckenga.

Knapp 90 Gäste lauschten in der prall gefüllten Buchhandlung Kottman in der Gelsenkirchener Altstadt den Worten von Fritz Eckenga.
Knapp 90 Gäste lauschten in der prall gefüllten Buchhandlung Kottman in der Gelsenkirchener Altstadt den Worten von Fritz Eckenga. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Pünktlich um 19.30 Uhr greift der in heller Jeans und grauem Sweatshirt gekleidete Gast dann zu seiner Kladde und beginnt mit der gewohnt sonoren Stimme seinen Vortrag. Es fällt sofort auf, dass Eckenga die ausgewählten Texte nicht frei vorträgt, sondern vorliest. Die dafür notwendige Brille sitzt deshalb permanent auf seiner Nasenspitze. Doch es zeigt sich schnell, dass auch diese Art der Textpräsentation bestens funktioniert. Denn Eckenga weiß, wie Pausen im Satz zu setzen sind, damit Pointen zünden. Er weiß, wann sich das Verstellen der Stimme lohnt. Und wann nicht. So schmiegt sich der vertraute Klang seines unüberhörbaren Ruhrpott-Idioms an diesem eiskalten Februar-Abend wie ein wärmender Wintermantel um die Schultern der lauschenden Zuhörerschaft.

In der 24-Stunden-Tankstelle auf der Suche nach einem Letzter-Drücker-Geschenk

Zu Beginn lässt der bekennende Dortmunder und BVB-Fan im königsblau-weißen „Feindesland“ das Thema Fußball noch links liegen, beschäftigt sich dafür lieber mit dem Valentinstag, der gerade vom männlichen Teil mancher Partnerschaften so gern vergessen wird. Genau deshalb sehe man an jedem 14. Februar so viele Herren der Schöpfung hektisch in Richtung 24-Stunden-Tankstelle eilen, um noch ein Letzter-Drücker-Geschenk aufzutreiben. Manch verlegener Blick im Publikum zeigt, dass Eckenga mit dieser Beobachtung ein durchaus realistisches Szenario gezeichnet hat.

Doch auch die lyrische Seite des Autoren kommt zum Vorschein. Denn Eckenga reimt in einigen seiner Texte, was Jambus und Trochäus so hergeben. Die Besucherinnen und Besucher danken es mit schallendem Gelächter und herzlichem Applaus.

Verbale Breitseiten für Alice Weidel und Friedrich Merz

Als politischer Mensch, der er ist, trägt Eckenga dann vor, warum er am Sonntag auf jeden Fall wählen geht - trotz allem, was Politiker jeglicher Couleur angestellt hätten, um ihm dieses oberste Bürgerrecht madig zu machen. An dieser Stelle versäumt es der überzeugte Demokrat auch nicht, dafür zu sorgen, dass Alice Weidel und „ihr AfD-Fanboy Elon Murks“ reichlich Fett wegbekommen.

Auch der mögliche nächste Bundeskanzler bleibt nicht unverschont: Doch Eckenga versetzt nicht tumb verbale Hiebe, bekämpft den aus Brilon stammenden Friedrich Merz als Erfinder der „Deutschen Leitkultur“ viel lieber mit dem literarischen Florett. Dabei erhält nicht nur Merz einige elegante Piekser, sondern auch der Sauerländer als solcher.

Wenn „der Blinde“ im Kreisliga-Sturm doch mal trifft

Dann kommt aber doch noch der Fußball auf den Tisch. Erst mit der nüchternen Feststellung, dass es weder S04 noch Borussia sportlich derzeit allzu gut gehe. Und Eckenga findet mit einem Augenzwinkern sogar etwas Verbindendes zwischen den ewigen Rivalen: „Wir stehen derzeit beide auf dem elften Platz.“

Richtig witzig sind auch seine Schilderungen eines Dialogs, den er am Rande eines Kreisliga-B-Kicks aufgeschnappt hat. Also genau dort, wo die Bratwurst selten richtig durch ist und der vermeintliche Torjäger im Sturm den Spitznamen „der Blinde“ trägt - aber trotzdem ab und an trifft.

Fritz Eckenga erzählt vom Dressurpferd namens „Fritz Eckenga“

Am Ende verrät der Sport-Fan noch, dass es in Velbert eine Dressurreiterin gebe, die ihr Pferd auf den Namen „Fritz Eckenga“ getauft habe. Sollte Rekord-Olympionikin Isabell Werth auf diesem irgendwann einmal zu Gold reiten, sei das laut Eckenga genau der richtige Zeitpunkt, um sofort die Karriere zu beenden. Nach diesem amüsanten Abend lässt sich im Namen aller nur feststellen: Hoffentlich tritt dieser Fall nicht so schnell ein...