Gelsenkirchen. Nach Blockade des Uniper-Kraftwerks in Gelsenkirchen im April 2024 stand eine Teilnehmerin nun vor dem Amtsgericht. Mahnwache vor dem Gebäude.
Rund 100 Mitglieder des Aktionsbündnisses „Ende Gelände“ hatten im vergangenen April die Zufahrt zum Uniper-Kohlekraftwerk in Scholven blockiert. Es folgte ein groß angelegter Polizeieinsatz, der darin endete, dass die auf das Firmengelände eingedrungenen Demonstranten von den Gleisen getragen werden mussten. Obwohl es an besagtem Samstag durchweg friedlich blieb, wurden Strafanzeigen erstattet. Eine der Beschuldigten stand nun am Mittwoch vor dem Amtsgericht Gelsenkirchen. Das Verfahren endete aber überraschend schnell.
Der Tatvorwurf gegen die Klimaaktivistin lautete: Hausfriedensbruch
Der Tatvorwurf gegen die 41-jährige Frau aus Frankfurt lautete: Hausfriedensbruch. Noch mal zur Erinnerung: An einem frühen April-Morgen 2024 waren gegen 6 Uhr die in weißen Arbeitsanzügen und schwarzen Masken gekleideten Klimaaktivisten sowohl auf das Gelände von Uniper als auch bei der Ruhr Oel GmbH in Scholven eingedrungen. Sie blockierten Straßen und Schienen, um den Transport von Kohle zum Kraftwerk zu verhindern. Ein Vorhaben, das zeitweise glückte: Ein Zug, der Kohle geladen hatte, musste aufgrund der Blockade gezwungenermaßen in Gladbeck stoppen und erreichte erst mit einem Tag Verspätung sein Ziel.
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Mit dieser Protestaktion wollte „Ende Gelände“ zum einen seine Forderung nach einem sofortigen Kohleausstieg in Deutschland unterstreichen, zum anderen aber auch auf die Situation in Kolumbien hinweisen, wo die Steinkohle im Tagebau gewonnen wird - auf einer Fläche, die gleich mehrmals so groß ist wie das hierzulande bekannte Riesenareal in Garzweiler. „Die dort arbeitenden Menschen werden ausgebeutet und gleichzeitig wird ihr Lebensraum zerstört. Deshalb ist das für uns Blutkohle“, erklärte Mara Löbner.
Mahnwache als Zeichen der Solidarität mit der Beschuldigten
Die 40-Jährige gehört zu „Ende Gelände“ und war Teil einer Mahnwache, die am Mittwochvormittag vor dem Justizzentrum in Ückendorf Aufstellung genommen hatte. Die Gruppe wollte nicht nur ihre Solidarität zur Beschuldigten zum Ausdruck bringen, sondern auch darauf hinweisen, dass das Thema Klimaschutz nicht aus den Köpfen der verantwortlichen Politikerinnen und Politiker verschwinden darf. Es sei, so Löbner, laut einer aktuellen Umfrage noch immer sehr vielen Menschen sehr wichtig. „Aber im Bundestagswahlkampf wird fast nur noch über Migration diskutiert. Das ist absurd und macht mich wütend“, beklagt sie die thematische Einseitigkeit. Ein weiteres wichtigstes Anliegen der Mahnwache würde lauten: „Die fortschreitende Kriminalisierung von Klimaschutz muss gestoppt werden.“
Formaler Fehler im Strafantrag: Weitere aufwendige Ermittlungen wären nun nötig gewesen
Das Verfahren vor dem Amtsgericht gegen die Beschuldigte aus Frankfurt endete dann bereits nach wenigen Minuten. Nachdem die Anklage von der Staatsanwältin verlesen worden war, wies der Rechtsanwalt der Frau das Gericht auf einen formalen Fehler im Strafantrag hin. Nach einem kurzen Rechtsgespräch, das unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand, verkündete der Richter folgenden Beschluss: Das Verfahren werde in beidseitigem Einverständnis eingestellt. Der große Aufwand von weiteren Ermittlungen, die nach dem Hinweis des Rechtsanwalts nun notwendig wären, sei nicht verhältnismäßig. Die Frau sei nicht vorbestraft und bei Hausfriedensbruch würde es sich um kein schwerwiegendes Delikt handeln, so der Richter. Deshalb erfolge eine Einstellung wegen Geringfügigkeit.
Entsprechend erleichtert reagierte die Klimaaktivistin nachher. Im Gespräch mit der WAZ wiesen sie selbst und einige anwesende Mitstreiter aber darauf hin, dass noch gegen mehrere andere Protest-Teilnehmer verhandelt würde. Einige der Verfahren seien ausgesetzt worden., einige andere stünden noch bevor.