Gelsenkirchen-Horst. Kurz vor seinem Ruhestand ist der Pfarrer von St. Hippolytus 74-jährig verstorben. Was von dem „Sauerländer Gelsenkirchener“ bleibt. Ein Nachruf.
Er war das Gesicht von St. Hippolytus: Seit 30 Jahren in Horst als Pfarrer tätig, manövrierte Wolfgang Pingel die Großpfarrei mit Standorten in Horst, Beckhausen mit Sutum und Essen-Karnap durch stürmische Zeiten. Er bewältigte mit seinem Team diverse Umstrukturierungen, brachte den Seligsprechungsprozess einer Frau aus Horst mit auf den Weg und blieb dabei doch immer auch nahbarer, warmherziger Seelsorger. Nun ist er am Montag, 17. Februar, im Alter von 74 Jahren nach längerer Krankheit verstorben - nur wenige Monate vor seinem Wechsel in den Ruhestand.
Völlig überraschend kam die Nachricht vom Tod Pingels nicht. Er konnte sein Amt seit Monaten aus Krankheitsgründen nicht mehr ausüben. Pastor Bernd Steinrötter hatte als Stellvertreter seine Aufgaben mit übernommen. Trotzdem herrschen Trauer und Bestürzung bei den Gläubigen in St. Hippolytus: Der fröhliche und gesellige Pfarrer mit Sauerländer Charme war ausgesprochen beliebt.
Als „Spätberufener“ wagte Wolfgang Pingel den Aufbruch und wurde Priester
1950 in Eiringhausen/Plettenberg geboren, absolvierte Pingel zunächst eine Ausbildung als Kaufmann und arbeitete in einer Fensterfabrik, bevor er sich als „Spätberufener“ für einen Aufbruch der besonderen Art entschied: Er wechselte ans Priesterseminar im Studienhaus St. Lambert in Lantershofen und wurde 1986 von Bischof Franz Hengsbach in Gelsenkirchen geweiht.
In der Propstei St. Urbanus in Buer sammelte er erste seelsorgliche Erfahrungen als Kaplan, bevor ihn Bischof Hubert Luthe 1995 zum Pfarrer der damals noch eigenständigen Gemeinde St. Laurentius in Horst-Süd ernannte. Nach der Umstrukturierung der Gemeinden im Bistum 2010 wurde er Pfarrer in St. Hippolytus und machte sich daran, das Zusammenwachsen von Liebfrauen (Beckhausen), St. Clemens Maria Hofbauer (Sutum), St. Hippolytus, St. Laurentius (beide Horst) und St. Marien in Essen-Karnap zu organisieren.
Gelsenkirchener Pfarrer wollte auch nach Kirchen-Schließungen vor Ort präsent bleiben

Diese Mammutaufgabe im Team zu stemmen, auch und gerade unter Einbindung von Ehrenamtlichen, war ihm ein besonderes Anliegen. So ging er mit weiteren Verantwortlichen auch 2016/17 an die Erarbeitung eines Zukunftskonzepts - ein Pilotprojekt im Bistum Essen zur Pfarrei-Entwicklung angesichts rückläufiger Kirchensteuern, Gläubigen- und Priesterzahlen.
St. Hippolytus fit für die Zukunft zu machen und der Pfarrei trotz der Kirchen-Aufgaben an Liebfrauen, St. Laurentius und St. Marien lebendige Erlebensorte des Glaubens zu erhalten: Das war ihm immer wichtig. Wie die geplanten Wohnprojekte von Investoren in Horst-Süd und (in Vorbereitung) Liebfrauen realisiert werden, erlebt Pingel - 2014 zum Nichtresidierenden Domkapitular am Essener Dom ernannt - nun nicht mehr.
Pfarrer Pingel war stolz, dass für eine Gelsenkirchenerin ein Seligsprechungsverfahren eröffnet wurde
Stolz war er freilich, dass mit Adolfine Tönnies eine Tochter von St. Hippolytus womöglich selig gesprochen wird: 2015 wurde im niederländischen Steyl ein entsprechendes Verfahren eröffnet. Die gebürtige Horsterin war Mitbegründerin der Steyler Schwesterngemeinschaft.
Froh war er auch, noch das neue Pfarrei-Leitungsmodell für die Zeit nach seiner Pensionierung mit auf den Weg gebracht zu haben. Wie berichtet, soll die 12.000-Mitglieder-Pfarrei von einem fünfköpfigen Team geleitet werden, dem gleichberechtigt sowohl Haupt- als auch Ehrenamtliche angehören. Außergewöhnlich dabei: Zum Teamsprecher könnte ein Laie gewählt werden.
Pastor Bernd Steinrötter: „Er hatte das Herz am rechten Fleck“
„Dieses Modell wird als sein Erbe bleiben“, betont Pastor Steinrötter. Dass Pingel als „Sauerländer mit Profil“ immer „mehr Seelsorger als Manager war“, hebt er ebenfalls hervor. „Pfarrer Pingel hatte das Herz am rechten Fleck und wird uns mit seiner zugewandten, offenen Art sehr fehlen. Er war nicht nur ein glänzender Netzwerker als Leiter der Pfarrei, sondern vielen Gläubigen ein treuer Wegbegleiter auch in schweren Stunden. Egal zu welcher Uhrzeit: Er war immer zur Stelle, wenn es etwa darum ging, Sterbenden die Krankensalbung zu spenden.“
Auch Stadtdechant Markus Pottbäcker, Propst in St. Urbanus und St. Augustinus, würdigt Pingel als „liebenswürdigen Menschen und sehr engagierten Geistlichen“, der seine Pfarrei für die Zeit nach seinem Wechsel in den Ruhestand mit der Entwicklung eines besonderen Leitungsmodells „gut auf den Übergang vorbereitet“ habe.
Pfarrer Wolfgang Pingel soll in der letzten Februar-Woche beigesetzt werden. Der genaue Termin stand zu Redaktionsschluss noch nicht fest.
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