Gelsenkirchen. Sie engagiert sich seit über 30 Jahren: Diese erfahrene Wahlhelferin aus Gelsenkirchen hat schon eine Menge Kuriositäten erlebt.
Und dann kam der Moment, als plötzlich vier Stimmzettel fehlten. „Wichtig ist, dass man dann nicht nervös wird und sich selbst und das Team nicht verrückt macht“, sagt Astrid Michalski. Seit 1994 engagiert sich die städtische Bedienstete nun schon als Wahlhelferin. Doch dieser „Zwischenfall“, der sich bei der Bundestagswahl 2005 ereignet hatte, ist ihr nachhaltig in Erinnerung geblieben. Auch bei der bevorstehenden Stimmabgabe am 23. Februar wird die 52-Jährige, die in Buer-Bülse lebt, wieder fleißig mitzählen - und zwar als Wahlvorsteherin in einem der insgesamt 53 Briefwahlbezirke in Gelsenkirchen.
Seit 1994 nur bei einer einzigen Wahl als Helferin gefehlt
„1993 habe ich meine Ausbildung bei der Stadtverwaltung begonnen. Und im Jahr darauf bei der Bundestagswahl habe ich schon als Wahlhelferin mitgemacht - zu Beginn aber natürlich noch nicht in einer verantwortlichen Position, sondern als Beisitzerin“, erzählt Michalski bei einem Treffen in der Wahlscheinstelle an der Horster Straße in Buer.
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Ihr erster Einsatzort für dieses Ehrenamt war eine Grundschule in Horst. „Ich erinnere mich, dass damals ein paar Demonstranten auf dem Schulhof standen und lautstark ihre Parolen skandierten“, erzählt sie. Ihr Wahlvorsteher habe aber ganz ruhig und nach Vorschrift reagiert, die Menschen auf ihr Fehlverhalten hingewiesen und dann die Polizei gerufen. Kurz darauf sei der Spuk auch schon wieder vorüber gewesen. Denn politische Kundgebungen sind an Wahltagen im Umfeld von Wahllokalen verboten. „Aber das war schon mal ein besonderer Auftakt meiner Laufbahn als Wahlhelferin“, sagt Michalski und lacht.
Ein junger Wähler wollte für seine Mutter mit abstimmen
Doch in den Wahllokalen müsse man sich immer auch auf Begegnungen der ganz besonderen Art einstellen. Etwa der Mittzwanziger, der den verdutzten Helfern im Wahllokal gleich zwei Wahlbenachrichtigungen auf den Tisch legte und forderte: „Ich will zwei Stimmzettel - einen für mich und einen für meine Mutter.“ Nach einer kurzen Aufklärung war dann aber schnell geklärt, dass sein Wunsch nicht den Richtlinien entsprach und daher abgelehnt werden musste.
Bei allen Wahlen seit 1994 hat Astrid Michalski als Helferin mitgemacht. Einzige Ausnahme: die Bundestagswahl 2002. „Da lag ich im Kreißsaal und habe unsere Tochter Leona zur Welt gebracht“, erzählt die Stadtbedienstete, die in leitender Funktion im Referat Öffentlichkeitsarbeit beschäftigt ist und dort alle Großveranstaltungen in der Stadt plant. Ihr Spaß an diesem Ehrenamt übertrug sich später sogar auf die Tochter, engagierte sich diese doch auch schon als Wahlhelferin. „Diesmal kann sie aber nicht dabei. Denn meine Tochter ist Badminton-Nationalspielerin und am Wahlsonntag sportlich unterwegs.“
Ehemann und Tochter haben sich auch schon als Wahlhelfer engagiert
Dafür sitzt am 23. Februar ihr Ehemann Gregor mit im Wahlhelfer-Boot. „Wir sind immer zusammen in einem Team“, sagt Michalski. Dieses besteht aus sieben Wahlhelfern, sie übernimmt nun schon seit langem das Amt der Wahlvorsteherin - und ist damit für die Leitung der zählenden Mannschaft verantwortlich. „Da sieht man oft dieselben Gesichter. Doch es sind bei jedem Mal auch zwei bis drei neue Leute mit dabei“, berichtet Michalski. Sie alle können am Wahlsonntag vor dem Auszählen übrigens noch ein kleines Ständchen anstimmen, denn ihr Mann Gregor feiert am 23. Februar seinen 56. Geburtstag - und hilft trotzdem mit.
Die Motivation für dieses Engagement sei schnell erklärt: „Ich mache das aus Überzeugung. Das ist mein persönlicher Einsatz für unsere Demokratie. Damit diese funktioniert, müssen sich möglichst viele persönlich einbringen. Und Wahlhelferin zu sein, ist eben mein Beitrag.“
Am Ende tauchten die vier fehlenden Stimmzettel doch noch auf
In einem Briefwahlbezirk laufe die Sache etwas anders ab, als in einem Urnenwahlbezirk mit Wahllokal. „Wir treffen uns immer erst um 12.30 Uhr, haben dafür aber leider keinen direkten Bürgerkontakt“, erzählt die routinierte Helferin. Das Zählen selbst dauere im Optimalfall eine bis anderthalb Stunden, wenn es nicht so gut läuft, auch mal die doppelte Zeit, so Michalski.
Das war auch bei der Bundestagswahl 2005 so, als plötzlich besagte vier Stimmzettel fehlten. „Wir sind mehrfach alle Häufchen durchgegangen. Haben gezählt, gezählt und nochmal gezählt. Doch die Ergebnisse passten einfach nicht.“ Und was war des Rätsels Lösung? „Wir haben gesucht und gerechnet. Bis einer der Beisitzer endlich mal von seinem Stuhl aufgestanden ist“, sagt Michalski und muss noch heute schmunzeln. „Er hatte auf den vier Stimmzetteln gesessen.“